Massenpsychologie und Ich-Analyse (1921-001/1931)

Über das Werk

  • Herausgegeben von
  • Diercks, Christine
  • Rohrwasser, Michael
  • Konzept für die Edition und die Datenbank, Richtlinien, Quellenforschung, Signaturen, Referenzsystem
  • Diercks, Christine
  • Quellenforschung, Digitalisierung der Datenquellen, Bildbearbeitung, Faksimile-Ausgabe, Bibliografie
  • Blatow, Arkadi
  • Diplomatische Umschrift, Lektorat
  • Diercks, Christine
  • Huber, Christian
  • Kaufmann, Kira
  • Liepold, Sophie
  • Technische Umsetzung der Datenbank und der digitalen Instrumente
  • Roedelius, Julian
  • Datenexport aus Drupal und TEI Serialisierung
  • Andorfer, Peter
  • Stoxreiter, Daniel

Freud, Sigmund: Massenpsychologie und Ich-Analyse (1921-001/1931). In: Andorfer, Peter; Blatow, Arkadi; Diercks, Christine; Huber, Christian; Kaufmann, Kira; Liepold, Sophie; Roedelius, Julian; Rohrwasser, Michael; Stoxreiter, Daniel (2022): Sigmund Freud Edition: Digitale Historisch-Kritische Gesamtausgabe, Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage, Wien. [3.4.2023], file:/home/runner/work/frd-static/frd-static/data/editions/plain/sfe-1921-001__1931.xml
§ 1

MASSENPSYCHOLOGIE UND lCH—ANALYSE

§ 2

rg! |)

§ 3

I Einleitung

§ 4

Der Gegensatz von Individual- und Sozial— oder Massenpfsychologie, der uns auf den ersten Blick als sehr bedeutsam erscheinen mag, verliert bei eingehender Betrachtung sehr viel von seiner Schärfe. Die lndividualpsychologie ist zwar “uf den einzelnen Menschen eingestellt und verfolgt, auf welchen Wegen derselbe die Befriedigung seiner Triehregungen zu erreichen sucht, allein sie kommt dabei nur selten, unter bestimmten Ausnahmshedingungen, in die Lage, von den Beziehungen diues Einzelnen zu anderen Individuen abzuuhen. im Seelenlehen dr.! Einzelnen kommt ganz regelmäßig der Andere als Vorbild. als Objekt, als Helfer und ll! Gegner in Betracht und die Individualpsychologie ist daher von Anfang an auch gleichzeitig Sozialpsychologie in diuem erweiterten, eher durchaui berechtigten Sinne.

§ 5

Das Verhältnis des Einzelnen zu seinen Eltern und G:schwixtem, zu seinem Liebeiohjekt, zu seinem Lehrer und zu

§ 6

§ 7

Manenp:yehologie und Ich-Analyse '„,

§ 8

leinem Arzt, also alle die Beziehungen, welche bisher vorzugsweire Gegenstand der psychoanalytischen Untersuehung ge« “den sind, können den Anspruch erheben, als soziale Phinornene gewürdigt zu werden, und stellen sich dann in Gegensatz zu gewissen anderen, von um narzißtisch munter- Vorgängen, bei denen die Triebbefriedignng sich den: Einfluß anderer Personen entzieht oder auf sie verzichtet, Der Gegensatz zwischen sozialen und narzißtischen — Bleuler würde vielleicht sagen: autistisehen — seelischen Akten fällt also durchaus innerhalb des Bereichs tler Individualpsychologie und eignet sich nicht dazu, sie “In einer Sozial— oder Massenpsychologie abzutrennen.

§ 9

In den erwähnten Verhältnissen zu Eltern und Geschwi— ltern, zur Geliebten, zum Freund, Lehrer und zum Arzt erfllm der Einzelne immer nur den Einfluß einer einzigen oder einer sehr geringen Anzahl von Personen, von denen eine jede eine großartige Bedeutung für ihn erworben hat. Mm hat sich nun gewöhnt, wenn man von Sozial- oder Mzuenpsychologie spricht, von diesen Beziehungen abzusehen und die gleichzeitige Beeinflussung des Einzelnen durch eine smile Anznhl von Personen, mit denen er durch irgend etwas verbunden ist. während sie ihm sonst in vielen I-[inn'chten fremd sein mögen, als Gegenstand der Unversuchung abzu— Sondern. Die Massenpsychologie behandelt also den einzelnen Menschen als Mitglied eines Stammes, eines Volkes, einer Kante eines Standes, einer Institutinn oder als Bestandteil =in= Mcnschenllaufens, du- sieh zu einer gewissen Zeit für einen bestimmten Zweck zur Masse organisiert. Naeh dißer Zerrei.ßung eines natürlichen Zusammenhange; lag es dann nahe, die Erscheinungen, die sich unter diesen beendeten Bedingungen zeigen, als Äußerungen einer besonderen, weiter nicht zurückführbaren Triebes „zusehen, des sozialen Triebn -— ben! uutincl, group mind — der in mderen Situationen

§ 10

§ 11

m Meuenpryeimlagr'e

§ 12

nicht zum Ausdruck kommt. Wir dürfen uber wohl den Einwand erheben, es falle uns schwer, dem Moment der Zahl eine so große Bedeutung einzuräumen, daß es ihm allein möglich sein sollte, im menschlichen Seelenleben einen neuen und sonst nicht berieigeen Trieb zu wecken. Unsere Erwar— tung wird somit auf zwei andere Möglichkeiten hingelenkt; daß der soziale Trieb kein ursprünglicher und unmlegbarer sein mag, und daß die Anfänge seiner Bildung in einem engeren Kreis, wie etwa in dem der Familie, gefunden werden können.

§ 13

Die Mmenpsychologie, obwohl er:! in ihren Anfängen befindlich, umfaßt eine noch unübersehbare Fülle von Einzelproblemen und stellt dem Untersucher ungez'ihlze, derzeit noch nicht einmal gut gesonderte Aufgaben. Die bloße Gruppierung der verschiedenen Formen von Massenbildung und die Beschreibung der von ihnen geäußerten psychischen Phänomene erfordern einen großen Aufwand von Beobachtung und Darnellung und haben bereits eine reichhaltige literatur entstehen lesen. Wer die! schmale Büchlein an dem Umfang der Masenpeyehologie mißt, wird ohneweiters verman dürfen, daß hier nur wenige Punkte des ganzen Stoffes behandelt werden sollen. Es werden wirklich auch nur einige Fragen sein, an denen die Tiefenforschung der Psychoanalyse ein besonderes Interesse nimmt.

§ 14

11

§ 15

LB Bon; Sdn'lderung der Massenseele

§ 16

Zweckmißiger 111 eine Definiu'on voranzunellen scheint ee, mit einem Hinweie uf de; Brecheinungsgebiet zu beginnen und zur diesem einige besondere auffällige und charakrerirrieche Tatsaehen hereuzugreifen, an welche die Unter

§ 17

§ 18

m Meuenpryeimlagr'e

§ 19

nicht zum Ausdruck kommt. Wir dürfen uber wohl den Einwand erheben, es falle uns schwer, dem Moment der Zahl eine so große Bedeutung einzuräumen, daß es ihm allein möglich sein sollte, im menschlichen Seelenleben einen neuen und sonst nicht berieigeen Trieb zu wecken. Unsere Erwar— tung wird somit auf zwei andere Möglichkeiten hingelenkt; daß der soziale Trieb kein ursprünglicher und unmlegbarer sein mag, und daß die Anfänge seiner Bildung in einem engeren Kreis, wie etwa in dem der Familie, gefunden werden können.

§ 20

Die Mmenpsychologie, obwohl er:! in ihren Anfängen befindlich, umfaßt eine noch unübersehbare Fülle von Einzelproblemen und stellt dem Untersucher ungez'ihlze, derzeit noch nicht einmal gut gesonderte Aufgaben. Die bloße Gruppierung der verschiedenen Formen von Massenbildung und die Beschreibung der von ihnen geäußerten psychischen Phänomene erfordern einen großen Aufwand von Beobachtung und Darnellung und haben bereits eine reichhaltige literatur entstehen lesen. Wer die! schmale Büchlein an dem Umfang der Masenpeyehologie mißt, wird ohneweiters verman dürfen, daß hier nur wenige Punkte des ganzen Stoffes behandelt werden sollen. Es werden wirklich auch nur einige Fragen sein, an denen die Tiefenforschung der Psychoanalyse ein besonderes Interesse nimmt.

§ 21

11

§ 22

LB Bon; Sdn'lderung der Massenseele

§ 23

Zweckmißiger 111 eine Definiu'on voranzunellen scheint ee, mit einem Hinweie uf de; Brecheinungsgebiet zu beginnen und zur diesem einige besondere auffällige und charakrerirrieche Tatsaehen hereuzugreifen, an welche die Unter

§ 24

§ 25

„, Ieb-An-lyre i ; 1

§ 26

“hin; anknüpfen kann. Wir erreichen beides durch einen Anni; an: dm mit Recht berühmt gewordenen Buch von Le Bon, Ptychologie der Massen‘.

§ 27

'M:dlm wir uns den Sachverhalt nochmals klar: Wenn die Pndwlogie, welche die Anlagen, Triebregungen, Motive, Aliehlen eim einzelnen Menschen bis zu seinen Handlungen und in die Beziehungen zu seinen Nächsten verfolgt, ihre Mfg-h: restlos gelöst und nn diese Zusammenhänge durchifiu" gemacht hätte, dann f'a'nde sie sich plötzlich vor fillfl' neuen Aufgabe, die sich ungelöst vor ihr erhebt. Sie müßte die überraschende Tatsache erklären, daß dies ihr vuidnd.lich gewordene Individuum unter einer bestimmten Bedingung ganz anders fühlt, denkt und handelt, als von ihm n erwarten stand, und diese Bedingung ist die Einführung in eine Menschenmenge, welche die Eigenschaft einer „mehologischen Masse" erworben hat. Was ist nun eine „llllle", w°durch erwirbt sie die Fähigkeit, das Seelen— Eben den Einzelnen so entscheidend zu beeinflussen, und wrin besteht die seelische Veränderung, die sie dem Einzelnen aufnötigt?

§ 28

Diese drei Fragen zu beantworten, ist die Aufgabe einer 'hmrm'schm Massenpsychologie. Man greift sie offenbar am hm an, wenn man von der dritten ausgeht. Er in die Beobachtung der veränderten Reaktion ds Einzelnen, welche an“ Mmenpsychologie den Stoff liefert; jedem Erklärung:vennch muß ja die Beschreibung des zu Erklärenden voraus

§ 29

gdlen. Ich lasse nun Le Bon zu Worte kommen. Er sagt (S. 13):

§ 30

„An einer psychologischen Masse ist das Sender-ham: dies: welcher Art auch die sie zusammensetzenden Individuen rein “58“, Wie ähnlich oder unähnlich ihre Lebensweix, Be

§ 31

r) Übersetzt von Dr. Rudolf zum, zweite Auflage „„.

§ 32

§ 33

151 Maienpxyebdr:gh

§ 34

echäftigung, ihr Charakter oder ihre Intelligenz ist, durch den bloßen Ummnd ihrer Umformung zur Masse besitzen sie eine Kollektivseele, vermöge deren sie in ganz anderer Weise fühlen, denken und handeln, als jede: von ihnen für sich fühlen, denken und handeln wiirde. Es gibt Ideen und Gefühle, die nur bei den zu Massen verbundenen Individuen auftreten oder sich in Handlungen umsetzen. Die psycho— lngisehe W.”: ist ein provisorische: Wesen, das aus hetero< genen Elementen besteht, die fiir einen Augenblick sich rnitn'nander verbunden haben, genau so wie die Zellen des Organisrnnl durch ihre Vereinigung ein neue! Wesen mit ganz anderen Eigenschaften ala denen der einzelnen Zellen bilden."

§ 35

Indem wir um die Freiheit nehmen, die Darstellung Le Bone durch unsere Glosxen zu unterbrechen, geben wir hier der Bemerkung Raum: Wenn die Individuen in der Masse zu einer Einheit verbunden rind, so muß ee wohl etwa: geben, wet sie aneinander bindet, und dies Bindemittel könnte gerade dns rein, wu: fiir die Masse charakterisdsch ist. Allein Le Bo n beantwoth diene Frage nicht, er geht auf die Ver— änderung des Individuums in der Masse ein und beschreibt sie in Ausdrücken, welche mit den Grundvoraussetzungen unterer Tiefenpsythologie in guter Übereinstimmung stehen.

§ 36

(5. u.) „Leieht in die Feststellung des Maße: von Verschiedenheit deu einer Mme angehörenden vorn isolierten Individuum, weniger leicht ist aber die Entdeckung der Uraachen dieser Veßchiedenlleit.

§ 37

Um diele Urnßhen wenigmn: einigermaßen zu find=th muß man ich zunächst der von der modernen Psychologie gemachten Feat-teilung erinnern, daß nicht bloß irn organi— schen Lehm. andern auch in den intellektuellen Funktinnen die unbewußten Phänomene eine überwiegende Rolle spielen. Die bewußre Geilteoleben nellt nur einen recht geringen

§ 38

§ 39

und Ich-Armlyxe a 51

§ 40

Teil neben dem unbewußten Seelenleben dar. Die feinste Analyse, die schärfste Beobachtung gelangt nur zu einer kleinen Anzahl bewußter Motive des Seelenlehens. Unsere he'wußten Akte leiten sich aus einem, besonders durch Vererbungseinfliisse geschaffenen, unbewußten Substrat her. Dieses enthält die zahllosen Ahnenspuren, aus denen sich die Rassenseele konstituiert. Hinter den eingestandenen Motiven unserer Handlungen gibt es zweifellos die geheimen Gründe, die wir nicht eingestehen, hinter diesen liegen aber noch geheimen, die wir nicht einmal kennen. Die Mehrzahl unserer alltäglichen Handlungen ist nur die Wirkung verborgenen uns eutgehender Motive."

§ 41

In der Masse, meint Le Bon, verwischen sich die individuellen Erwethungen der Einzelnen, und damit verschwindet deren Eigenart. Das rassetu'näßige Unhewußte tritt hervor, das Heterogene versinlit irn Homugencn. Wir würden sagen, der psychische Oberhau, der sich bei den Einzelnen so veriehiedenartig entwickelt hat, wird abgetragen, entkräftet und das bei allen gleichartige unbewußte Fundament wird hloßgelegt (wirksam gemacht).

§ 42

Auf diese Weise käme ein durchschnittlicher Charakter der Musenindividuen zustande. Allein Le Bon findet. sie zeigen auch neue Eigenschaften, die sie vorher nicht besexsen haben, und mein den Grund dafür in drei verschiedenen Momenten.

§ 43

(S u.) „Die erste dieser Ursachen besteht darin, daß das Individuum in der Masse schen durch die Tatsache der Menge ein Gefühl unüberwindlicher Macht erlangt. welche! ihm gestattet, Trieben zu frönen, die es allein notwendig geziigek hätte. Es wird dies nun um so weniger Anlaß haben, als bei der Anonymität und demnach auch Unverantwort— lichkeit der Masse das Verantwortlichkeiugefiihl, welches die Individuen stets zurückhält, völlig sehwindet.“

§ 44

§ 45

154 Marrenpryebulogie

§ 46

Wir brauchten von unserem Standpunkt weniger Wert auf das Auftauchen neuer Eigenschaften zu legen. Es genügte uns zu sagen, das Individuum komme in der Masse unter Bedingungen, die ihm gestatten, die Verdrängungen seiner unhewuliten Triebregungen abzuwerfen. Die anscheinend neuen Eigenschaften, die es dann zeigt, sind eben die Äußerungen dieses Unhewußten, in dem ja alles Böse der Menschenseele in der Anlage enthalten ist; das Schwindeu des Gewissens oder Verantwortlichkeitsgefiihls unter diesen Umständen macht unserem Verständnis keine Schwierigkeit. Wir hatten längst behauptet, der Kern des sogenannten Gewissens sei „soziale Angst”.

§ 47

(5. 16.) „Eine zweite Ursache, die Ansteckung, trägt ebenso dazu bei, bei den Massen die Äußerung spezieller Merkmale und zugleich deren Richtung zu hewerkstelligen. Die Ansteckung ist ein leicht zu konstatierendes, aber unerklärliches Phänomen„ das man den von uns sogleich zu studierenden Phänomenen hypnotischer Art zurechnen muß. In der Menge ist jedes Gefühl, jede Handlung ansreckend, und zwar in so hohem Grade, daß das Individuum sehr leicht sein persörr liches Interesse dem Gesamu'nteresse opfern Es ist dies eine seiner Natur durchaus entgegengesetzte Fähigkeit, deren der Mensch nur als Massenhestandteil fähig ist."

§ 48

:) Eine gewisse Differenz zwischen der Anschauung Le Bons und der unserigen stellt sich dadurch her, 4116 sein Begrifl des Unhewußten nicht ganz mit dem von der Psychoanllyse auge» nommen zusammenfällt. Das Unbewußte Le Bons enthält vor allem die tiefsten Merkmale der Rassenseele, Welche für die individuelle Psychoanalyse eigentlich außer Betracht kommt. Wir verkennen zwar nicht, daß der Kern des Ich: (das Er, wie ich er rp‘a‘rer genannt habe), dem die „arehaische Erbschaft" der Menschen— reele angehört, unbewußr ist, aber wir sundem außerdem das „unbewußte Ver-drängte" ll), welcher aus einem Anteil dieser Erbreha{t hervorgegangen ist. Dieser Begriß der Verdrängren fehlt bei Le Bon.

§ 49

§ 50

und Irb—Amxlyfl m

§ 51

Wir werden auf diesem letzten Satz später eine wichtige Vermutung begründen.

§ 52

(5. t6.) „Eine dritte, und zwar die wichtigste Ursache bedingt in den zur Masse vereinigten Individuen bewndere Eigemchaften, welche denen des isolierten Individuum; völlig entgegengesetzt sind. Ich rede hier von der Suggestibilitär, von der die erwähnte Ansteckung übrigen: nur eine Wirkung ist.

§ 53

Zum Veritindni! dimr Erscheinung gehört die Ver-gegenwinigung gewisser neuer Entdeckungen der Physiologie. Wir wiseu }ent, daß ein Mensch mittel; mannigfacher Proze— duren in einen solchen Zumnd versetzt werden kann, daß er nach Verlust seiner ganzen bewußten Persönlichkeit allen Suggestionen denjenigen gehorcht, der ihn seine; Persönlichkeiubewußßeins beraubt hat, und daß er die zu seinem Charakter und seinen Gewohnheiten in schärfsten Gegensatz stehenden Handlungen begeht. Nun scheinen sehr sorg{flüge Beobachtungen darzutun. daß ein, eine Zeitlang im Sehnße einer tätigen Masse eingebch Individuum in Bilde — durch Ausströrnungen, die von ihr ausgehen oder sans eine unbekannte Ursache — sich in einem SenderZumud befindet, der sich sehr der Faszination nähert, die den Hynntisierten unter dem Einfluß des Hypnotisators befa'lit... Die bewußte Penönlichkeit ist völlig geschwunden, Wille und Unterscheidungtvermögen fehlen, alle Gefühle und Gedanken sind nach der durch den Hypnotisawr he:gmellten Richtung orientiert.

§ 54

So ungefähr verhält sich auch der Zustand den einer psychologischen Masse “gehörenden Individuum. Es ist sich seiner Handlungen nicht mehr bewußt. Wie beim Hypnntisiertcn können bei ihm, während zugleich gewiß” Fähigkeiten uufgehoben sind, andere auf einen Grad höchner Stärke gebracht werden. Unter dem Einflusse einer Suggeltion

§ 55

§ 56

156 Muxmprycbolegie

§ 57

wird er sich mit einem unwiderseehlichen Triebe an die Ausführung bestimmter Handlungen machen. Und dien: Unge< niim in bei den Massen noch unwiderstehlicher al.! beim Hypnotisienzn, weil die fiir alle Individuen gleiche Suggeseion durch Gegenseirigkeie anwächsr.“

§ 58

(S. 17.) „Die Hauptmerkmale des in der Masse befindlidlon Individuum sind demnach: Schwund der bewußzen Pelsönliehkeit, Vorherrschaft der unhewußten Persönlichkeit. Orientierung der Gede und Gefühle in derselben Richtung durch Suggestion und Ansteckung. Tendenz zur unverzüglichen Verwirklichung der suggerienen Ideen. Das Indi— viduum ist nicht mehr es selbst, es ist ein willenloser Automat gewor .“

§ 59

Ich habe dieses Zitet w ausführlich wiedergegeben. um zu behiftigen, daß Le Bon den Zustand des Individuunu in der Masse wirklich für einen hypnotischen erklärt, nicht etwa ihn bloß mit einem wlchen vergleicht. Wir beabsichtigen hier keinen Widerspruch, wollen nur hervorheben, daß die beiden letzuen Ursachen der Veränderung des Einzelnen in der Masse. die Ansteckung und die höhere Suggerierharkeit. ofienbar nicht gleichartig sind. da ja die Ansreckung auch eine Äußerung der Suggerierharkeie sein soll. Auch die Wirkungen der beiden Momente scheinen uns im Text Le Bons nicht scharf geschieden. Vielleicht deuten wir seine Äußerung am besten aus, wenn wir die Ansteckung auf die Wirkung der einzelnen Mitglieder der Masse aufeinander beziehen, wihrend die mit den Phännmenen der hypnntirchen Beeinflnemng gleichgenelllzu Suggestionserscheinuugen in der Muse auf eine andere Quelle hinweisen. Auf welche aber? Es muß um als eine empfindliche Unvollständigkeit berührem daß einec der Hanlmn'icke diaer Kngleichung, n%ch die Person, welche für die Maße den Hypnoeiseur ersetzt. in der Darstellung Le Bone nicht erwähnr wird. Immerhin unter

§ 60

§ 61

und Ich-Analyre 1;7

§ 62

rt'heidet er von diesem im Dunkeln gelassenen faszinierenden Einfluß die ansteckende Wirkung, die die Einzelnen aufein» ander ausüben, durch welche die ursprünglich: Suggestion Ventirkt wird.

§ 63

Noch ein wichtiger Gesichtspunkt fiir die Beurteilung des Massenindividuums: (S. 17.) „Ferner Steigt durch die bloße Zugehörigkeit zu einer organisierten Masse der Mensch mehrere Stufen auf der Leiter der Zivilisation herab. In reiner Vereinzelung war er vielleicht ein gebildete: Individuum, in der Masse ist er ein Bar-bar, das heißt ein Trieb— vesen. Er besitzt die Spontaneit'ät, die Heftigkeit, die Wildheit und auch den Enthusiasmus und Heroismus primitiver Wsen.“ Er verweilt dann noch besonders bei der Herabsetzung der intellektuellen Leistung, die der Einzelne durch sein Aufsehen in der Masse erfährt!

§ 64

Verlassen wir nun den Einzelnen und wenden wir uns zur Beschreibung der Massenseele, wie Le Bon sie entwirft. Es in kein Zug darin, dessen Ableitung und Unterbringung dem Psychoanalytiker Schwierigkeiten bereiten würde. Le Bon weist uns selbst den Weg, indem er auf die Übereinstimmung mit dem Seelenleben der Primitiven und der Kinder hinweist (S. 19).

§ 65

Die Masse ist impulsiv, wandelbar und reizbar. Sie wird fast ausschließlich vom Unbewußten geleitet‘. Die Impulse, denen die Masse gehorcht, können je nach Umständen edel oder grausam, heroisch oder feige sein, jedenfalls aber sind Sie so gebieterisch, daß nicht das persönliche, nicht einmal das Interesse der Selbsterhaltung zur Geltung kommt. (S. zer)

§ 66

]) Vergleiche das S e h il [ e r sche Distichon:

§ 67

Jeder, rieht man ihn einzeln, ist leidlich klug und verständig;

§ 68

Sind sie in ourpore, gleich wird euch ein Dummkopf daraus.

§ 69

4) Unbewußt wird von |. e n o n richtig im Sinne ein Dcskription übreueht, wo er nicht allein das ,.Verdringte" bedeutet.

§ 70

Freud. Theoreiieuhe Sehe-man 17

§ 71

§ 72

1;8 Marmpxychulagie

§ 73

Nichts ist bei ihr vorbedacht. Wenn sie auch die Dinge leidenschaftlich begehrt, so doch nie für: lange, sie ist unfähig zu einem Dauerwillen. Sie verträgt keinen Aufschuh zwisehen ihrem Begehren und der Verwirklichung des Begehren. Sie hat das Gefühl der Allrnaclit, für das Individuum in der Masse schwindet der Begrifi des Unmöglichen“.

§ 74

Die Masse ist außerordentlich beeinflußhar und leicht— gläiubig, sie ist kritildos, das Unwahrsclieinliche existiert für sie nicht. Sie denkt in Bildern, die einander assoziztiv her» vormfen, wie sie sich beim Einzelnen in Zuständen des freien Phantasierens einstellen, und die von keiner verständigen Instanz an der Übereinstimmung mir der Wirklichkeit gemessen werden. Die Gefühle der Masse sind stets sehr einfach und seht überschwengljeh. Die Masse kennt also weder Zweifel noch Ungewißheit“.

§ 75

Sie geht sofort zum Äußersten, der ausgesprochene Verdacht wandelt sich bei ihr sogleich in unumstößliche Gewißheit, ein Keim von Antipathie wird zum wilden Haß (S. 32)’.

§ 76

,) Vergleiehe Toten und Tabu m., Animisruus, Magie und Allrnacht der Gedanken. [Ges. Schriften, Bd x]

§ 77

6) In der Deutung der Träume, denen wir ja unsere beste Kenntnir vum unhewußten Seelenleben vrrdmiren, befolgen wir die technische Regel, daß von Zweifel und Unsicherheit in der Trennerzählnng lhgesehen nnd jedes Element des meniinren Trauma: eis gleich gesichert behandelt wird. Wir leiten Zweifel und Unsicherheit von der Einwirkung der Zensur ei„ welcher die Traumarheit unreriiegr, und nehmen an, daß die primären Traumgeclanken Zweifel nnd Unsicherheit ei, kritische Leistung nicht kennen. Als Inhalte mögen sie natürlich, wie alles andere, in den zum Traum führenden Tagetrm=n verknnrnren. (Traumdeutung, Ges. Schriften, nur, 5.44e.)

§ 78

7) Die nimliche Steigerung aller Gefühlsregungen zum Enter-nen und Meßinem gehört ende der Afiekrivität des Kindes an und findet sich irn Trzum.leben wieder, wo dank der im Unhewußteri vnrirerrreirenden Imlierung der einzelner. Gefühlsregungen ein ieirer Ärger vom Tage sich als Tudeswunsch gegen die sehuldige Fersen zum Ausdruck bringt oder ein Anflug irgend einer Ver—

§ 79

§ 80

und Ich—Analer ;59

§ 81

Selbst zu allen Extremen geneigt, wird die Masse auch nur durch übermäßige Reize erregt. Wer auf sie wirken will, bedzrf keiner logischen Abmessung seiner Argumenee, er muß in dm kräftigsren Bildern malen, überrreihen und immer das Gleiche wiederholen.

§ 82

Di die Masse betrcfis des Wahren oder Falschen nicht im Zweifel ist und dabei das Bewußtsein ihrer großen Kraft hat, in nie ebenso intoleranr wie autoritéitsgläubig. Sie respektiert die Kraft und läßt sich von der Güte, die für sie nur eine Art von Schwäche bedeutet, nur mäßig leeinflussen. Was sie van ihren Helden verlangt, ist Stärke, selbst Gewalrräu'gkeit. Sie will beherrscht und unterdrückt werden und ihren Herrn flüchten. lm Grunde durchaus konservativ, hat sie tiefen Abscheu vor allen Neuerungen und Fortschrittßn und unbe— grenzte Ehriurcht vor der Tradition (S. 37),

§ 83

Um die Sittlichkeie der Massen richtig zu beurteilen, muß nun in Betracht ziehen, daß im Beisammensein der Massenindividuen alle individuellen Hemmungen entfallen und alle museum, brutalen, destruktlven Instinluc, die als Überbleibsel der Urzeit im Einzelnen schlummern, zur freien Triebbefriedigung geweckt werden. Aber die Massen sind auch unter dem Einfluß der Suggesrion hoher Leisrungen vun EntsaE'-‘ug, Uneigennützigkeir, Hingebung an ein Ideal fähig. Während der persönliche Vorteil beim isolierten Individuum no ziemlich die einzige Triebfeder ist, ist er bei den Massen sehr selten vorherrschend. Man kann von einer Versittlichung

§ 84

mehung zum Anstoß einer im Traum dargestelle verhreeherischen Handlung wird. Zu diem Tatsiehe lm Dr. Hans Sachs die kann: Bemerkung gemacht: „Was der Traum uns an Beziehungen zur Gngnnwnn (Realirär) kundgetzn hat. wollen wir dann auch im Bewußuein uufsuchcn und dürfen uns mehr wundern, wenn wir des Ungeheuer, du wir unter dem Vergrößerungsglzs du Analyse gewehen lnl>en, als Infusinnst.ierehen wiederfinden." (Traumdeutung, Ger. Schriften, zum, am.) 17'

§ 85

§ 86

16d Manenpiyc)aalugil

§ 87

du Einzelnen durch die Masse sprechen (S. 39). Während die intellektuelle Leistung der Masse immer tief unter der deli Einzelnen steht, kann ihr ethischß Verhalten dies Niveau ebenen hoch übenagen, wie tief darunter herabgehem

§ 88

Ein helles Licht auf die Berechtigung, die Massenseele mit der Seele der Primiviven zu identifizieren, werfen einige andere Züge der Le Bonschen Charakteristik. Bei den Massen können die entgegengesetztesten Ideen nebeneinandu bestehen und sich mineinander vertragen, ohne daß sich aus deren logischen Widerspruch ein Konflikt ergäbe. Dasselbe ist aber im unbewußten Seelenleben der Einzelnen, der Kinder und der Neurotiker der Fall, wie die Psychoanalyse längst nachgewiesen hat“.

§ 89

&) Beim kleinen Rinde besreiren zum Beispiel amhivalente Gefühlseinstellnngen gegen die ihm nächsten Personen lange Zeit nebeneinander, ohne daß die eine die ihr entgegengesetzt: in ihrem Ausdruck m‘irt. Kommt es dann endlich zum Konflikt zwiir.hen den beiden, in wird er oft dadurch erledigt, daß da: Kind das Objekt wechselt, die eine der ambivalenten Regungen auf ein Ersatzohjekt verschiebt. Auch aus der Entwicklungsgescllichte einer Neun»: beim Erwaeiarenen kann man erfahrm, daß eine unterdrückte Regnng sich nanng lange zer. in unbewußten oder rellm bewußleu phamm'rn femme, deren Inhalt natürlich einer herrschenden Senkung direkt zuwiderläuft, ohne daß rich aus diesem Gegennlz ein Einschreiten der Ich; gegen das von ihm Verwarfene ergibe. Die Phantasie wird eine ganze Weile über toleriert. bir rich plöizüch einmal, gewöhnlich infolge einer Steigerung der afiekrivrn Besetzung derselben, der Konflikt zwischen ihr und dem I‘ch rnie niien seinen Folgen herstellt.

§ 90

im Fortschritt der Enrwiddung vom Kinde zum reifen Erwaclmnen kommt er iiberhaupt zu einer immer weiter greifenden inaegrarion der Penönliehkeit. zu einer Zusammenfadixung der einarinrn, unabhängig “aneinander in iin gewachsenen Triebregnngen nnd Zielmebungm. Der anaioge Vorgang eat dan Gebiet de. Suuallcbc‘nx in um air Zusammenfassung aller 5_exualn-iehe zur definitiven Geniulorgnnisaninn lange bekannt. (Drei Abhandlungen zur Suultheorie. 1905. Ges. Sehrifxrn, Bd. v.) Daß die Vereinlieixliehung de. ltlu iibrigen: dieselben Su'ürungen er— fahren hun wie die der Libido. zeigm vielfache, sehr bekannne

§ 91

§ 92

und Ich-Analyie 261

§ 93

Ferner unterliegt die Masse der wahrhaft magischen Macht von Worten, die in der Massenseele die furchtbarsten Sliirrnc hervorrufen und sie auch besäinftigen können (5.74). „Mit Vernunft und Argumenten kann man gegen gewisse Worte und Formeln nicht ankämpfen. Man spricht sie mit Andacht vcr den Massen aus, und sogleich werden die Mienen respektvoll und die Köpfe neigen sich. Von vielen werden sie als Naturkräfte oder als übernatürliche Mächte betrachtet." (5. 75.) Man braucht sich dabei nur an die Tabu der Namen bei den Primitiven, an die magischen Kräfte, die sich ihnen an Namen und Worte knüpfen, zu erinnern'.

§ 94

Und endlich: Die Massen haben nie den Wahrheimdurst gekannt. Sie fordern Illusionen, auf die sie nicht verzichten können. Das Irreale hat bei ihnen stets den Vorrang vor dem Realm, das Unwitkliche beeinflußt sie fast ebenso stark wie das Wirkliche. Sie haben die sichtlich: Tendenz, zwischen beiden keinen Unterschied zu machen (S. 47).

§ 95

Diese Vorherrschaft des Phantasielebens und der vom unerfiillten Wunsch getragenen Illusion haben wir als be— Slemend für die Psychologie der Neurosen aufgezeigt. Wir fanden, für die Neurodker gelte nicht die gemeine objektive, sondern die psychische Realität. Ein hysterisches Symptom gründe sich auf Phantasie, anstatt auf die Wiederholung wirklichen Erlebens, ein zwangsneurotisches Schuldhewußtsein auf die Tatsache eines bösen Vorsatzes, der nl: zur Ausführung gekommen. Ja, wie im Traum und in der Hypnose, tritt in der Seelentitigkeit der Masse die Realität:— prüfung zurück gegen die Stärke der aflektiv besetzten Wunschregungen.

§ 96

Beispiele, wie das der Naturforscher, die bihelglänhig geblieben und und andere. Die verschiedenen Möglichkeiten einer späteren Zerfall: des [che bilden ein besonderes Kapitel der Psychw pathologie.

§ 97

;) Siehe „Ton- und Tnbu".

§ 98

§ 99

161 Murrnpxycbologie

§ 100

Was Le Bon über die Führer der Massen sagt. in weniger erschöpfend und läßt das Gesetzmäßige nicht so deutlich durchschirnmern. Er meint, sobald lebende Wesen in einer gewissen Anzahl vereinigt sind, einerlei, ob eine Herde Tiere oder eine Menschenmenge, stellen sie sich instinktiv unter die Autorität eines Oberhauptes (5.86). Die Masse ist eine folgsame Herde, die nie ohne Herrn zu leben ver-mag. Sie hat einen solchen Durst zu gehorchen, daß sie sich jedem, der sich zu ihrem Herrn ernennt, instinktiv nnterordnet.

§ 101

Kommt so das Bedürfnis der Masse dem Führer entgegen. so muß er ihm doch durch persönliche Eigenschaften entsprechen. Er muß selbst durch einen starken Glauben (an eine Idee) fasziniert sein, um Glauben in der Masse zu er— wecken, er muß einen starken, imponierenden Willen besitzen, den die willenlose Masse von ihm annimmt. Le Bon bespricht dann die verschiedenen Arten von Führern und die Mittel, durch welche sie auf die Masse wirken. Im ganzen läßt er die Führer durch die Ideen zur Bedeutung kommen, für die sie selbst fanaeisiert sind.

§ 102

Diesen Ideen wie den Führern schreibt er über-dia eine geheimnisvolle, unwiderstehliche Macht zu, die er „Prestige" benennt. Das Prestige ist eine Art Herrschaft, die ein In« dividuurn, ein Werk oder eine idee über uns übt. Sie läme all unsere Fähigkeit zur Kritik und erfüllt uns mit Staunen und Achtung. Sie dürfte ein Gefühl hervorrufen, ähnlich wie das der Faszination der Hypnose (5.96),

§ 103

Er unterscheidet erworbmes oder künstliches und persön« licht: Prestige. Das erstere wird bei Personen durch Name, Reichtum, Ansehen verliehen, bei Anschauungen, Kunstwerken und dergleichen durch Tradition. Da es in allen Ffllen auf die Vergangenheit zurückgreift, wird es für das Verständnis diese: räuelhaiten Einflusses wenig leisten. Dal

§ 104

§ 105

und Ich-Analyre ,s,

§ 106

persönliche Prestige haftet an wenigen Personen, die durch duselbe zu Führern werden, und macht, daß ihnen alles wie unter der Wirkung eines magnetischen Zaubers gehoeeht. Doch ist jedes Prestige auch vom Erfolg abhängig und geht durch Mißerfolge verloren (5103).

§ 107

Man gewinnt nicht den Eindruck, daß bei Le Bon die Rolle der Führer und die Betonung des Prestiges in richtigen Einklang mit der so glänzend vergangenen Schilderung der Massenuele gebracht werden ist.

§ 108

III Andere Vl’ürdfgungm des koflektiven Seelenlebens

§ 109

Wir haben uns der Darstellung von Le Bon als Einführung bedient, weil sie in der Betonung des unhewußten Seeleulel>ens so sehr mit unserer eigenen Psychologie zusammenn-iflt. Nun müssen wir aber hinzufügen, daß eigent> lich keine der Behauptungen dieses Autors etwas Neues bringt. Alles, was er Abtr'a'glidJes und Herabsetzendes über die Äußerungen der Massenseele sagt, ist schon vor ihm ebenso bestimmt und ebenso fcindselig von anderen gmgt werden, wird seit den ältesten Zeiten der Literatur von Denken, Staatsmännem und Diehtern gleichlauzend m wiederholt". Die beiden Sätze, welehe die wiehtig!ten Ansichten Le Bons enthalten, der von der kollektiven Hemmung der intellektuellen Leistung und der von der Steigeru.ng der Aflektivität in der Masse wenn kurz vorher von

§ 110

„) Vergleiche den Tm und das Literarurv & x„ik„i„ jun. Die Psychologie der Kolleku dem Kroatischen übersetzt von Siegmund von Pouvee. Vulmvflr „„.

§ 111

§ 112

und Ich-Analyre ,s,

§ 113

persönliche Prestige haftet an wenigen Personen, die durch duselbe zu Führern werden, und macht, daß ihnen alles wie unter der Wirkung eines magnetischen Zaubers gehoeeht. Doch ist jedes Prestige auch vom Erfolg abhängig und geht durch Mißerfolge verloren (5103).

§ 114

Man gewinnt nicht den Eindruck, daß bei Le Bon die Rolle der Führer und die Betonung des Prestiges in richtigen Einklang mit der so glänzend vergangenen Schilderung der Massenuele gebracht werden ist.

§ 115

III Andere Vl’ürdfgungm des koflektiven Seelenlebens

§ 116

Wir haben uns der Darstellung von Le Bon als Einführung bedient, weil sie in der Betonung des unhewußten Seeleulel>ens so sehr mit unserer eigenen Psychologie zusammenn-iflt. Nun müssen wir aber hinzufügen, daß eigent> lich keine der Behauptungen dieses Autors etwas Neues bringt. Alles, was er Abtr'a'glidJes und Herabsetzendes über die Äußerungen der Massenseele sagt, ist schon vor ihm ebenso bestimmt und ebenso fcindselig von anderen gmgt werden, wird seit den ältesten Zeiten der Literatur von Denken, Staatsmännem und Diehtern gleichlauzend m wiederholt". Die beiden Sätze, welehe die wiehtig!ten Ansichten Le Bons enthalten, der von der kollektiven Hemmung der intellektuellen Leistung und der von der Steigeru.ng der Aflektivität in der Masse wenn kurz vorher von

§ 117

„) Vergleiche den Tm und das Literarurv & x„ik„i„ jun. Die Psychologie der Kolleku dem Kroatischen übersetzt von Siegmund von Pouvee. Vulmvflr „„.

§ 118

§ 119

,s., Manu-psychologie

§ 120

Sighele formuliert werden“. Im Grunde erübrigen als Le Bon eigentümlieh nur die beiden Gesichtspunkte des Unbewußten und des Vergleiches mit dem Seelenleben der Primitiven, auch diere natürlich oftmals vor ihm berührt.

§ 121

Aber noch mehr, die Beschreibung und Würdigung der Massenseele, wie Le Bon und die anderen sie geben, ist auch keineswegs unangefocbten geblieben. Kein Zweifel, daß alle die vorhin beschriebenen Phänomene der Massenseele richtig beobachtet werden sind, aber es lassen sich auch andere, geradezu entgegengesetzt wirkende Äußerungen der Massenbildung erkennen, aus denen man dann eine weit höhere Einschätzung der Massenseele ableiten muß.

§ 122

Auch Le Bon war bereit, zuzngestehen, daß die Sitt1icbkeit der Masse unter Umständen höher sein kann als die der sie zusemmensetzenden Einzelnen, und daß nur die Gesamtbeiten hoher Uneigennützigkcit und Hingebung fähig sind.

§ 123

(S. 38.) „Während der persönliche Vorteil beim isolierten Individuum so ziemlich die einzige Triebfeder ist, i3t er bei den Massen sehr selten vorherrschend.“

§ 124

Andere machen gehend, daß es überhaupt erst die Gesellschaft ist, welche dem Einzelnen die Normen der Sittlichkeit vorschreibt, während der Einzelne in der Regel irgend— wie hinter diesen hohen Ansprüchen zun‘ickhleibt. Oder daß in Ausnabmszuständen in einer Kollektivität das Phänomen der Begeisterung zustande kommt, welches die großartigsren Massenleistungen ermöglicht hat.

§ 125

In Betreff der intellektuellen Leistung bleibt zwar bestehen, daß die großen Entscheidungen der Denkarbeit, die

§ 126

„) Siehe vum Moede. Die M„„„- und Sozialplycbolßgie im kritixcben %„tiia; zu„a.nn für pädagogische Psychologie und experimentelle Pädagogik von Meumznn und Scheibn„, xv1, m;.

§ 127

§ 128

ud Ich—Armly1e 26;

§ 129

£olgenrchweren Entdeckungen und Problemlösungen nur dem Einzelnen, der in der Einsamkeit arbeitet, möglich sind. Aber auch die Massenseele ist genialer geistiger Schöpfungcn fähig, wie vor allem die Sprache selbst beweist, sodann das Volkslied, Folklore und anderes. Und überdies bleibt es dahinsflfl€lll. Wieviel der einzelne Denker oder Dichter den Anregungen der Masse, in welcher er lebt, verdankt, ob er mehr als der Vollender einer seelischen Arbeit ist, an der gleichzeirig die anderen mitgetan haben. \

§ 130

Angesichts dieser vollkommenen Widersprüche scheint es ja, daß die Arbeit der Massenpsychologie ergehnislos verlaufen müsse. Allein es ist leicht, einen bolfnungsvolleren Ausweg zu finden. Man hat wahrscheinlich als „Massen“ lehr verschiedene Bildungen zusammengefaßt, die einer Sonderung bedürfen. Die Angaben von Sighele, Le Bon und anderen beziehen sich auf Messen kurzlebiger Art, die nach durch ein vorübergehende: Interesse aus verschiedennrtigen Individuen zusammengeballt werden. Es ist unverkennbar, daß die Charaktere der revolutionären Massen, besonders der großen französischen Revolution, ihre Schilderungen beeinflußt haben. Die gegensärzlicben Behauptungen-stammen aus der Würdigung jener stabilen Massen oder Vergesellschaftungen, in denen die Menschen ihr Leben anbringen, die sich in den Institutionen der Gesellschaft verkörperrn Die Massen der ersten Art sind den letzteren gleich“ln aufgesetzr, wie die kurzen, aber haben Wellen den langen Dünungen der See.

§ 131

Mc Dougall, der in seinem Buch The Group Mind” von dem nämlichen, oben erwähnten Widerspruch ausgeht, findet die Lösung desselben im Moment der Organisation. Im einfachsten Falle, sagt er, besitzt die Masse

§ 132

„) Cambridge, rgze.

§ 133

§ 134

l“ Murmpryebalap'e

§ 135

(group) überhaupt keine Organisation oder eine kaum nennenswerte. Er bezeichnet eine solche Masse als einen Haufen (crowd). Doch gesteht er zu, daß ein Haufen Menschen nicht leicht zusammenkornrnt, ohne daß sich in ihm wenig> sten: die ersten Anfänge einer Organisation bildeten. und daß gerade an diesen einfachen Massen manche Grundtat— sachen der Koflektivpsychologie besonders leicht zu erkennm sind (5.1.1). Damit sich aus den zufällig zusammengewehuen Mitgliedern eines Menschenhaufens etwas wie eine Masse im psychologischen Sinne bilde, wird als Bedingung erfordert, daß diese Einzelnen etwas miteinander gemein haben, ein gemeinsames Interesse an einem Objekt, eine gleichartige Gefühlsrichtung in einer gewissen Situation und (ich würde einsetzen: infolgedessen) ein gewisses Maß von Fähigkeit, sich untereinander zu beeinflussen. (Same degree of rmprocul influence between the member: of the gmup) (S. 13). Je stärker diese Gemeinsamkeiten {rim menral bamogeneity) sind, desto leichter bildet sich aus den Einzelnen eine psychologische Mme und dem) auif‘alliger äußern sich die Kundgebungen einer „Ma-usenseeie“.

§ 136

Das merkwürdigsne und zugleich wichtigste Phänümen der Masenbildung ist nun die bei jedem Einzelnen hervorgerufene Steigerung der Affektivität (exaltztinn or inrerm‘fiaction of emotion) (S. 24). Man kann sagen, meint Mc Do ugall, daß die Affekre der Menschen kaum unter anderen Bedingungen zu solcher Höhe anwachsen1 wie es in einer Maße geschehen kann, und zwar ist es eine genußreiche Empfindung fiir die Beteiligten, sich so schrankenlos ihren Leidenschaften hinzugeben und dabei in der Masse aufzugeben, das Gefühl ihrer individuellen Abgrenzung zu verlieren. Dies Midnrtgtrileenwerden der Individuen erklärt Me Dougell eur dem von ihm so genanneen „principle of direct inducn'on of motion by way of the primirioe sym—

§ 137

§ 138

und Ich-Analyse 167

§ 139

palbetie response“ (5.25), das heißt durch die uns bereits bekannte Gefühlsansteckung. Die Tatsache ist die, daß die wahrgenommenen Zeichen eines Affektzustandcs geeignet sind, bei dem Wahrnehmenden automatisch denselben A.ffekt hervorzurufen. Dieser automatische Zwang wird um so stärker, an je mehr Personen gleichzeitig derselbe Affeltt be< merkbar ist. Dann schweigt die Kritik des Einzelnen, und er läßt sich in denselben Affekt gleiten. Dabei erhöht er aber die Erregung der anderen, die auf ihn gewirkt hmm, und so steigert sich die Affelttlaclung der Einzelnen durch gegenseitige Induktion. Es ist unverkennbar etwas wie ein Zwang dabei wirksam, es den anderen gleichzutun, im Einl&ang mit den Vielen zu bleiben, Die gröberen und einfacheren Gefühlsregungen haben die größere Aussicht, sich auf solche Weise in einer Masse zu verbreiten (5.19).

§ 140

Dieser Mechanismus der Aflektsteigerung wird noch durch einige andere. von der Masse ausgehende Einflüsse begün— stigt. Die Masse macht dem Einzelnen den Eindruck einer unbeschränkten Macht und einer unbesiegbaren Gefahr. Sie hat sich für den Augenblick an die Stelle der gesamten menschlichen Gesellschaft gesetzt, welche die Trägerin der Autorität ist. deren Strafen man gefürchtet, der zuiiebe man sich so viele Hemmungen auferlegt hat. Es ist ofl'enbar gefährlich, sich in Widerspruch mit ihr zu setzen, und man ist sicher, wenn man dem ringsunrher sich zeigenden Beispiel folgt, also eventuell sogar „mit den Wölfen heult". lm Gehorsam gegen die neue Autorität darf man sein frühercs ,.Gewissen" außer Tätigkeit setzen und dabei der Loekung des Lustgewinnes nachgehen, den man sicherlich durch die Aufhebung seiner Hemmungen erzielt. Es ist also im ganzen nicht so merkwürdig, wenn wir den Einzelnen in der Max! Dinge tun oder gutheißen sehen, von denen er sich unter seinen gewohnten Lebensbedingungen abgewenclet hätte, und

§ 141

§ 142

.sr Manmprytholugie

§ 143

wir können selbst die Hoßnnng fassen, auf diese Weise ein Stück der Dunkelheit zu lichten, die man mit dem Rätsele vor: der „Suggestion“ zu decken pflegt.

§ 144

Dem Satz von der kollektiven Intelligenzhernmung in der Masse widerspricht auch Me Dougall „ich: (5.41). Er sagt, die geringeren Intelligenzen ziehen die größeren auf ihr Niveau herab. Die letzteren werden in ihrer Betätigung gehernmt, weil die Steigerung der Aflektivität überhaupt ungünstige Bedingungen für korrekte geistige Arbeit schail't, ferner weil die Einzelnen durch die Masse eingeschüchtert sind und ihre Denkarheit nicht frei ist, und weil bei jedem Einuluen das Bewußmein der Verantwortlichkeit für seine Leistung herabgesetzt wird.

§ 145

Das Gesamturteil über die psychische Leistung einer einfachen, „unorganisierten“ Masse lautet bei Mc Dougall nicht freundlicher als bei Le Bon. Eine solche Masse ist (s.“): überaus erregbar, impulsiv, leidenschaftlich. Winkel— miit-ig, inkonsequent, unentscblossen und dabei zum Äußere nen bereit in ihren Handlungen, zugänglich nur fiir die gröberen Leidenschaften und einfacheren Gefühle, außerordentlich sugestibel, leichrsinnig in ihren Überlegungen; heftig in ihren Urteilen, aufnahmsfähig nur fiir die einfachsten und unvollkomrnensten Schlüsse und Argumente, leicht zu lenken und zu erschüttern, ohne Selbstbewußtsein, Selbstachtung und Verantwortlichkeitsgel'ühl, aber bereit, sich von ihrem Kraftbewußtsein zu allen Unteren fortreißen zu lassen, die wir nur von einer absoluten und unverantwortliehen Macht erwarten können. Sie benimmt sich alm eher wie ein ungczogene- Kind oder wie ein leidenschaftlicher, nicht beenfsichrigeer Wilder in einer ihm fremden Situation; in den schlimmsten Fällen ist ihr Benehmen eher das eine! Rudel; van wilden Tieren als von menschlichen Wesen.

§ 146

§ 147

„mi 1cb-Amzlyn 169

§ 148

Da Mc Dougall das Verhalten der hoch organisierten Massen in Gegensatz zu dem hier Geschilderten bringt, werden wir besonders gespannt sein, zu erfahren, worin diese Organisation besteht und durch welche Mümente sie hergestellt wird. Der Autor zählt fünf dieser „principal canditmns“ für die Hebung des seelischen Lebens der Masse auf ein höheres Niveau auf.

§ 149

Die erste grundlegende Bedingung ist ein gewisses Mali van Kontinuität im Bestand der Masse. Diese kann eine materielle oder eine formale sein, das erstere, wenn dieselben Personen längere Zeit in der Masse verbleiben, das andere, wenn innerhalb der Masse bestimmte Stellungen entwickelt sind, die den einander abl'u'senden Personen angewiesen werden. '

§ 150

Die zweite, daß sich in dem Einzelnen der Masse eine hestism'nte Vorstellung von der Natur, der Funktion, den Leistungen und Ansprüchen der Masse gebildet hat, so daß sich daraus für ihn ein Gefühlsverhältnis zum Ganzen der Masse ergeben kann.

§ 151

Die dritte, daß die Masse in Beziehung zu anderen, ihr ähnlichen, aber doch von ihr in vielen Punkten abweichenden Massenbildungeu gebracht wird, etwa daß sie mit diesen rivalisiert.

§ 152

Die vierte, daß die Masse Traditionen, Gehräuche und Einrichtungen besitzt, besonders solche, die sich auf das Verhältnis ihrer Mitglieder zueinander beziehen.

§ 153

Die fünfte, daß es in der Masse eine Gliederung gibt, die sich in der Spezialisierung und Differenzierung der dem Einzelnen zufallenden Leistung ausdrückt.

§ 154

Durch die Erfüllung dieser Bedingungen werden nach Mc Deu gall die psychischen Nachteile der Massenbiiclung aufgehoben. Gegen die kollektive Herabsetzung der Intelligenzleisrung schüt2t man sich dadurch, daß man die

§ 155

§ 156

17° Mmmprycbolop‘e

§ 157

Lösung der intellektuellen Aufgaben der Masse entzieht und sie Einzelnen in ihr vorbehälr.

§ 158

& scheint um, daß man die Bedingung, die Me Dougall als „Organisatinn“ der Masse bezeichnet hat, mit mehr Berechtigung anders beschreiben kann. Die Aufgabe besteht darin, der Masse gerade jene Eigenschaften zu venchnifcn, die für das Individuum charakteristisch waren und die bei ihm durch die Massenbildung ausgelöscbt wurden. Denn das Individuum hatte — außerhalb der prix-nin'ven Masse —- seine Kontinuität, sein Selbstbewußtsein, seine Traditionen und Gewohnheiten, seine besondere Arbeitsleistung und Enreihung und hielt sich von anderen grsonden, mit denen es rivalisierte. Diese Eigenart hatte es durch seinen Eintritt in die nicht „organisierre“ Masse für eine Zeit verloren. Erkenne man so als Ziel, die Masse mit den Amibuten des Individuums auszustatten, so wird man an eine gehaltreirhe Bemerkung von W. Trotter" gemahnt, der in der Neigung zur Massenbildung eine biologische Fortführung der Vielzelligkeit aller höheren Organismen er— blicke".

§ 159

IV Suggestion und Libido

§ 160

Wir sind von der Grundtatsache ausgegangen, daß ein Einzelne: innerhalb einer Masse durch den Einfluß derselben

§ 161

„) Innineu of the Herd in Peace and War. London 1916.

§ 162

„) Ich lm... im Gegematz 1u einer sonst ventiindnisvollen und sehnrfiimni'en Kritik von Hana Kelten (Image vum, x9u) nicht zugebal, daß eine wlebe Ausnatrung der „Massenseele" rnit Organisation eine Hypmusierung derselben, das heißt die Zuerh-nmlng einer Unabhängigkeit van den seelith Vorgängen im Individuum bedeute.

§ 163

§ 164

17° Mmmprycbolop‘e

§ 165

Lösung der intellektuellen Aufgaben der Masse entzieht und sie Einzelnen in ihr vorbehälr.

§ 166

& scheint um, daß man die Bedingung, die Me Dougall als „Organisatinn“ der Masse bezeichnet hat, mit mehr Berechtigung anders beschreiben kann. Die Aufgabe besteht darin, der Masse gerade jene Eigenschaften zu venchnifcn, die für das Individuum charakteristisch waren und die bei ihm durch die Massenbildung ausgelöscbt wurden. Denn das Individuum hatte — außerhalb der prix-nin'ven Masse —- seine Kontinuität, sein Selbstbewußtsein, seine Traditionen und Gewohnheiten, seine besondere Arbeitsleistung und Enreihung und hielt sich von anderen grsonden, mit denen es rivalisierte. Diese Eigenart hatte es durch seinen Eintritt in die nicht „organisierre“ Masse für eine Zeit verloren. Erkenne man so als Ziel, die Masse mit den Amibuten des Individuums auszustatten, so wird man an eine gehaltreirhe Bemerkung von W. Trotter" gemahnt, der in der Neigung zur Massenbildung eine biologische Fortführung der Vielzelligkeit aller höheren Organismen er— blicke".

§ 167

IV Suggestion und Libido

§ 168

Wir sind von der Grundtatsache ausgegangen, daß ein Einzelne: innerhalb einer Masse durch den Einfluß derselben

§ 169

„) Innineu of the Herd in Peace and War. London 1916.

§ 170

„) Ich lm... im Gegematz 1u einer sonst ventiindnisvollen und sehnrfiimni'en Kritik von Hana Kelten (Image vum, x9u) nicht zugebal, daß eine wlebe Ausnatrung der „Massenseele" rnit Organisation eine Hypmusierung derselben, das heißt die Zuerh-nmlng einer Unabhängigkeit van den seelith Vorgängen im Individuum bedeute.

§ 171

§ 172

und Ich-Analyse ‘ .;i

§ 173

eine oft tiefgreilende Veränderung seiner seelischen Tätigkeit erfährt. Seine Aflektivität wird außerordentlich geneigert, seine intellektuelle Leistung merklich eingeschränkt, beide Vorgänge oflenbar in der Richtung einer Angleichung an die anderen Massenindividuen; ein Erfolg, der nur durch die Aufhebung der jedem Einzelnen eigentiimlichcn Triebhmmungen und durch den Verzicht auf die ihm besonderen Ausgestaltungen seiner Neigungen erreicht werden kann. Wir haben gehört, daß diese oft unerwünschten Wirkungen durch eine höhere „Organisation“ der Massen wenigstens teilweise hintangehalten werden, aber der Grundtatsache der Massenpsychologie, den beiden Sitzen von der Aflcktsteigerung und der Denkhemmung in der primitiven Masse ist dadurch nicht widersprochen werden. Unser Interesse geht nun dahin, für diese seelische Wandlung des Einzelnen in der Masse die psychologische Erklärung zu finden.

§ 174

Rationelle Momente, wie die vnrhin erwähnte Einschüch— ter-ung des Einzelnen, also die Aktion seines Selbsterhaltungstriehes, decken offenbar die zu beobachtenden Phänomene nicht. Was uns sonst als Erklärung von den Autoren über Soziologie und Massenpsychologie geboten wird, ist immer das nämliche, wenn auch unter wechselnden Namen: das Zauberwnrt der Suggesticn. Bei Tarde hieß sie Nachahmung, aber wir müssen einem Autor recht geben, der uns verhält, die Nachahmung {alle unter den Begrifl der Suggestion, sei eben eine Folge derselben“. Bei Le Bon wurde alle! Befremdende der sozialen Erscheinun» gen auf zwei Faktoren zurückgeführt, auf die g=geriscitige Suggestion der Einzelnen und das Prestige der Führer. Aber das Prestige äußert sich wiederum nur in der Wirkung, Suggestion hervorzurufen. Bei Mc Dougall konnten wir

§ 175

„) B:u geilles, L'essence déi phénoméne rncial: r.. ruggestion. Revue philosophique xxv. m,.

§ 176

§ 177

173 Mußmprycbolagie

§ 178

einen Moment lang den Eindruck empfangen, daß sein Prinzip der „primären Mektinduhtion“ die Annahme der Suggestion enthehrlieh mache. Aber bei weiterer Überlegung müssen wir doch einsehen, daß diel Prinzip nichts anderes aussagt als die bekannten Behauptungen der „Nachahmung“ oder „A-nstechung“, nur unter enuchiedener Betonung des afiektiven Meinen“. Daß eine derartige Tendenz in uns be— steht, wann wir ein Zeichen einer Azfl'ektzustandes bei einem anderen gewahren, in denselben Aflekt zu verfallen, ist umweifelhaft, aber wie oft widerstehen wir ihr erfolgreich, weisen den Afiekv: ah, reagieren oft in ganz gegensärzhcher Weise? Warum aha gehen wir dieser Ansteckung in der Maße regelmäßig nach? Mm wird wiederum sagen rni‘men, es sei der suggestiw Einfluß der Maße, der um nötigt, dieser Nachahmungstendenz zu gehorchen, der den Afl'ekt in uns induziert. Übrigens kommen wir auch sonst bei Mc Dnugall nicht um die Suggestion herum; wir hören von ihm wie von anderen: die Massen zeichnen sich durch besondere Suggc< scihilität aus.

§ 179

Man wird so für die Aussage vorbereitet, die Suggestiou (richtiger die Suggerierharkeit) sei eben ein weißer nicht reduzierharcs Urphämmen, eine Grundtatsanhe der mensch lichen Seelenlehens. Sc hielt es auch Bernheim, von dessen erstaunlichen Künsten ich im Jahre 1889 Zeuge war. Ich weiß mich aber auch damals an eine dumpfe Gegnerschaft gegen die:: Tyrannei der Suggestion zu erinnern. Wenn ein Kraker, der sich nicht gefiigig zeigte, angetchrieen wurde: Was tun Sie denn? Vo»: von; ennmmggextionnez/ so sagte ich mir, das sei ofl'enbares Unrecht und Gewalmt. Der Mann habe zu Gegensuggestionen gewiß ein Recht. wenn man ihn mit Suggesdonen zu unterwerfen versuche. Mein Widerstand nahm dann später die Richtung einer Auflehnung dagegen, daß die Suggestion, die alles erklärte, xlb|t der Erklärung

§ 180

§ 181

„„A Ich-Anler =7;

§ 182

entzugen mein wllee. Ich wiederhnle mit Bang mf nie die alle Scherzfrage“:

§ 183

Chrirtoph trug Christum, — Christui trug die ganze Welt. Slg’, wo het: Christoph — Dann]: hin den Fuß gut—,elle?

§ 184

Cbfistopbunu C1m‘num. mi Clm'mu mmlir orbm: Conxrinn‘t pedibu: die nix“ Cbriuaphmun’

§ 185

Wenn ich nun nach etwa dreißig}ährigflr Fernhn.ltung wieder an das Rätsel der Suggßüon heramrete, finde ich, daß sich nichts daran geändert hat. Von einer einzigen Ausnahme, die eben den Einfluß der P!ychoa.mlyse bezequ darf ich ja bei dieser Behauptung zhsehen. Ich sehe, daß man sich besonders darum bemüht, den Begrifi der Suggar.ion korrekt zu formulieren, also den Gehth des Namens konventinnel.l festzulegen", und die; ist nicht iiheri1iisiig, denn das Wort geht einer immer weiteren Verwendung mit nufgelockerter Bedeutung entgegen und wird held jede Beliebige Beeinflussung bezeichnen wie im Englischen, wo „to mggext, Juggexlion“ unserem „Nahelegen“, unserer „Anregung“ entspricht. Aber über das Wesen der Suggestibn. das heißt über die Bedingungen, unter denen sich Eceinflustungen ohne zureichende logische Begründung herstellen, het sich eine Aufklärung nicht ergehen. Ich würde mich der Aufgabe nicht entziehen, diese Behauptung durch die Analyae der Literatur dieser letzten dreißig Jahre zu erhärten, flil=in ich unterlasse es, weil mir bekannt ist, daß in meiner Nähe eine ausführliche Untersuchung vorbereitet wird, welche sich chen diese Aufgabe gestellt hat".

§ 186

IS) Konrad Richter. Der deutsche St. Christoph. Berlin x895. Am Germania v, :.

§ 187

„> So McDougnll im „m.-m uf Neurology md Prychopathology", Vol. 1. No. x. M., mm: A neue on ruggenion.

§ 188

xl!) [Zaun ,9:41.— Dim Arbeit in am leider nicht iu— runde gekommen.

§ 189

Freud. mmunn. Behrmen w

§ 190

§ 191

174 Mmenpxycbnlagie

§ 192

Außer dem werde ich den Versuch machen, zur Aufklärung der Massenpsycholngie den Begrii der Libidn zu verwenden, der uns im Studium der Psychoneuroaen so gute Dienste geleistet hat.

§ 193

Libido in ein Ausdruck aus der Aflektivitätslehre. Wir heißen so die als quantitative Größe betrachtete — wenn auch derzeit nicht meßbare — Energie solcher Triebe, welche mit all dem zu um haben, was man als Liebe zusammenfassen kann Den Kern des von uns Liebe Geheißenen bildet natürlich, war man gemeinhin Liebe nennt und was die Dichter beeingen, die Geschlechtsliebe mit dem Ziel der geschlechdichen Vereinigung. Aber wir trennen davon nicht ab, was auch nur: an dem Namen Liebe Anteil hat, einerseiu die Selbstliebe, anderseits die Eltern- und Kindesliebe, die Freundschaft und die allgemeine Menschenliebe, auch nicht die Hingebung an konkrete Gegenstände und an abstrakte Ideen. Unsere Rechtfertigung liegt darin, daß die psychoanalytüche Untersuchung uns gelehrt hat, alle diese 5trebungen seien der Ausdruck der nämlichen Triebregungem die zwischen den Geschlechtern zur gesehlechtlichen Vereinigung hindrängen, in anderen Verhältnisren zwar von dietern sexuellen Ziel abgedrängt oder in der Erreichung de!selben aufgehalten werden. dnbei aber doch immer genug von ihrem ursprünglichen Wesen bewahren. um ihre Identität kenntlich zu erhalten (Selbstaufopferung, Streben nach Annäherung).

§ 194

Wir meinen also, daß die Sprache mit dem Wort „Liebe“ in seinen vielfilngen Anwendungen eine durchaus berechtigte Zusammenfmung guchalfen hat, und daß wir nichts Besseres tun können, als dieselbe auch unseren wissenschaftlichen Erörterungen und Derltellungen zugrunde zu legen. Durch dielen Enunhluß hat die Psychoanalyse einen Sturm von Enu-iietung entfesselt, als ob sie sich einer frevelhaften

§ 195

§ 196

und [tb-My:: 175

§ 197

Neuerung schuldig gemacht hätte. Und doch het die Wahnanalyse mit dient „erweinmen“ Auffassung der Lieli‘e nicht! 0riginelles gexclnfien. Der „Eros“ der Philcwpheu P'Ieto zeigt in ieiner Herkunft, La'flung und Beziehung Zur Geschlechtrliebe eine vollknrnmene Deckung mit der hehe!— kraft, der Libido der Psychoanllyee, wie Na 0 h m a n s a h n und Pfister im Einzelnen dargelegt haben“, und wenn der Apostel Paul\u in dem berühmten Brief nn‘die Knrinther dieLiebe überalletanderepreint. hataaiegzflißim nimlichen „erweitenen“ Sinn verna.ndm', woran. nur zu lernen ist, daß die Menschen ihre großen Denke: nicht immer man nehmen, auch wenn gie sie angeblich ich: bewundern.

§ 198

Dieee Liebeelxiebe werden nun in dee Psychnmnly‘se ' a pouinri und von ihrer Huknnft leer Sexullrriebe geiieißm'. Die Mehrzahl der „Gehildewn“ hat diese Nameng'eblmg'dlß Beleidigung empfunden und nich für sie gerät.ht, indem“ sie der Psychoanalyse den Vnrwurf der ,.Pannxualimus" entgegenschleudzne. Wer die Sexualiwät für etwas die mensch— liche Natur Besclfimendel und Emindrigendec hält, dem steht es ja frei, sich der vornehmcren Ausdrücke Eros und Erotik zu bedienen. Ich hätte er auch selbst von Anfang an so tun können und hätte mir dadurch viel Widerrpruch erspart. Aber ich noch“ er night, denn ich vermeide gern Konzeßionen an die Sehwachmiitigkeit.‘ Man kann nicht wissen, wohin man auf diemn Wege gerät; man gibt ment in Worten nach und dann allmihfich auch in der Suche. Ich kann nicht finden, daß irgend ein Verdienst daran in, Sich der Sexualität zu schienen; da: griechiuche Wort Ems, da; den

§ 199

15) Nachmansohn. Freud; Libidotheorie verglich m mit der

§ 200

Ernilehre Plata. lntem. Zeitschr. !. P-yehomlpe, m, 1915; Pfister, ebd. vu, „u.

§ 201

„) „Wenn ieh mit Mmedum und „n Engelznn5en redete.

§ 202

und im der Liebe nicht. so wire ich ein tönend m rider eine klingende Schelle," n. s.

§ 203

m

§ 204

§ 205

376 Mmmpryebnlogie

§ 206

Sehimpflindernfloll.indochlchließlighnichuanderernls die Überlegung unleree deuuehen Worten liebe, und endlich, wer wenn kenn, braucht lm'ne Kannssinnen zu man-hen.

§ 207

Wirwadenuilmmicdeerusuetzungvullmhemdaß Liehelbeziehungen (indiflerenr auegedrüekr: Gefühlrbindunsen) auch des Waen der Masmueele nulmachen. Erinnern wir un; daran, daß von „Lärm bei den Aumren nicht die Rede in. Was ihnen enxgprechen würde, ist offenbar hinrer dem Schirm. der lpanischen Wand. der Suggenirm verBergen. Auf zwei flüchtig: Gedanken stützen wir zunächst unlese Erwartung. Ermm, daß die Maße oflenhar durch irgend eine Macht znummengehalren wird. Welcher Macht könnummflbtrdielel.eistungeherzmchreihennlsdem Eros, der Allee inder Welt mammmhr'ilr? Zweirenx, daß man den Eindruck _pfiingt, wenn der Einzelne in der Muse seine Eigenart aufgibt und sich von den Anderen luggerieren läßt, ermees,veildnßediirfniabeiihmbumhgeherimläinmehmenmieihnmnleim6egenntzmihnenzuxin,alse vielleicht doch „ihnen zulie ".

§ 208

V Zwei küurtlr'dle Massen: Kirche und Heer

§ 209

Au: der Morphologie der Maßen rufen wir um in: Gedächrnis, daß man—uhr verschiedene Arten von Magen und gegensirzliehe Richtungen in ihrer Ausbildung unberuheiden kann Es gibt sehr flüchtig: Maßen und höchn dauerhafte; homogene, die aus gleichartiger: Individuen been-hem und nicht homogene; natürliche Masten und künrdiche, die zu ihrem Zummenhalr auch dnen äußeren Zwang erfordern; primirive Maßen und gegliederte, hoch organisierte. Aus Gründen aber, in welche die Einrichr noch verhiillr ist,

§ 210

§ 211

376 Mmmpryebnlogie

§ 212

Sehimpflindernfloll.indochlchließlighnichuanderernls die Überlegung unleree deuuehen Worten liebe, und endlich, wer wenn kenn, braucht lm'ne Kannssinnen zu man-hen.

§ 213

Wirwadenuilmmicdeerusuetzungvullmhemdaß Liehelbeziehungen (indiflerenr auegedrüekr: Gefühlrbindunsen) auch des Waen der Masmueele nulmachen. Erinnern wir un; daran, daß von „Lärm bei den Aumren nicht die Rede in. Was ihnen enxgprechen würde, ist offenbar hinrer dem Schirm. der lpanischen Wand. der Suggenirm verBergen. Auf zwei flüchtig: Gedanken stützen wir zunächst unlese Erwartung. Ermm, daß die Maße oflenhar durch irgend eine Macht znummengehalren wird. Welcher Macht könnummflbtrdielel.eistungeherzmchreihennlsdem Eros, der Allee inder Welt mammmhr'ilr? Zweirenx, daß man den Eindruck _pfiingt, wenn der Einzelne in der Muse seine Eigenart aufgibt und sich von den Anderen luggerieren läßt, ermees,veildnßediirfniabeiihmbumhgeherimläinmehmenmieihnmnleim6egenntzmihnenzuxin,alse vielleicht doch „ihnen zulie ".

§ 214

V Zwei küurtlr'dle Massen: Kirche und Heer

§ 215

Au: der Morphologie der Maßen rufen wir um in: Gedächrnis, daß man—uhr verschiedene Arten von Magen und gegensirzliehe Richtungen in ihrer Ausbildung unberuheiden kann Es gibt sehr flüchtig: Maßen und höchn dauerhafte; homogene, die aus gleichartiger: Individuen been-hem und nicht homogene; natürliche Masten und künrdiche, die zu ihrem Zummenhalr auch dnen äußeren Zwang erfordern; primirive Maßen und gegliederte, hoch organisierte. Aus Gründen aber, in welche die Einrichr noch verhiillr ist,

§ 216

§ 217

und ch„.1,„ 177

§ 218

möchten wir auf eine Unterscheidung besonderen Wert legen, die bei den Autoren eher zu wenig bach!et wird; ich mine die von führerlosen Massen und von solchen mit Führen. Und recht im Gegensatz zur gewohnten Übung soll unsere Untersuchung nicht eine relativ einfache Massenhildung zum Ausgangspunkt wählen, sondern an hoch organisierten, dauerhaften, künstlichen Massen beginnen. Die interessantesten Beispiele solcher Gebilde sind die Kirche, die Gemeinschaft der Gläubigen. und die Armee, das Heer.

§ 219

Kirche und Heer sind künstliche Massen, das heißt ee wird ein gewisser äußerer Zwang nufgewendet, um lie vor der Auflösung zu bewahren“ und Veränderungen in ihrer Struktur hinta.nzuhalten. Man wird in der Regel nicht be fragt oder es wird einem nicht freigestellt, ob man in eine solche Masse eintreten will; der Versuch des Aurtritter wird gewöhnlich verfolgt oder strenge bestraft oder ist an ganz bestimmte Bedingungen geknüpft. Warum diene Vergesellschaftungen so besonderer Sicherungen bedürfen, liegt unserem Interesse gegenwärtig ganz ferne. Uns zieht nur der eine Umstand an, daß man in diesen hochorganirienen, in solcher Weise vor dem Zerfall geschützten Messen mit großer Deutlicbkeit gewisse Verhältnisse erkennt, die anderswo weit mehr verdeckt sind.

§ 220

In der Kirche — wir können mit Vorteil die katholische Kirche zum Muster nehmen —- gilt wie im Heer, so ver—, schieden beide sonst sein mögen, die nämlich: Vorspiegelung (Illusion), daß ein Oberhaupt da ist — in der katholischen Kirche Christus, in der Armee der Feldherr, — das alle Einzelnen der Masse mit der gleichen Liebe liebt. An dieser Ilhuion hängt alles; ließe nun sie fallen, so zerfielen sofort,

§ 221

“) Die Eigenschaften „rubil" und „kinnlieh“ scheinen bei den Masten zuranunenzuhllen oder wenigxtene intim zusammenzuhängen.

§ 222

§ 223

178 ' Hmmp:yebolngie

§ 224

«weit der äußere lung er gene-neue; Kirche wie Heer. Von Chriltlll wird dia: gleiche liebe mdrücklich anxgeugt: Was ihr getan habt einem unter diesen meinen prian Brüdern, deshabeihrmirgmn.lirttehlzudenliinzelnender gliiubigeu Muse im Verhilmi: einer gün'geu ill=ren Bruders, in: ihnen ein Vetermerz. Alle Anforderungen an die Einzelnen leiten lieb von diese: Liebe Clariuiab. Fin demokrntiqcher Zugsdrtdurcbdieliirrhe,ehenweilvor€hrinusalle gleich sind, Alle den gleiehen Anteil in reiner Liebe haben. Nidit ohne tiefen Grund wird die Gleichznigkeit der chris!lichen Gemeinde mit dner Familie heraufheschwareu und nennen rich die Gläubigen Brüder in Gin-im, da: brißt Brüder durch die Liebe, die Cini-m für sie hat. FJ ist nicht zu bezweifeln, daß die Bindung jeden Einzelnen an Christus auch die Urn-che ihrer Bindung untereinander ist. Ähnliches gilt fiir der Heer; der Feldh=rr ist der Vurer, der alle seine Soldaten gleich liebt, und darum rind sie Kameraden untereinander. Das Heer unuermheidet eich strukturell von der Kirche darin. daß es an: einem Stufmlnu von solchen Maßen besteht. Jeder Hauptmann in: gleichem! der Feldberr und Vnucr seiner Abteilung. jeder Unteroffizier der seiner Zuges. Eine ähnliche Hiernrcbie ist zwar euch in der Kirche äusgebilder, spielt aber in ihr nicht dieselbe ökonomische Rolle, da man Christin mehr Weinen und Bekilmmern um die Einzelnen zusebreiben darf als dem menschlichen Feldberru. Gegen diese Auffaunng der lihidinöuen Struktur einer Armee wird nun mit Recht einwenden, dnß die Ideen des erlnnda, des nnrianzlen Ruhm und andere, die fiir den Zusammenhalt der'Ar-mee so hedeumm sind, hier keine Stelle gefunden haben. Die Antwort darauf lautet, dies sei ein anderer, nicht mehr so einfacher Fall von Mmbindnng, und wie die Beispiele großer Heerfillirer, Cesar, Wellen:oein, Nepoleen, zeigen, rind lnlebe Ideen für den Bemnd

§ 225

§ 226

md ch-Analyu „,

§ 227

einer Armee nicht unentbehrlich. Von dem möglichen Brian des Führers durch eine führende Idee und den Beziehungen zwischen beiden wird später kurz die Rede sein. Die Vernnnhl‘issigung dieses libidinösen Fakten in der Armee, aueh dann, wenn er nicht der einzig wirksume ist, n:heint nicht nur ein theoretischer Mage], sondern euch eine praktilcllt Gefahr. Der preußische Militarirmux, der ebenso unpeychologisch war wie die deutsche Wissenschaft, hat dies vielleicht im großen Weltkrieg erfuhren miiscn. Die Kriegsneurmen, welehe die deußcl1e Armee zersetzten, sind in großeuteih als Protest des Einzelnen gegen die ihm in da Armee zugernutete Rolle «kann! werden, und nach den Mitteilungen von E. Sinn-nel” darf mm behaupten, daß die fieblme Behandlung den gemeinen Mann durch „seine Vorgesetzten ebennn unter den Motiven der Erkrankung «und. Bei besserer Würdigung dieces übidonnsprtmhes kämen vehescheinlich die phzntasti.tchen Venprrednmgen der 14 Punkte des amflikmixchen Präsidenten nicht so leicht Glauben ge— funden und das großartige Instrument wäre den deuuchen Kriegskiinstlern nicht in der Hand zerbrochen.

§ 228

Merken wir an, daß in dienen beiden künstlichen Masten jeder Einzelne ein:rseitu aus den Führer (Chrimu, Feldberrn), anderseits an die anderen Maseenindividuen libridiuöe gebun— den ist. Wie sich diese beiden Bindungen zueinander verhalten, ob sie gleichartig nnd gleichwertig rind nnd wie nie psychologisch zu beschreiben wären, das» miilseu wir einer syäteren Untersuchung vvrbelulten. Wir getrnuen un: aber jetzt schon eines leisen Vorwurfeu gegen die Autoren, daß sie die Bedeutung des Führers fiir die Psychologie der Masse nicht genügend gewürdigt haben, wärend uns die Wahl der ernten Untersuchungsobjekts in eine gänm'gert Lage gebracht het.

§ 229

n) Krieglneumen und „nimm:- Tnuml“, Milnelren rgrl.

§ 230

§ 231

180 Marmplyebolagiz

§ 232

Es will uns scheinen, als befinden wir uns auf dem richtigen Weg, der die Hauptezscheinuug der Massenpsychologie, die Unfreiheit des Einzelnen in der Maße, aufklären kann. Wenn für jeden Einzelnen eine so ausgiebige Gefühlshindung nach zwei Richtungen besucht, so wird er uns nicht Achwer werden, aus diesem Verhältnis die beobachtete Veränderung und Einschränkung reinra Pcrs&nlichkeit abzuleiten.

§ 233

Einen Wink ehendahin, das Wesen einer Masse bestehe in dm in ihr vorhandenen lihidinösen Bindungen, erhalten wir auch in dem Phänomen der Panik, welches am besten an militärisehen Massen zu studieren ist. Eine Panik entsteht, wenn eine solche Masse sich uncut. Ihr Charakter ist, daß kein Befehl der Vorgesetzten mehr angehört wird, und daß jeder für sich selbst wrgt ohne Rücksicht auf die anderen, Die gegenseitigen Bindungen haben aufgehört und eine riesengroße, sinnlose Angst wird frei. Natürlich wird auch hier wieder der Einwand nnheliegen, el sei vielmehr umgekehrt, indem die Angst so groß gewachsen sei, daß sie sich über alle Riekriduen und Bindungen hinaussctzen konnte. Mc Dougnll hat zugu- (S. 14) den Fall der Panik (allerdings der nicht militärischen) als Musterbeispiel für die von ihm betonte Afiektsteigerung durch Ansteckung (primary induetinn) verwertet. Allein diese rationelle Erkßrungsweise geht hier doch gnnz fehl. Es steht eben zur Erklärung, warum die Angst so riesengroß geworden ist. Die Größe der Gefahr kann nicht hetchuldigt werden, denn dieselbe Armee, die jetzt der Panik verfällt, kann ähnlich große und größere Gefahren tadellos bestanden haben, und er gehört geradezu zum Wesen der Panik, daß sie nicht im Verhältnis zur drohenden Gefahr steht, oft bei den nichtig-een Anlässen anshricht. Wenn der Einzelne in panischer Angrt fiir sich ,telbst zu sorgen unternime so hezeuge er damit die Einsicht, daß die alektiven Bindungen aufgehört haben, die bis dahin

§ 234

§ 235

„..; 1:;»,4„.1,„ =“

§ 236

die Gefahr für ihn hernhsetzten. Nun, da er der Gefahr allein entgegensteht, darf er sie allerdings höher einschätzen. Es verth sich also so, daß die panbche Angrt die Lockerung in der lihidinösen Struktur der Masse voraussetzt und in berechtigter Weise auf sie reagiert, nicht umgekehrt, daß die Libidobindungen der Masse in der Angst vor der Gefahr zugrunde gegangen wären.

§ 237

Mit dienen Bemerkungen wird der Behauptung. daß die Angst in der Masse durch Indukeirm (Ansteckung) ins Ungeheure wachne, keineswegs widersprochen. Die Mc D ougall— sche Auffassung ist durchaus zutreßeud fiir den Full, daß die Gefahr eine reul große ist und daß in der Muse keine mrkeu Gefühlshiudungen bestehen, Bedingungen, die verwirklicht werden, wenn zum Beispiel in einem Theater oder Vergnügungslokz.l Feuer aushricht. Der lehrreiche und für unsere Zwecke verwertete Fall ist der oben erwähnte, daß ein Heereskörper in Panik gerät, wenn die Gefahr nicht über das gewohnte und oftmals gut vertragene Maß hinaus gesteigert ist. Mzn wird nicht erwnm dürfen, daß der Gebrauch der Vom: „Panik“ Scherf und eindeutig bestimmt sei. Manchmal bezeichnet man 50 jede Manga, andere Male auch die Angn einer Einzelnen, wenn nie über jedes Maß hinausgeht, häufig leheint der Nun—ne fiir den Fall reserviert, daß der Anptauehrueh durch den Anlaß nicht gerechtfertigt wird. Nehmen wir die Wert „Panik" im Sinne der Massenangrt, so können wir eine weitgehende Analngie behaupten. Die Angst des Individuums wird hervnrgerufen entweder durch die Größe der Gefahr oder durch des Auf— lassen von Gefühlshindungen (Libidoheselzuugen); der ietzu:ere Fall ist der der neurotischm Angst". Ehen» entsteht die Panik durch die Steigerung der alle betrefienden Gefahr oder

§ 238

13) 5. „Vorlesungen zur Einfühnnug in die Prychoenniyre." XXV. Vnrl=ung.

§ 239

§ 240

181 ' ' Murrnpxyebulogie

§ 241

durch das Aufhöreu der die Music zunmmenllaltenden Gefühllbincllmgen, und dieser lem: Fall ine der neurotischen Angn analog. (Vgl. hiezu den gedenkmreichen, etwas phan!ast‘lscl1en Aufsm von Béla v. Felezeghy: Panik und Pmkomplel, „Image“, VI, 19m.)

§ 242

Wenn man die‘Punik wie Me Dougull (L e.) als eine der deutlichlteu Leistungen der „group mind“ beschreibt, gekngt man zum Puedoxun, daß eich diese Massenseele in einer ihrer nuff'ailligsteu Äußerungen selbst aufhebt. Ei ist kein Zweifel möglich, daß die Panik die Zersetzung der Masse bedeutet, sie hat das Auihören aller Rücksichten zur Folge, welche sonst die Einzelnen der Muse für einander zeigen.

§ 243

Der typische Anlaß fiir den Ambruch einer Panik ist so ähnlich, wie er in der Nestroysehen Parodie des Hebbelscheu Drama von Judith und Holofernes dargestellt wird. Da schreit ein Krieger: „Der Feldherr hat den Kopf verloren“. und darauf ergreifen alle Assyrer die Flucht. Der Verlust des Führer: in irgmd einem Sinne, das Irrewerden an ihm, bringt die Panik bei gleichbleibender Gefahr zum Ausbruch; mit der Bindung in den Führer schwinden — in der Regel - auch die gegenseitigen Bindungen der Massenindividuen. Die Masse zersuiehr wie ein Bologneser Fläschchen, dem man die Spitze abgebrochen hat.

§ 244

Die Zerretzung einer religiösen Maße ist nicht so leicht zu heubncheen. Vor kurzem geriet mir ein von katholischer Seite stammenden vom Bischof von London empfohlener englischer Roman in die Hand mit dem Titel: „When it war dark“, der eine solche Möglichkeit und ihre Folgen in gerchickeer und, wie ich meine, zutreßender Weise ausmalze. Der quiu erzählt, wie aus der Gegenwart, daß es einer Verecl1wöru.ug von Fe'mden der Person Christi und der christlichen Glaubens gelingt, eine Grabkammer in Jerusalem

§ 245

euffinden zu lauen. in deren Inschrift Josef von Arimathia

§ 246

§ 247

„mi [eb-Amtler , n,

§ 248

bekennt, daß er aus Gründen der Pielit den Ixichnam Christi am dritten Tag nach seiner Beisetzung heimlich au: eeinem Grabe entfernt und hier hemmt hehe. Damit int die Auferstehung Christi und seine göttliche Natur abgetau und die Folge cih-ser archäologischen Euedeckung ist eine Erschiitterung der europäischen Kultur und eine außerordentliche Zunahme aller Gewalttaten und Verbrechen, die erst sr.hwindet, nachdem du Komplett der Pähcher enthüllt werden kann. Was bei der hier angennmmenen Zersetzung der religiösen Masse zum Vorsdzein kommt1 ist nicht Angst, für welche der Anlaß fehlt, sondern rüeksichtslnse und feiudselige Impulse gegen andere Personen, die sich bis dahin dank der gleichen Liebe Christi nicht äußern konnten“. Außerhalb dieser Bin— dung stehen aber auch während des Reiches Chr'uti jene Individuen, die nicht zur Glaubensgemeinsehaft gehören, die ihn nicht lieben und die er nicht liebt; darum muß eine Religion, auch wenn sie sich die Religion der Liebe heißt, hart und lieblos gegen diejenigen sein, die ihr nicht angehören. Im Grunde ist ja jede Religion eine mlche Religion der Liebe für alle, die sie umfaßt, und jeder liege Grausa.mkeit und Intoleranz gegen die nicht dazugehörigen uahe. Man darf, so lehnt es einem auch persönlich fällt, den Gläubigen daraus kämen zu argen Vor— Wurf machen; Ungläuhige und lndificreute leihen u in diesem Punkte psychologisch urn eo viel ldelner. Wenn diene Intoleranz sich heim: nicht mehr an gewalnizig und grauea.n1 kundgiht wie in früheren Jahrhunderten, so wird man daraus kaum auf eine Milderung in den Sitten der Menschen schließen dürfen. Weit eher ist die Ursache davon in der unleugharen Abschwächung der religiölen Gefühle und der

§ 249

„) Vergleiche hitzu die Erklärung ihnlieher Phiinnmzne nach dem Wegfall der lande:vieerlichen Aueuriuflt bei P. Federn. Die vater-IM: Guellicha.ft, Wien. 191,.

§ 250

§ 251

m Musmprycbnlogie

§ 252

von ihnen abhängigen libidinösen Bindungen zu suchen. Wenn eine andere Massmbindung an die Stelle der religiösen tritt, wie es jetzt der sozialistischen zu gelingen scheint, so wird sich dieselbe Inwleruz gegen die Außenstehenden er— geben wie im Zeimluer der Religionskämpfe, und wenn die Difierenzen wissenschaftlieher Anschauungen je eine ähnliche Bedeutung für die Massen gewinnen könnten, würde sich dieselbe Raultat auch fiir diese Mntivierung wiederholen.

§ 253

VI Weitere Aufgaben und Arbeitsridliungen

§ 254

Wir haben bisher zwei artifizielle Massen untersucht und gefunden, daß sie von zweierlei Gefühlsbindungen beherrscht werden, von denen die eine an den Führer — wenigstens für sie — bestimmender zu sein scheint als die andere, die der Massenindividuen aneinander.

§ 255

Nun gäbe es in der Morphologie der Massen noch viel zu untersuchen und zu beschreiben. Man hätte von der Fest< stellung auszugehen, daß eine bloße Menschmmenge noch keine Masse ist, solange sich jene Bindungen in ihr nicht hergestellt haben, hätte aber das Zugestiindnis zu machen, daß in einer beliebigen Mmchmmenge sehr leicht die Tendenz zur Bildung einer psychologischen Masse hervorrritt. Man müßte den venchiedemmigen, mehr oder minder beständigen Massen, die spontan zumnde kommen, Aufmerksamkeit schenken, die Bedingungen ihrer Entstehung und ihres Zerfall: studieren. Vor allem würde uns der Unterschied zwischen Massen, die einen Führer haben, und führerlnsen Massen beschäftigen. Ob nicht die Massen rnit Führer die unpriinglicheren und vollniindigeren sind, ob in den anderen der Führer nicht durch eine Idee, ein Absmktum ersetzt

§ 256

§ 257

m Musmprycbnlogie

§ 258

von ihnen abhängigen libidinösen Bindungen zu suchen. Wenn eine andere Massmbindung an die Stelle der religiösen tritt, wie es jetzt der sozialistischen zu gelingen scheint, so wird sich dieselbe Inwleruz gegen die Außenstehenden er— geben wie im Zeimluer der Religionskämpfe, und wenn die Difierenzen wissenschaftlieher Anschauungen je eine ähnliche Bedeutung für die Massen gewinnen könnten, würde sich dieselbe Raultat auch fiir diese Mntivierung wiederholen.

§ 259

VI Weitere Aufgaben und Arbeitsridliungen

§ 260

Wir haben bisher zwei artifizielle Massen untersucht und gefunden, daß sie von zweierlei Gefühlsbindungen beherrscht werden, von denen die eine an den Führer — wenigstens für sie — bestimmender zu sein scheint als die andere, die der Massenindividuen aneinander.

§ 261

Nun gäbe es in der Morphologie der Massen noch viel zu untersuchen und zu beschreiben. Man hätte von der Fest< stellung auszugehen, daß eine bloße Menschmmenge noch keine Masse ist, solange sich jene Bindungen in ihr nicht hergestellt haben, hätte aber das Zugestiindnis zu machen, daß in einer beliebigen Mmchmmenge sehr leicht die Tendenz zur Bildung einer psychologischen Masse hervorrritt. Man müßte den venchiedemmigen, mehr oder minder beständigen Massen, die spontan zumnde kommen, Aufmerksamkeit schenken, die Bedingungen ihrer Entstehung und ihres Zerfall: studieren. Vor allem würde uns der Unterschied zwischen Massen, die einen Führer haben, und führerlnsen Massen beschäftigen. Ob nicht die Massen rnit Führer die unpriinglicheren und vollniindigeren sind, ob in den anderen der Führer nicht durch eine Idee, ein Absmktum ersetzt

§ 262

§ 263

und Il.‘bn4ndlyle 185

§ 264

sein kun, wozu je schon die religiösen Massen mit ihrem unaufzeigluren Oberhaupt die Überleitung Bilden. ob nicht eine gemeiniarne Tendenz, ein Wunsch. an dem eine Vielheit Anteil nehmen kann, den nimlichen Ersatz leistet. Dieses Abstrakte könnte sich wiederum mehr oder weniger voll— kommen in der Person eine: gleichsam sekundären Führen verkörpern, und aus der Beziehung zwischen Idee und Führer ergähen sich interenante Wunigfaln'gkeiten. Der Führer oder die führende Idee könnten auch sozusagen negativ werden; der Haß gegen eine bestimmte Person oder Institution könnte ebenso einigem! wirken und ähnliche Gefühlsbindungen hervorrufen wie die positive Anhängh'chkeit. Es ing: sich dann auch, ab der Führer für das Wesen der Maße wirklich unerläßlich ist und anderes mehr.

§ 265

Aber all diese Fragen, die zum Teil auch in der literatur der Massenpsychologie behandelt sein mögen. werden nicht imstande sein, unser Interesse von den psychologischen Grundprabl=men abzuleuken. die uns in der Struktur einer Masse geboten werden. Wir werden zunächst von einer Uberlegung gefesselt, die uns auf dem kürzesten Weg den Nachweis verspricht1 daß es Libidobindungen sind, welche eine Masse charakterisieren.

§ 266

Wir halten uns vor, wie sich die Menschen im allgenm'nen affean zueinander verhalten. Nach dem berühmten Schopenhauerschen Gleichnis von den frierenden Stachelschweinen verträgt keiner eine allzu intime Annähe— rung des anderen".

§ 267

fly) „Eine Gesellschaft Stachelsehweine drängne sich an einem kalten Wintertnge recht nahe 1uummm. um durch an gegenseitige Wärme ,id. ver dem Erfrieren zu nehiitzen. jedoch bald empfinden sie die gegenseitigen 5mcheln, welches rie dmn wieder von— einander mtfemte. Wenn nun da Bedürfnis der Erwärmung sie wieder näher zummmenhnchtc, wieda-halte sich im:-.: zweite Übel, m dxß sie zwischen beidm Leiden bin- und hergeworfen

§ 268

§ 269

186 Mu:enpiyebulogie

§ 270

Nech dem Zeupis der Psychonneiyee enthält fait jedes intime Gefühlrverhilmis zwischen zwei Personen von längerer Dauer — Ehebenichung. Freundschaft, Eleem- und Kindschaft" — einen Bodensetz von ablehnenden, ieindseligen Gefühlen. der nur infolge von Verdrängung der Wahr— nehmung entgeht. Unverhiillecr ist ei, wenn jeder Kompaguon mit seinem Geselliehafter baden, jeder Unzergebene gegen seinen Vorgeeetzten murrt. Dasselbe gelehiehe dann, wenn die Menxehen zu größeren Einheiten zunmmentreeen. Jedesmzl, wenn sich zwei Familien durch eine Eheschließung verbinden, h'a'le sich jede von ihnen für die bessere oder vornehmen md Kosten der anderen. Von zwei benachbarten Städten wird jede zur mißgiinrtigen Konkurrentin der anderen; jedes Kanrönli siehe geringschäezig auf das andere herab. Nichst verwandte Völkerstämme stoßen einander ab, der Süddeutsche mag den Norddeutschen nicht leiden, der Engländer vage dem Schatten alle: Böse nech, der Spanier verachtet den Portugiesen. Daß bei größeren Differenzen rich eine schwer zu überwindende Abneigung ergibt, des Galliers gegen den Germanen, des Ariers gegen den Semiren. den Weißen gegen den Farbigen, hat eufgehört. uns zu verwundem.

§ 271

Wenn dein die Peindreliglreit gegm som: geliebte Personen richtet, bezeichnen wir er als Gefühlsambivzlenz und erklären uns diesen Fall in sicherlich allzu rationeller Weise durch die vielfachen Anläise zu Interessenkonflikten, die rich gerade in so intimen Beziehungen ergeben. In den unverhüllt hervor

§ 272

wurd-, bis lie eine mäßige Entfernung hernnrgefilnden hmm, in du- sie ee „. herren aushalten kannten.“ (km;. und Paulipumenn, n. Teil, xxxz. Gleichnine und Pnnbeln.)

§ 273

ze) Vielleicht mit einziger Ausnuhme der Beziehung der Mutter zum Sohn. die, auf Nmißmu. gegründet, durch |päzere mann „ich: gewiß und durch einen Anni: zur sexuellen Objelmvahl vernirkr wird. —

§ 274

§ 275

und [eb-Auler "7

§ 276

uerenden Abneigungen und Abnoßnngm gegen mhe« stehende Fremde können wir den Au!de ciner Sellxrliehe, eines Nzrlißmui, erkennen. der ,eine Selbstbehzuprung nnstrebt und sich 10 benimmr, ah ob du Vorkommen einer Abweichung von reinen individuellen Ambildungen eine Kritik derselben und eine Aufforderung, n'e umzugesulfim, mit sich brichce. Warum sich eine so große Empfindlichde gerade auf diese Einzelheiten der Diflerenn'erung geworfen haben sollte, wissen wir nicht; er in eher nnverkennbar, daß sich in diesem Verla.an der Menschen eine Heßbereitmhift, eine Aggrusivirät kundgibf, deren Herkth unbekannt in, und der man einen elemenuren Chunkrer zusprechen möfilnc".

§ 277

Aber all diene Intoleranz nchwindet, zeitweilig oda dauernd, durch die Manenhildung und in der Man-.. Svhnge die Massenbildung lnth oder lowei: nie reicht. benelnnen eich die Individuen. als wären lie gleichförmig, dulden ne die Eigenm der anderen, nella ,ich ihm gleich und verspilren kein Gefühl der Abstoßung gegen ihn. Eine welche Einschränkung der Narzißrnu: kann nach unseren eheoretisehen Anschauungen nur durch da Moment erzeugt werden. durch lihiclinöse Bindung an andere Personen. Die Selhatliehe findet nur an der Fremdliebe, Liebe zu Objekten. eine Schranke“! Mm wird sofort die Frege univerfen. oh nicbe'die Inneressmgemeinschefr. an und für lid! und ohne ieclen libidinllwn Beitrag zur Duldung den indem und zur Rückridnnxlune aufihnfiihrenmuß.lhnvirddhemlänwzndmitdnn Bescheid begegnen, daß |uf „lebe Weine due bleibende Ein—

§ 278

17) In einer kürzlich (19:0) vuölf=n=liebm Sd1rifr ,Jen-ein des lesrprinziys" habe ich vermehg din Palm-iii! vom Lieben und Hessen mit einan ungenomulena Gegensatz um Leben- und Todenricbm zu verknüpfen und die Saudnhbe ll. die Nimm

§ 279

Vertreter der ersteren, der Lebenm-iebe, binzunellen.

§ 280

18) S. Zur Binführuul den Nnrzißmun 1914. (Seite 155 diene! Bundes,)

§ 281

§ 282

m Musenpsycbnlagie

§ 283

sehriinkung des Nmißnaus doch nicht zustande kommt, da diese Toleranz nicht länger anhiile nl! der unmittelbare Vorteil, den man aus der Mitarbeit des anderen zieht. Allein der praktische Wert dieser Streitfrage ist geringer, als man meinen sollte, denn die Erfahrung hat gezeigt, daß sich im Falle der mwbdtemhaft regelmäßig libidinöse Bindungen zwischen den Kameraden hentellen, welche die Beziehung zwischen ihnen über das Vorteilhafte hinaus verlängern und fixieren. Es geschieht in den sozialen Beziehungen der Menschen dasselbe, was der psyehnnnalytischen Forschung in dem Entwicklungsgang der individuellen Libido bekannt geworden ist. Die Libido lehnt sich im die Bäriedigung der großen Lebensbedürinisse an und wählt die daran beteiligten Personen zu ihren ersten Objekten. Und wie beim Einzelnen, so hat auch in der Entwicklung der ganm Menschheit nur die Liebe als Kulturfaktor im Sinne einer Wendung vom Egois» mus zum Altruiemus gewirkt. Und zwar sowohl die geschlechtliche Liebe zum Weihe mit all den aus ihr fließenden Nötigungen, das zu versehenen, was dem Weihe lieb war, als auch die desexualisierte, sublimiert homosexuelle Liebe zum anderen Marine, die sich an die gemeinsame Arbeit knüpfte.

§ 284

Wenn also in der Masse Einschränkungen der narzißtischen Eigenliebe auftreten. die außerhalb derselben nicht wirken, so ist dies ein zwingender Hinweis darauf, daß das Wesen der Massenbildung in neuartigen libidinösen Bindungen der Massenmitglieder aneinander besteht.

§ 285

Nun wird aber unser Interesse dringend fragen, welcher Art dien Bindungen in der Masse sind. In der psychoanalyfischen Neurosenlchre haben wir uns bisher fast ausschließ» lich mit der Bindung solcher I..iebelrriebe an ihre Objekte beschäftigt, die noch direkte Sexuzlziele verfolgen. Um solche Sexualziele kann es sich in der Masse offenbar nicht handeln.

§ 286

§ 287

und ch-Amxlyre 199

§ 288

Wir haben es hier mit Liebestrieben zu tun, die, ohne darum minder energisch zu wirken, doch von ihren urwrünglichen Zielen abgelenkt sind. Nun haben wir bereits im Rahmen der gewöhnlichen sexuellen Objekrhesetzung Erscheinungen hemerkt, die einer Ablenkung des Triebes von seinem Sexualziel entsprechen. Wir haben sie als Grade von Verliehtheit beschrieben und erkannt, daß sie eine gewisse Beeinträchtigung des Ichs mit sich bringen. Diesen Erscheinungen der Verliebtheit werden wir jetzt eingehender: Aufmethamkeit zuwenden, in der begründeten Erwartung, an ihnen Verhältnisse zu finden. die sich auf die Bindungen in den Massen iibertragen lassen. Außerdem möchten wir aber wissen, ob diese Art der Objekthesetzung, wie wir sie aus dem Geschlechtsleben kennen, die einzige Weise der Gefühlshindung an eine andere Person darstellt1 oder ob wir noch andere solche Mechanismen in Betracht zu ziehen haben. Wir erfahren taes‘a'chlich aus der Psychoanalyse, daß es noch andere Mechanismen der Gefühlsbindung gibt, die sogenannten Identifizierungen, ungenügend bekannte, schwer darzustellende Vorgänge, deren Untersuchung uns nun eine

§ 289

gute Weile vom Thema der Massenpsychologie fernhalren wird.

§ 290

VII Die Identifizierung

§ 291

Die Identifizierung ist der Psychoanalyse als früheste Äußerung einer Gefühlshindung an eine andere Person bekannt. Sie spielt in der Vorgeschichte des Udipuskornplexes eine Rolle. Der kleine Knabe legt ein besonderes Interesse für seinen Vetter an den Tag. er möchte so werden und so sein wie er, in allen Stücken an seine Stelle treten. Sagen wir

§ 292

Freud, Thearetilehe Behrilien 19

§ 293

§ 294

und ch-Amxlyre 199

§ 295

Wir haben es hier mit Liebestrieben zu tun, die, ohne darum minder energisch zu wirken, doch von ihren urwrünglichen Zielen abgelenkt sind. Nun haben wir bereits im Rahmen der gewöhnlichen sexuellen Objekrhesetzung Erscheinungen hemerkt, die einer Ablenkung des Triebes von seinem Sexualziel entsprechen. Wir haben sie als Grade von Verliehtheit beschrieben und erkannt, daß sie eine gewisse Beeinträchtigung des Ichs mit sich bringen. Diesen Erscheinungen der Verliebtheit werden wir jetzt eingehender: Aufmethamkeit zuwenden, in der begründeten Erwartung, an ihnen Verhältnisse zu finden. die sich auf die Bindungen in den Massen iibertragen lassen. Außerdem möchten wir aber wissen, ob diese Art der Objekthesetzung, wie wir sie aus dem Geschlechtsleben kennen, die einzige Weise der Gefühlshindung an eine andere Person darstellt1 oder ob wir noch andere solche Mechanismen in Betracht zu ziehen haben. Wir erfahren taes‘a'chlich aus der Psychoanalyse, daß es noch andere Mechanismen der Gefühlsbindung gibt, die sogenannten Identifizierungen, ungenügend bekannte, schwer darzustellende Vorgänge, deren Untersuchung uns nun eine

§ 296

gute Weile vom Thema der Massenpsychologie fernhalren wird.

§ 297

VII Die Identifizierung

§ 298

Die Identifizierung ist der Psychoanalyse als früheste Äußerung einer Gefühlshindung an eine andere Person bekannt. Sie spielt in der Vorgeschichte des Udipuskornplexes eine Rolle. Der kleine Knabe legt ein besonderes Interesse für seinen Vetter an den Tag. er möchte so werden und so sein wie er, in allen Stücken an seine Stelle treten. Sagen wir

§ 299

Freud, Thearetilehe Behrilien 19

§ 300

§ 301

19° Huanpyycbulogie

§ 302

ruhig: er nimmt den Vater zu seinem Ideal. Die: Verhalten lm: nichts mit einer passiven oder femininen Einstellung zum Vater (und zum Manne überhaupt) zu tun, es ist vielmehr exquisit männlich. Es verträgt sich sehr wohl mit dem Üdipuskomplex, den es vorbereitm hilft.

§ 303

Gleichzeitig mit dieser Identifizierung rnit dem Vater, vielleicht sogar vorher, hat der Knabe begonnen, eine richtige Objektbesetznng' der Mutter nach dem Anlehnungstypus vorzunehmen. Er zeigt also dann zwei psychologisch verlchicdene Bindungen, zur Mutter eine glatt sexuelle Objekthesetzung, zum Vater eine vorbildliche Identifizierung. Die beiden bestehen eine Weile nebeneinander, „im gegenseitige Beeinflussung oder Störung. Infolge der unaufhaltsam fortschreitenden Vereinheitlicluung des Seelenlebens treffen sie sich endlich und durch dies Znsarnmenströmen entsteht der normale Udipuskornplex. Der Kleine merkt, daß ihm der Vater bei der Mutter im Wege steht; seine Identifizierung mit dem Vater nimmt jetzt eine feindselige Tönung an und wird mit dem Wunsch identisch, den Vater auch bei der Mutter zu ersclzen. Die Identifizierung ist eben von Anfang an ambivalent, sie kann sich ebenso zum Ausdruck der Zärtlichkeit wie zum Wunsch der Beseitigung wenden. Sie be« nimmt sich wie ein Abkörnmling der ersten 0 r ale in Phase der Uhiduorganisation, in welcher man sich das begehrte und geschätzte Objekt durch Essen einverleiboe und es dabei als solches vernichten. Der Kannibale bleibt bekanntlich auf diesem Standpunkt stehen; m- hat seine Feinde zum Fressen lieb, und er irißs die nicht, die er nicht irgendwie lieb haben kann“.

§ 304

19) 5. „Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie" und nur" rn: „Unmhlmgen über die frühesne prägeniule Entwicklungsstufe der übidn." Intern. Zeitschr. {. Psychoanalyse, [V, ms, auch in denen „Klinische Beiträge zur Psychoanalyse". Wien „„.

§ 305

§ 306

und Irb-Anllyu ' m

§ 307

Das Schicksal dieser Vateridentifizierung verliert man später leicht aus den Augen. Es kann dann getchehen, daß der Udipuxkornplex eine Umkehng erfährt, daß der Vater in femininer Einstellung zum Objekte genommen wird, von dem die direkten Sexualtriebe ihre Befriedigung erwarten. und dann ist die Vateridentifizierung zum Vorläufer der Objektbindung an den Vater geworden. Dasselbe gilt mit den entsprechenden Ersetzungen auch für die kleine Tochter.

§ 308

Es ist leicht, den Unterschied einer solchen Vateridentifizie— rung von einer Vaterohjektwehl in einer erruel auszusprechen. Im ersten Felle ist der Vater das, was man ! ein1 im zweiten das, we: man haben möchte. Es ist also der Unterschied, ob die Bindung am Subjekt oder am Objekt del Ichs mgreift. Die erstere ist darum bereits vor jeder sexuellen Objektwal'il möglich. & ist weit rehwieriger, dien Vertehie< denheit meupsyehologisch michzulich darzustellen. Mm erkennt nur, die Identifizierung strebt danach, du eigene Ich ähnlich zu gestalten wie du andere zum „Vorbild“ genommene.

§ 309

Aus einem verwickelteren Zunmmenlnnge lösen wir die Identifizierung bei einer neurotischen Symptombildung. Das kleine Mädchen, an du wir uns ietzt halten wollen, bekomme dasselbe Leidenssyrnptorn wie seine Mutter, zum Beispiel denselben quälenden Husten. Der kann nun auf verschiedenen Wegen zugeben. Entweder 'm die Identifi'n'erung dierelhe aus dem Udipuskomplex, die ein feindseliges Ersetzenwollen der Mutter bedeutet, und du Symptnm drückt die Objektliebe zum Vater aus; es realisiert die Ersetzung der Mutter unter dem Einfluß des Schuldbewuflereins: Du herr die Mutter sein wollen, jetzt bist du's wenigstens im Leiden. Das ist dann der komplette Mechauirmul der hy!terischen Symptonr bildung. Oder aber das Symptam in desselhe wie der der ge

§ 310

lichten Person (so wie zum Beispiel Der: im „Bruchstüek 10‘

§ 311

§ 312

»! u.„„„,=b„n,u

§ 313

einer Hywerieanalyte“ den Runen der Vatert imiriert); dann könnenwirdeachverbaltnursobudzreibm,die1dentifizierung sei an Stelle der Obiektwahl getreten, die Objektwabi tei zur Identifizie— rung regrediert. Wir haben gehört, daß die Identifizierung die früheste und uraprünglinhsre Form der Gefühlsbindung in; unter den Verbiltniucn der Symptomhildung, also der Vudriugung. und der Herrschaft der Mechanismen

§ 314

' du Unbewnßten kommt er oft vor, daß die Objekrwahl wieder zur Identifizierung wird, alle das [ein die Eigenschaften des Objektee an sich nimmt. Bemerkenswert ist es, daß das Ich bei diem Identifizimmgen das eine Mal die nngeliebte, das andere Mal aber die geliebte Permn knpiert. Es muß uns auch auffallen, daß beide Male die Idenäfiziemng eine partielle. höchst beschan ist. nur einen einzigen Zug von der Objektperson enrlehnt.

§ 315

Es ist ein dritter, bemderr häufiger und bedeutsamer Fall der Symptombildung, daß die Identifizierung vom Objektverliältnis zur kapierren Person ganz absiehr. Wenn zum Bei— spiel einer der Mädchen im Pensinnat einen Brief vom geheim Geliebten bekamen hat. der ihre Eifenvncht erregt, und auf den nie mit einem hyxteritchen Anfall reagiert. so werden einige ihrer Freundinnen, die darum wissen, diesen Anfall übernehmen. wie wir sagen, auf dem Wege der pryehischen Infektion. Der Meehanixmu: ist der der Identifizierung auf Grund des sich in dimelbe hge Veneaenkönnmu oder Ver

§ 316

— letzenvollenl. Die anderen möchten auch ein geheimes Liebesverbältni: haben und akzeptieren unter dem Einfluß des Schuldbewußmeins auch das damit verbundene Leid. Er wäre unriclirig zu bebaupwn, sie eignen nich das Symptom aus Miu gefühl an. Im Gegenteil, das Mitgefühl enmeht erst aus der Identifizierung, und der Beweis hiét’ir ist, daß sich solche Infektion oder Imitaeion auch unter Umständen herseell:,

§ 317

§ 318

md ch«Analyre 193

§ 319

wo noch geringere vorgingige Sympathie zwischen beiden anzunehmen in, als unter Pensionsfreundinnen zu bestehen pflegt. Das eine Ich hat am anderen eine bedeutsame Analogie in einem Punkte wahrgenommen, in unserem Beispiel in der gleichen Gefühlshereitschafr, es bildet sich daraufhin eine Identifizierung in diesem Punkte, und unter dem Einfluß der pathogenen Situation verschiebt sich diese Identifizierung zum Symptom, welches das eine Ich produziert hat. Die Identi— fizierung durch das Symptom wird so zum Anzeichen für eine Deckungsstelle der beiden ich, die verdrängt gehalten werden soll.

§ 320

Das aus diesen drei Quellen Gelernte können wir dahin zusammenfassen, daß erstens die Identifizierung die ursprüng— lichste Form der Gefühlsbindung an ein Objekt ist, zweitem daß sie auf regressivem Wege zum Ersatz für eine libidinöse Objektbindung wird. gleichsam durch lntrojektion des Objekts ins Ich, und daß sie drittens bei jeder neu wahrgenommenen Gemeinsamkeit mit einer Person, die nicht Objekt der Sexualtriebe ist, entstehen kann. Je hcdeutsamer diene Gemeinsamkeit ist, desto erfolgreicher muß diese partielle Identifizierung werden können und so dem Anfang einer neuen Bindung entsprechen.

§ 321

Wir ahnen hereits, daß die gegenseitige Bindung der Massenindividuen von der Natur einer solchen Identifizierung durch eine wichtige afiektive Gemeinsamkeit ist, und können vermuten, diese Gemeinsamkeit liege in der Art der Bindung an den Führer. Eine andere Ahnung kann uns sagen, daß wir weit davon entfernt sind, das Problem der Identifizierung erschöpft zu haben, daß wir vor dem Vorgang stehen, den die Psychologie „Einfiihlung“ heißt, und der den größten Anteil an unserem Verständnis für das Ichfrernde anderer Personen hat. Aber wir wollen uns hier auf die nächsten aflektiven Wirkungen der ldeneifizierung be

§ 322

§ 323

As4 Messenpsycbalagie

§ 324

schränken und auch ihre Bedeutung für unser intellektuelle! Leben beiseite lassen.

§ 325

Die psychoenalytische Forschung, die gelegentlich auch schon die schwierigeren Probleme der Psychosen in Angriff genommen hat, konnte uns auch die Identifizierung in einigen anderen Fällen aufzeigen. die unserem Verständnis nicht ohne weitere: zugänglich sind ich werde zwei dieser Fälle als Stoß fiir unsere weiteren Überlegungen ausführlich behandeln.

§ 326

Die Genese der männlichen Homosexualität ist in einer großen Reihe von Fällen die folgende: Der junge Mann ist ungewöhnlich lange und intensiv im Sinne des Udipuskomplexes an seine Mutter fixiert gewesen. Endlich kommr doch nach vollendeter Pubertät die Zeit, die Mutter gegen ein anderes Sexualnbjekt zu vertauschen. Da geschieht eine plötzliche Wenduhg; der ]üngling verläßt nicht seine Mutter, sondern identifiziert sich mit ihr, er wandelt sich in sie um und sucht jetzt nach Objekten, die ihm sein Ich ersetzen können, die er so lieben und pflegen kam, wie er es von der Mutter erfahren hatte. Dies ist ein häufiger Vorgang. der beliebig oft bestätigt werden kann und natürlich ganz unabhängig von jeder Annahme ist. die man über die organische Triebkraft und die Motive jener plötzlichen Wandlung macht. Auffällig an dieser Identifizierung ist ihre Ausgiehigkeit, sie wandrll: das Ich in einem höd1st wichtigen Stück, im Sexualcbarakter, nach dem Vorbild des bishen'gen Objekts um. Dabei wird das Objekt selbst aufgegeben; oh durnhzus oder nur in dem Sinne, daß es im Unhewußren erhalten bleibt, steht hier außer Diskussion. Die Identifizie— rung mit dem aufgegebenen oder verlorenen Objekt zum Ersatz desselben, die Introjektion dieses Objekts ins Ich, ist für uns allerdings keine Neuheit mehr. Ein solcher Vorgang läßt sich gelegentlich am kleinen Kind unmittelbar bc

§ 327

§ 328

und Ich-Andyxe 135

§ 329

ohachten. Kürzlich wurde in der Intemationalen Zeiuchriit für Psychoanalyse eine solche Beolnehtuug veröfientlid"; daß ein Kind, das unglücklich über den Verlust eines Kitzchenx war, frisehweg erklärte, es sei jetzt Ielbst das Kätzchen, dementsprechend auf allen Vieren hoch, nidtt am Tische essen wollte usw“.

§ 330

Ein anderes Beispiel von solcher Introjektion des Objekts hat uns die Analyse der Melancholie gegeben, welche Aflektion ja den realen oder afiektiven Verlust des geliebten Objekts unter ihre auffälligsten Veranlasmngen zählt. Ein Hauptchamkter dieser Fälle ist die 5rantame Selbstherabsetzung des Ichs in Verbindung mit echouungsloser Selbst— kntik und bitteren Selbnvorwürfen. Analysen haben ergeben. daß diese Einschätzung und diese Vorwürfe im Grunde dem Objekt gelten und die Rache du Ich; in digen: daruellen„ Der Schatten des Objeku ist auf das Ich gefallen., sgte ich an anderer Stelle“. Die Introjekrion des Objekts ist hier von unverkennbarer Deutliehkeit.

§ 331

Diese Melanchon zeigen uns aber noch etwas udcres, was für unsere späteren Betrachtungen wichtig werden kann. Sie zeigen uns das Ich geteilt, in zwei Stücke zerf'a'llt. von denen das eine gegen das andere wütet. Die: andere Stück isr das durch 1ntrojektion veränderte, dal das verlorene Objekt einschließt. Aber auch das Stück, das sich so grausam betätigt, ist uns nicht unbekannt. Es schließt das Gewigsen ein, eine kritische Instanz im Ich, die sich auch in normalen Zeiten dem Ich kritisch gegeniibergenellt hat, nur niemals so unerbittlich und so ungerecht. Wir haben schon bei früheren Anlässen dieAnnelime machen müssen ,(Narzißmun

§ 332

;o) Markuszewinz. Beitrag zum '-uesu'scm Denken bei Kindern. lnuemationnle Zeitschrift fiir Psychoanalqu vr., „„.

§ 333

„> Trauer und Melenclwlie. Sammlung “einer sa„if„ „& Neuroeenlehre. rv. Folge, lg!8.'($eiu „75 diéceu Mel.)

§ 334

§ 335

196 ' )lnnmprycbologz‘e

§ 336

Trauer und Melancholie), dal! sichixiunnermulch eine solche Instanz entwickelt, welche sid! vom anderen Ich abiondern und in Konflikte mit ihm german kann Wir nanan sie das „Iclaideal" und schrieben ihr an Funktionen die Selbstbeobachtung. das moralische Gewissen, die Traumzensur und den Haupteinfluß bei der Verdrängung zu. Mr sagten, sie sei der Erbe des msprüngliclzeu Nanißmus, in dem das kindliche Ich sich selber genügte. Allmihlich nehme sie aus den Einflüssen der Umgebung die Anforderungen auf, die äiese m das Ich stelle, denen dns Ich nicht immer nach“ kommm könne, so daß der Mer-uch, wo er mit seinem Ich selbst nicht zufrieden aein kann, doch reine Belriedigung in dem aus dem Ich differenzierten Ichidnl finden dürfe. Im Beobachmngtwalm, stellten wir ferner fat, werde der Zerfall dieser Instanz offenkundig und dabei ihre Herkunft aus den Einflüssen der Aumritäten, voran der Eltern, aufgedeckt“. Wir haben aber nicht vergessen anzufi'iluen, daß das Maß der Entfernung dieser Ichideals vom aktuellen Ich fürclas einzelne Individuum sehr variabel ist, und daß bei vielen diese Difierenziemng innerhalb des Ich: nicht weiter reiche als beim Kinde. .

§ 337

Elle wir aber diesen Stoß zum Verständnis der libidinösen Organisation einer Malie verwenden können, miiasen wir einige andere Weclnelheziehungen zwischen Objekt und Inn in Betracht ziehen“.

§ 338

„) Zur Einführung du Naaißmus, L e.

§ 339

„) Wir wissen sei.: gut, daß „i.— mit diem] der Pfldzologie entnommenua Beispielen das Wem der Idendfizierun.g nicht erschöpft linken und „mi: un Rätsel der Mauenbildung ein Stück unangeriilzrt lzu=n. Hier müßte eine-viel gründlichen und mehr umfßnende psychologische Analy1e eingreifen. Von der Identifizimng fiihrt ein Weg über die Nachahmung zur man.-„;, da heißt zum Vernändnü des Mechanismul. durch den uns

§ 340

überhaupt eine Stellungnahme zu einen anderen Seelenlcben man; wird. Auch an den Äußerungen einer beruhenden

§ 341

§ 342

und ch-An;lyle zy7

§ 343

VIII Verliebthet't und Hypnose

§ 344

Der Sprachgebrauch bleibt selbst in seinen hunen irgend einer Wirklichkeit treu. So nennt er zwar sehr mannigfallige Gefühlsbeziehungen „Lie ", die auch wir theoretixcb als Liebe zusammenfassen, zweifelt aber dann wieder, ob diese Liebe die eigentliche, richtige, wahre lei, und deutet so auf eine ganze Stufenleiuer von Möglichkeiten innerhalb der Liebesphänomene hin. Es wird uns nach nicht schwer, dieselbe in der Beobachtung aufzufinden.

§ 345

In einer Reihe von Fällen ist die Vetliebtheit nicht! lflr deres als Objekthesetzung von seiten der Semaleriebe zum Zwecke der direkten Sexualbefrledigung, die auch mit der Erreichung dieses Zieles erlischt; des ist das, Wu man die gemeine, sinnliche Liebe heißt. Aber wie bekannt, bleibt die libidinöse Situation reiten so einfach. Die Sicherheit, mit der man auf da: Wiedererwac.hen der eben erloschenen Bedürfnisses rechnen konnte, muß wohl das n'a'cbste Mativ gewesen sein, dem Sexuaiobjekt eine dauernde Betetzung zuzuwenden. es auch in den hegierdefreien Zwischenzeiten zu „lieben“.

§ 346

Aus der sehr merkwürdigen Entwicklungsgeeehiehee des menschlichen Liebesleben: kommt ein zweim- Moment

§ 347

Identifizierung ist noch vieles lufzuklären. Sie hat unter indem die Folge, dal! man die Aare-sinn gegen die Penon, mit der man sich identifiziert hat, einschränkt, sie versehene und ihr Hilfe leistet. Das Studium solcher Identifiziernngeu. wie sie zum Beiv spiel der Clangemeinscblft zugrunde liegen. ers-b Robertxon Smith das überraschende Resultat, daß sie auf der Anerkennung einer gemeinsamen Substanz beruhen (Kimhip und Men-lege. m;), daher auch duch eine gemeinsam genommene Mahlzeit guchnfien werden können. Dieser Zug gestattet es, eine welche Identifizierung mit der von mit in „Tom und Tebn“ hmmuietten Urgesehiehte der menschlichen Familie zu verknüpfen.

§ 348

§ 349

198 Mustenpsyebulogie

§ 350

hinzu. Das Kind hatte in der ersten, mit fünf Jahren meist schon abgeschlossenen Phase in einun Elternteil ein erstes Liebesobiekt gefunden, auf welnh= sich alle seine Befriedigung beiscbenden Sexualtrs'ebe vereinigt Innen. Die dann eintretende Verdrängung erzwang den Verzicht auf die meisten dieser kindlichen Sexualziele und hinterließ eine tiefgxeifende Modifikflrion des Verhältnisec zu den Eltern. Das Kind blieb fetnerhiu un die Eltern gebunden, aber mit Trieben, die mm „zielgehemmge“ nennen muß. Die Gefühle, die es von nun an fiir diese geliebten Personen empfindet, werden als „z‘a‘rtliche" bezeichnet. Es ist bekannt. daß im Unbewußten die früheren „rinnlichcn“ Strebungen mehr oder minder stark erhalten bleiben, so daß die ursprüngliche Vollströmung in gewissem Sinne weiterbesteht“.

§ 351

Mit der Pubertät men bekanntlich neue, sehr intensive Strebungen mich den direkten Sexunlzielen ein. In ungünstigen Fällen bleiben sie als sinnliche Strömung von den {andauernden „zärtlic " Gefühlsrichtungen geschieden. Man hat dann das Bild vor ich, dessen beide Ansichten von gewissen Richtungen der Litentur so gerne idealisiert werden. Der Mann zeigt schwärmcrische Neigungen zu hochgeachteten Fnuen, die ihn aber zum Liebesverkehr nicht reizen, und ist nur patent gegen andere Frauen, die er nicht „liebt“, geringschiitzt oder selbst veruhtet“. Häufiger indes gelingt dem Hermwacbsenden ein gewisses Maß von Synthese der unsinnlichen, himmlischen und der sinnlichen, irdischen Liebe, und ist sein Verhältnis zum Sexualobjekt durch das Zusammenwirken von ungebemmten mit ziel— gehemmten Trieben gekennzeichnet. Nach dem Beitrag der zielgebemmten Zärtlichkeirsm'ehe kann man die Höhe der

§ 352

„) s. Sexualthetm'e 1. c. „) Ober die allgemeinen Fmiedrigung ds Liebesleben» Simmlung. 4. Folge, ms. [Ges. Schriften, Bd. v.]

§ 353

§ 354

und [tb-Analyse 1”

§ 355

Verliebtheit im Gegensatz zum bloß sinnlichen Begehren bemessen.

§ 356

Im Rahmen dieser Verliehdw't ist uns von Anfang an da} Phänomen der Sexualiiberschia‘tzung aufgefallen, die Tatsache, daß das geliebte Objekt eine gewisse Freiheit von der Kritik genießt, daß alle seine Eigenschaften höher eingeschätzt werden als die ungehebter Personen oder als zu einer Zeit, da es nicht geliebt wurde. Bei einigermaßen wirksamer Verdrängung oder Zurückselzung der sinnlichen Strehun< gen kommt die Täuschung zusl=nde, daß das Objekt seiner seelischen Vorzüge wegen euch sinnlich geliebt wird. wäh— rend umgekehrt erst das sinnliche Wohlgefallen ihm diene Vorzüge verliehen haben mag.

§ 357

Das Bestreben, welches hier das Urteil fälth ist das der Idealisierung. Damit ist um aber die Orientierung en leichten; wir erkennen, daß das Objekt so behandelt wird wie das eigene Ich, daß also in der Verliebtth ein größeren Maß nnniiltischer Libido „.; das Objekt überfließt. Bei manchen Formen der Uebeswahl wird es selbst augenf'a'llig, daß das Objekt dazu dient. ein eigenet, nicht erreichtes Ich— ideal zu ersetzen. Man liebt es wegen der Vallkammenheiten, die man für: eigene Ich angestrebt hat und die man sich nun auf diesem Umweg zur Befriedigung seines Narzißmus verschaflen möchte.

§ 358

Nehmen Sexualübersehätzung und Verliebtheit noch weiter zu, so wird die Deutung des Bildes immer unverkenn. barer. Die auf direkte Smalhefriedigung dringenden Strehungen können nun ganz zurückgedriingt werden, wie ee zum Beispiel regelmäßig bei der iehwiirmerischen Liebe des Jünglings geschieht; das Ich wird immer anspruchsloser, be« scheidener. das Objekt immer großartiger, wertvoller; es gelangt schließlich in den Besitz der gesamten Selbsthebe des Iehs, so daß dessen Selbstaufopierung zur natürlichen Kon

§ 359

§ 360

soo Mayrmle/cbnlogin

§ 361

sequenz wird. Das Objekt hat das Ich sozusagen aufgezehrt. Züge von Demut, Einnehrä‘nkung des Narzißmus, Selbstsch'aidigung sind in jedem Fälle von Verliebtth vorhanden; im extremen Falle werden sie nur gesteigert und durch das Zurücktreten der sinnlichen Ansprüche bleiben sie allein herrschend.

§ 362

Die. ist besonders leicht bei unglücklichen uneriüllbarer Liebe der Fall, da bei jeder sexuellen Befriedigung doch die Sexualiiberscülzung immer wieder eine Herabsetzung erfährt Gleichzeitig mit dieser „Hingabe“ des Ich: an das Objekt, die sich von der rublimierten Hingabe an eine abstrakte Idee schon nicht mehr unterscheidet, Versagen die dem Ichideal zugeteilten Funktionen gänzlich. Es schweigt die Kritik, die von dieser Instanz zusgeübt wird; alles, was das Objekt tut und fordert, ist recht und untadelhaft. Das Gewissen findet keine Anwendung auf alles, was zugunsten des Objektes geschieht; in der Liebeeverblendung wird man reueloe zum Verbrecher. Die ganze Situation läßt sich restlos in eine Formel zusammenfassen: Das Objekt hat sich an die Stelle des Ichidezls gesetzt.

§ 363

Der Unterschied der Identifizierung von der Vetliebtheit in ihren höcluten Aurbildungen, die man Faszination, ver— liebte Hörigkeit heißt, ist nun leicht zu beschreiben. Im ersteren Falle hat sich das Ich um die Eigenschaften des Objektes bereichert, sich dasselbe nach Ferenczis Ausdruck „introjiziert“; im zweiten Fall ist es verarmt. hat sich dem Objekt hingegebm, dasselbe an die Stelle seines wichtigsten Bestandteile: ges=lzl. Indes merkt man bei näherer Erwägung bald, daß eine leicht Darstellung Gegensätze vorspiegelt, die nicht bestehen. Es handelt $ich ökonomisch nicht um Verarmung oder Bereicherung, man kam auch die extreme Verliebtheit su buchreihen, daß das Ich sich das Objekt introjiziert habe. Vielleicht trifft eine andere Unter—

§ 364

§ 365

und Ich-Analyre px

§ 366

scheidung eher das Wumtliche. Im Falle der Identifizierung ist das Objekt verloren gegangen oder aufgegeben VM; es wird dann im Ich wieder aufpdeheet,_rdu Ich «finden sich partiell nach dem Vorbild des verlorenen Objelmel. Im anderen Falle in das Objekt erhalten geblieben und wird 518 solcher von leiten und auf Klagen da Ich: überbeleat. Abo; auch hiegegen erhebt eich ein Bedmkzn. Steht es dann fü!» daß die Identifizierung das Aufgaben der Objekrbaetiung vormessc'1t, kann et nicht: [dmeifizierung bei erhaltenen Objekt gehen? Und the wir uns in die Dinhaxl'm dienex heiklen Frage einlasen, kann um bereite die E_anlicht alfdimmern, daß eine andere Alternative du W_ diem Sachverhalte: in sich laßt. nlmlinh ch .de! Ohieke en die Stelle des Ich: oder den lchideele. ge— 5 e r z t w i r d. \. Von der Verliebthcit ist offenbar kein veir,er Sehrlee mr Hypnose. Die Uhereinrtimmungen lm'dee final augeniillig,. Dieselbe demül:ige Unerwerfung„ Gefügiahiß K.ril:ikloeig keit gegen den Hypmm'squr wie gegen das plidwe Objekt. Dieselbe Aufuugung der eigenen Iniu'ative; kdn.Zwr.ifel, der Hyynon'seur ist an die Stelle des lchideelx getrerm. Alle Verhältnisseaindindeel-Iypnmenurnnchflgntlisherund gesteigemr, so «hl! u zweckmäßigu wire, tlie‘ierlielmheit durch die Hymne zu erläutern; elx. WM. Der Hypnotiscur ist das einige Objekt. kein,ent_lem wird neben ihm beachtet. Daß das Ich tunth erlebe. van «fertigt und behauptet, mahnt um daran, daß wir verabeinmt haben, unter den Funktionen der lchideala auch die Anaiibung der Realitätsprüfung u: erwihnen". Ein Wunder,

§ 367

36) S. Wnpsyehologüche Erginznng zur Trlumlehr<, Sammlung kleiner Schriften zur Neumenlehre, Werte Felge. x9rl. [Seite 141 & diem Bender.) Index scheint ein Zweifel en der Bauch dgu;

§ 368

diem Zuteilung. der eingehende Düh-xion erfordert, zulänis.

§ 369

§ 370

so: Marmptychalogie

§ 371

daß das Ich eine Wahrnehmung fiir real hält, wenn die sonst mit der Aufgabe der Realitätspriifung hetraute psychische Instanz sich für diese Realität einseut. Die völlige Abwesenheit von Strehungen mit ungehemmten Sexualzielcn trägt zur extremen Reinheit der Erscheinungen weiteres hei. Die hypnotischc Beziehung ist eine uneingeschränkte verliebte Hingabe bei Ausschluß sexueller Befriedigung, während eine solche hei der Verliehtheit doch nur zeitweilig zurückgeschoben ist und als spätere Zielmöglichkeit irn Hinter grund: verbleibt.

§ 372

Anderseits können wir aber auch sagen, die hypnotische Beziehung sei — wenn dieser Ausdruck gestattet ist — eine Massenhildung zu zweien. Die Hypnose ist kein gutes Vergleiehsnhjekt mit der Massenhildung, weil sie vielmehr mit dieser identisch ist. Sie isoliert uns aus dem komplizierten Gefüge der Masse ein Element, das Verhalten des Masseniodividnums zum Führer. Durch diese Einschränkung der Zahl scheidet sich die Hypnose von der Massenhildung, wie durch den Wegfall der direkt sexuellen Strehungen von der Verliebtheit. Sie hält insofern: die Mitte zwischen beiden.

§ 373

Es ist interessant zu sehen, daß gerade die zielgehemmtm Sexualstrehungen so dauerhafte Bindungen der Menschen aneinander erzielen. Dies versteht sich aber leicht aus der Tatsache, daß sie einer vollen Befriedigung nicht fähig sind, wiihrend ungehemmte Sexualstrehungen durch die Abfuhr bei der Erreichung des jedesmaligen Sexualzieles eine außerordentliche Herabsetzung erfahren, Die sinnliche Liebe ist dazu bestimmt, in der Befriedigung zu erlöschen; um andauern zu können, muß sie mit rein zärtlichen, daß heißt zielgehemmten Komponenten von Anfang an versetzt sein oder eine solche Umsetzung erfahren.

§ 374

Die Hypnose würde uns das Rätsel der lihidinösen Kon

§ 375

§ 376

„„; Ich-Andy: ,„

§ 377

su‘tution einer Masse glatt lösen, wenn sie selhfl’. nicht noch Züge enthielte, die sich der bisherigen raticmellen Aufklärung — als Verliebtheit hei Ausschluß direkt sexueller Strehungen — entziehen Es ist noch vieles an ihr als un— verstanden, als mystisch anzuerkennen. Sie enthält einen Zusatz von Lähmung aus dem Verhältnis eines Oberflächrigen zu einem 0hnrnächtigen, Hilflosen, ,was etwa zur Schreckhypnose der Tiere überleitet. Die Art, wie sie erzeugt wird, ihre Beziehung zum Schlaf, sind nicht durchsichtig, und die rärselhafte Auswahl von Pmeuen, die sich für sie eignen, während andere sie gänzlich ablehnen. weist auf ein noch unbekanntes Moment hin, welches in ihr verwirklicht wird, und das vielleicht erst die Reinheit der Libidoeinstellungen in ihr ermöglicht. Buchtenswert ist auch, daß häufig das moralische Gewissen der hypnmisierten Person eich selbst bei mit voller suggestiver Gefügigkeit resistent zeigen kann. Aber das mag daher kommen, daß bei der Hypnose, wie sie zumeist geü‘bt wird, einWissen erhalten geblieben sein kann, a handle sich nur um ein Spiel, dne unwahre Reproduktion einer anderen, weit lehemwichtigeren Situation.

§ 378

Durch die bisherigen Erörterungen sind wir eher voll darauf vorbereitet, die Formel für die libidinßse Konstitution einer Masse anzugeben. Wenigstens einer solchen Muse, wie wir sie bisher betrachtet haben, die also einen Führer hat und nicht durch allzuviel „Organisation‘“ sekundir die Eigen— schaften eines Individnurns erwerben konnte 15 i n e s o l c ll e primäre Masse ist eine Anzahl von Indi— viduen, die ein untl dzslell>e Objekt an die Stelle ihres Ichideals gesetzt und sich infolgedessen in ihrem Ich miteinander identifiziert heben. Dies Verhilmi; läßt eine graphische Darnellung zu:

§ 379

§ 380

3°4 Mulenptycbnlagie

§ 381

lchidul ; ,„ Z Obmd ! : ‘ ‘ iuflrres

§ 382

Der H :rdmtrieb

§ 383

Wir werden uns nur kurze Zeit der Illusion freuen, durch dise Formel das Rätsel der Masse gelöst zu haben. Alsba.ld muß uns die Mahnung beunrnhigen, daß wir ja im wesentlichen die Verweisnng nuf da.! Rätsel der Hypnose angenommen haben, an dem so viele: noch nnerledigt in. Und nun zeigt uns ein anderer Einwand den Weiteren Weg.

§ 384

Wir dürfen uns sagen, die ausgiebigen aflektiven Bindun— gen, die wir in der Masse erkennen. reichen voll aus, um einen ihrer Charnkuere zu erklären, den Mangel an Selbsrändigkeir und Inidefive beim Einzelnen, die Gleichutigkcir seinu Reaktion mit der alle: anderen, sein Herabsinken zum Messenindividuum sozuugen. Aber die Muse zeigt, wenn wir nie als Ganzes ins Auge fassen, mehr; die Züge von Schwächung der intellektuellen Le'utnng, von Ungehemmeheit der Afi‘eklivifiit. die Unfähigkeit zur Mäfigung und zum Aufschub. die Neigung zur Überschreitung aller Schranken in der

§ 385

§ 386

3°4 Mulenptycbnlagie

§ 387

lchidul ; ,„ Z Obmd ! : ‘ ‘ iuflrres

§ 388

Der H :rdmtrieb

§ 389

Wir werden uns nur kurze Zeit der Illusion freuen, durch dise Formel das Rätsel der Masse gelöst zu haben. Alsba.ld muß uns die Mahnung beunrnhigen, daß wir ja im wesentlichen die Verweisnng nuf da.! Rätsel der Hypnose angenommen haben, an dem so viele: noch nnerledigt in. Und nun zeigt uns ein anderer Einwand den Weiteren Weg.

§ 390

Wir dürfen uns sagen, die ausgiebigen aflektiven Bindun— gen, die wir in der Masse erkennen. reichen voll aus, um einen ihrer Charnkuere zu erklären, den Mangel an Selbsrändigkeir und Inidefive beim Einzelnen, die Gleichutigkcir seinu Reaktion mit der alle: anderen, sein Herabsinken zum Messenindividuum sozuugen. Aber die Muse zeigt, wenn wir nie als Ganzes ins Auge fassen, mehr; die Züge von Schwächung der intellektuellen Le'utnng, von Ungehemmeheit der Afi‘eklivifiit. die Unfähigkeit zur Mäfigung und zum Aufschub. die Neigung zur Überschreitung aller Schranken in der

§ 391

§ 392

und I:b-Anulyse 3u, ,

§ 393

Gefühläußerung und zur vollen Nuhr derullzen in Bund— lung, dies und alle: Ähnliche, m.; wir bei Le Bau 30 dudrucksvoll geschildert finden. ergibt ein unverkmnhatecßiltl von Regression der seelischen Tätigkeit auf eine frühere“ Stufe, wie wir sie bei Wilden oder heiKindern zu finden nicht erstaunt sind Eine solche Regression gehört insbemnder: zum Wesen der gemeinen Mm während sie, wie wir gehört haben, bei hoch organisierten, künstlichen, weil:gelund hiutangehelteu werden kann.

§ 394

Wir erhalten so den Eindruck einer Zusmdel, in dem die vereinzelte Gefühleregung untl der persönliche intellektuelle Akt des lndivifluums zu ;ehwueh sind. um sich ellei.n mr Geltung zu bringen, und durcan uuf Behäftigung durch gleichartige Wiederholung vun seinen du’* anderen vrnmii müssen. Wir werden dann erinnert, wieviel von am Phänomenen der Abhängigkeit zur „mim Knnseitudon der menschlichen Gesellschaft gehört. wie wenig Originalität und persönlicher Mut sich in ihr findet, wie mhr jeder Einzelne durch die Einstellung einer Masenseele behenu:ht wird, die sich als Rnseneigentiimlichkeinm. Standecvumneik, öffentliche Meinung und dergleichen kundgeben. Das Rätsel des suggestiven Einfluslec vergrößert sich fiir um, wenn wir zu— geben1 daß ein solche: nicht allein vom Führer, wundern auch von jedem Einzelnen auf m Einulnm‘ geübt v'wird. und wir mucth deuVurwurf, “wir dießeziehuug zum Führer einseitig heruusgehubeu, den' anderen Faktor der gegenseitigen Suggesrion aber ungehiihrend zurückgedr‘äugt haben. ‘ ‘

§ 395

Auf solche Wein zur Bueheidenheit gewiésen, werden wir geneigt sein, auf eine andere Stimme zu horchm, welche uns Erklärung auf einfacheren Grundlagen versprichm. Ich en:nehme eine solche dem klagen Buch vun V. Trauer über den Hetdeuttieb, an dem ich nur hedaueze, daß ercich den

§ 396

Freud. Theomluh- Sehrllten m /

§ 397

§ 398

so6 Mutmpiyclwlngie

§ 399

durch den letzten großen Krieg enefeuelun Andpathicn nicht ganz entzogen her".

§ 400

Trauer leita die an der Maße heldiriebenen seelischen Phänomene von einem Herdeninstinkt {gregan'ousnerx} ab, der dem Menschen wie anderen Tierarten angehoren zukommt. Diese Herdenhzftigkeit ist biologisch eine Analogie und gleichsam eine Fortführung der Vielzelligkeit, im Sinne der Libidotheon'e eine weitere Äußerung der von der Libido ausgehenden Neigung aller gleichartigen Lebewesen, sich zu immer nmfassenderm Einheiten zu vereinigen". Der Einzelne fühlt sich unvollständig (incnmplete), wenn er allein ist. Schon die Angst des kleinen Kinder sei eine Äußerung dieses Herdeninsninkrs. Widervpnu:h gegen die Herde ist soviel wie Trennung von ihr und wird darum angrtvoll vermieden. Die Herde lehnt aber alle! Neue, Ungewohnte ah. Der Herden» instinkt sei etwas Primäre; nicht weiter Zerlegbares (which cm:): be ,fle up).

§ 401

Trotter gibt als die Reihe der von ihm als primär auge» nommenen Triebe (oder Instinktc): den Selbstbehauptungs-» Ernährung—, Geschlecht:- und Herdenrrieb. Der letztere gerare of: in die Lage, sich den anderen gegenüberznstellen. Schuldhewnßrxein und Pflichtgefühl seien die charakteristiuhcn Besitztiimer eine; gregariour animal. Vom Herdeninstinkt läßt Trotter auch die ven-drängten Kräfte aus— gehen, welche die Psychoanalyse im Ich aufgezeigt hat. und folgerichtig gleichemeise die Widerstände, auf welche der Arzt bei der psychoanalytischen Behndlung stößt. Die Sprache verdanke ihre Bedeutung ihrer Eignung im gegenseitigen Verständigung in der Herde, auf ihr he

§ 402

37) w. Trotrer, Innineu „; d.. Herd in— Peace und Wer. London 1915. Zweite Auflage.

§ 403

33) Siehe meinen Aufsm: Jenreiu del Lunprinzips, [91° [sm „uf diem n.„d„].

§ 404

§ 405

und Itb-AMlyll 3u7

§ 406

ruhe zum großen‘ Teil die Identifisz der Einzelnfll miteinander.

§ 407

Wie Le Bon vvorwiegend die chuckteristischen flüchtigen Massenhildungen und Mc Dougell die stabilen Vergecell— schaftungen, so hat Trauer die allgemeinsten Verbände, in denen der Mensch, dies (tim no).zrmdv lebt, in den Mittelpunkt seines Interesses gerückt und deren psycholegische Begründung angegeben, Für Trotter hednrf es aber keiner Ableitung des Herdentriehu, da er ihn als primär und nicht weiter auflösbar bezeichnet. Seine Bemerkung, Boris Sidi; lejte den Herdentrieh vun der Suggestihilit'a‘t ah, ist zum Glück für ihn iiherflüssig; es in eine Erklärung nich bekannten], unbefriedigendern Muster, und die Umkehr dieses Satzes, also daß die Suggeltihilitit ein Ahkümm— ling des Herdeninstinlm sei, ersehiene mir bei weiuem einleuchtender.

§ 408

Aber gegen Tratters Darstellung 1581; ich mit: noch hesserem Recht als gegen die endeten einwenden, daß sie auf die Rolle des Führer: in der Masse zu wenig Rücksicht nimmt, während wir doch eher zum gegenueiiigen Urteil neigen, daß das Wesen der M bei Vemachläsigung des Führers nicht zu begreifen Dei. Der Herdeninsdnkt läßt überhaupt für den Führer keinen Raum; dieser komme nur so zufällig zur Herde hinzu, und im Zuuunmenhznge damit steht, daß von diesem Trieb zu: euch kein Weg zu einem Gotteshediirfnis führt; ee fehlt der Hin zur Herde. Außerdem aber kann man Trotterr Darstellung peychnlogisch untergraben, das heißt man kenn m zum mindesten wahrschein— lich machen, daß der H:rtlentrieb nicht unzulcghax, nicht in dem Sinne primär ist wie der Selbsterhaltungstriel) und der Geschlechtstrieh.

§ 409

Es ist natürlich nicht leicht, die Ontogeneee den Herdentriehes zu verfolgen. Die Angst des kleinen Kindes, wenn es

§ 410

20°

§ 411

§ 412

;e8 , Munmprycbalogie

§ 413

allein gelanen’ wird, die Trauer herein ah Äußerung dee Triebe: in Anspruch nehmen will, legt doch eine andere Deutung näher. Sie gilt der Mutter, ep‘a'rer anderen ver— trauten Personen, und ist der Ausdruck einer unerfüllren Selnuucilt, mit der des Kind noch nichts Anderes anzufangen weiß, als sie in Ang!t zu verwandeln". Die Angst des einsamen kleinen Kindes wird auch nicht durch den Anblick eines beliebigen anderen— „aus der Her “ beschwichtigt, son— dern im Gegenteil durch das Hinzuknmmen eines solchen „Fremden“ erst hervorgerufen. Dann merkt man heim Kinde lange nicht: von einem Hérdminsrinkt oder Massengefühl Ein solche: bildet sich zuerst in der mehtzähligen Kindersruhe aus dem Verhältnis der Kinder zu den Eltern, und zwar als Reaktion auf den anfänglichen Neid, mit dem das ältere Kind das jüngere aufnimmt. Das ältere Kind möchte gewiß das nachkommende eifersiiclntig verdrängen, von den Eltern fernhalten und es aller Anrechte herauben, aber angesichts der Tamhe, daß auch dieses Kind —— wie alle späteren — in gleicher Weise von den Eltern geliebt wird. und infolge der Unmöglichkeit, seine feindselige Einsuellung ohne eigenen Schaden festzuhalben, wird es zur Identifizierung mit den anderen Kindern gezwungen, und es bildet sich in der Kinderschar ein Massen- oder Gemeinschaftsgefühl, welches dann in der Schule seine weitere Entwicklung erfährt. Die erste Forderung dieser Reektinnshildung in: die nach Gerechtigkeit, gleicher Behandlung für alle. Es ist bekannt, wie laut und unben:echlich sich dieser Anspruch in der Schule äußert. Wenn man schon selbst nicht der Bevorzugte sein kann, so soll doch wenigstens keiner von allen bevorzugt werden. Man könnte diese Umwandlung und Ersetzung der Eifersucht durch ein Massengefülnl in Kindersruhe und Schulzirnmer für

§ 414

„) sm„ „Vorlesungen zur Einführung in die Psyclmanulyse“, Vorlesung xxv an»: die Angst.

§ 415

§ 416

und [eb-Analer 3°9

§ 417

unwahrscheinlich halten, wenn man nieht den gleichen Vorgang später unter anderen Vnhilmisu‘en neuerlich beohmh£en würde Mm denke an die Schar von sdnwärnmimh verlielice‘h Frauen und Mädchen, die den Sänger oder Pianisten nach seiner Produktion umdr'ingen. Gem'ß läge ee jeder von ihnen nahe, auf die andere eifersilchtig zu sein, allein anguit.hu ihrer Anzahl und der damit verbundenen Unmöglichkei‘; das Ziel ihrer Verliehtheit z\n erreichen, verzichten wie darauf, und man: sich gegenseitig die Haare nmrnnfm, handeln sie wie eine einheidiehe Mae. huldi.gen dm Géfeiemn in gemeinsamen Aktionm und wären m freh, sieh in seinen Luckenschmuck zu teilen. Sie heben lich. nuprilnglinh mvalinnen. durch die gleiche Liebe zudem nimliehm Objckx miteinander identifizieren können. Wenn dem Triehsiman'c'm, wie ja gewöhnlich, verschiede Auginge fähig in, In werden wir uns nicht ven-wundern, dnß jener Ausgang zu— Stande hmmm, mit dem die Möglichkeit dm gewissen Be— friedigung verbunden in, wihrend ein anderer, selha ein näher liegender, unterbleibla weil die realen Verhiltm'ne ihm die Erreichung dieses Ziel:: versagen. ’ Was man dlnn später in der Gesellschaft ik Gmdngé“. esprit de corps usw. win-km findet, vedwgnet nicht ,seine Abkunfi: vom unpriinglidmn'Neid. Keiner !ßll {id: hervorrun wollen, jeder das gleiche sein und lahm. Soizle Gerech[lgke'lt will bedeuten, daß man n'oh nehm vieles versagt, damir auch die anderen darauf venichrm mieten, oder vu; dasselbe ist, es nicht fordern könnm, Diem—Gleichheiufnrde— rung ist die Wurzel deu width Gewinn! und des Pflicht— gefühls. In unerwmetel' Weise enthüllt sie sich in der Infekdonsangsr. der Syphiliuiker. die wie durch die Pacht):mzlyse verstehen gelernt heben. Die Angst diemr Armen enupriche ihrem heftigen Suäuben gegen den unbewußten Wunsch, ihre Infektinn auf die anderen auszubeeiten, denn

§ 418

§ 419

am Messenpyycholagie

§ 420

warum sollten sie allein infiziert und von so vielem ausgeschlossen sein und die anderen nicht? Auch die schöne Anekdnte vom Urteil Salomoni; hat denselben Kern. Wenn der einen Frau das Kind gestorben ist, soll auch die andere kein lebende: haben. An diesem Wunsch wird die Verlusrträgerin erkannt.

§ 421

Das sozille Gefühl ruht alle auf der Umwendung eines erst feindseligen Gefühle in eine positiv betonte Bindung von der Natur einer Identifizierung. Soweit wir den Hergang bis jetzt durchschauen können, scheint sich diese Umwenclung unter dem Einfluß einer gemeinsamen zärtlichen Bindung an eine außer der Muse stehende Person zu vollziehen. Unsere Analyse der Identifizierung eneheine uns selbst nicht als erschöpfend. aber unserer gegenwärtigen Absicht genügt es, wenn wir auf den einen Zug, daß die konsequente Durch— führung der Gleichstellung gefordert wird, zurückkommen. Wir haben bereits bei der Erörterung der beiden künstlichen Massen. Kirche und Armee, gehört, ihre Vorzussetzung sei, daß alle von einem, dem Führer, in gleicher Weise geliebt werden. Nun vergessen wir aber nicht, daß die Gleichheitsforderung der Masse nur für die Einzelnen derselben, nicht für den Führer gilt. Alle Einzelnen sollen einander gleich sein. aber alle wollen sie von einem beherrscht werden. Viele Gleiche, die sich miteinander identifizieren können, und ein einziger, ihnen allen Überlegener, das ist die Situation, die wir in der lehensfiihigen Masse verwirklicht finden. Gerrauen wir uns also, die Aussage Trotters, der Mensch sei ein Herden vie r, dahin zu korrigieren, er sei vielmehr ein Hordentier, a'n Einzelwesen einer von einem Ober—— haupt angeführe=n Hürde.

§ 422

§ 423

und ch-Arul;m 311

§ 424

X Die Masse und die Urharde

§ 425

Im Jahre 1911 habe ich die Vermutung von Ch. D a „(in aufgenommen, daß die Urform der menschlichen Gesellschaft die von einem starken Männchen nnumschränkt heherrschte Horde war. Ich habe darzulegen versucht, daß die Schicksale dieser Horde unzerstörha.re Spurenin der mensch lichen Erbgeschichte hinterlassen haben, speziell, daß die Enrwicklung des Totemisrnus, der die Anfänge von Religion. Sitrlichkeir und sozialer Gliederung in sich iaßt, mit der gewaltsamen Tötung des Oberhauptes und der Umwandlung der Vaterhorde in eine Brüdergemeinde zusemtnenhingt“. Es in dies zwar nur eine Hypothese wie so viele andere, mit denen die Prähiswriker des Dunkel der Und: anfznhellen versuchen _ eine „im so my“ nannm sie witzig ein nicht unliehenrwiirdiger englischer Kritiker — aber ich meine, es ist ehrenvoll fiir eine solche Hypothese, wenn sie sich geeignet zeigt, Zusammenhang und Verständnis auf immer neuen Gebieten zu schaflen.

§ 426

Die menschlichen Magen zeigen uns wiederum das ver— traute Bild des übermrkeu Einzelnen inmitten einer Schar von gleichen Genossen, das auch in unserer Vorstellung von der Urhorde enthalten ist. Die Psychologie dieser Masse, wie wir sie aus den oft erwähnten Buchra'bnngen kennen. .-. der Schwnnd der bewußten Einzelpersönlichkeit, die Orien— tierung von Gedanken und Gefühlen nach gleichen Rich« tungen, die Vorherrschaft der Mektivirät und des unhevnißten Seelischen, die Tendenz zur unverzii ichen Aus

§ 427

40) Toeem und leu, 19ulrgu i.. „Imngu" („Einige Über—

§ 428

einsrimmnngen im Seelenlehen der Wikia und der Neurntiker“). in Buchform mx], 4. Auflage im}. [Gen. Sehrlfnen. Bd. X.]

§ 429

§ 430

“inxvm „

§ 431

*“;MfierMüßmßfininggdnn,wawirvw hinindgrallmämamkmm‘kdaummbuchriebm habin.DaWillndnliinmlnmmu-pdnwmdyergcmuteüch rücder’l'nklinflnmkaneMefim‘lmpuhezmnndnals hilaküve,uphmfeiun Gunämrflfia.&dnn Vam=llms vwswcüfißüu.‘ sichniu'htduchcfieü Jbrnxelisem' geflirktßadiBilü% Vütd%flälez£xäfiilllruug darürhfligdäua ' über '

§ 432

fesm%m Wut-H Mia

§ 433

„& Ido—W m

§ 434

log:mußvdmehrebmnalumllih‘trW logic,dmnvonAnfanga umi‘flüWfifi der Masem'ndiw'duen lmd die “‘ ,Yllfi'ß ‘_ _,

§ 435

Führen. Die _Einzelmm de! Mm:mm ‘, wir sie um finden, aber €;: $»npqhwz9rM ’. ' Sein: inrgllektuellcn Akte ,m, fid\„ü„iifl WW stark und unabhäng'g. ld!) Ville Wü, lildfl ”€. &? kräftigung durch dm an&fßthgt weise an, daß sein Ich wem; '

§ 436

niemand außer sich. una « Bedürfnmen dienen.-, @ die Objekte ab

§ 437

Zu Eingang du Menseilht mensch, den N.ict18$h, warum. Noch h_num hedhrféq sp1egelung, dzß lie m ; '

§ 438

daß die I.lßbe den Nan;fimy.y weisen, wie sie durcli ,diät V'

§ 439

Sohn der bis dzhm andere:. Es muß der Masse in Ind.1' eine Bedingung gefuhdq1, U1'nwmdlung kick! Vo%

§ 440

§ 441

3 “ Mwenp;ycbalagie

§ 442

Befriedigung ihrer direkten sexuellen Strehungen verhindert; er zwang sie zur Ahetinenz und infolgedm zu den Gefühls« bindungen an ihn und aneinander, die au: den Suehungen nn't geheinmtem Sexunlziel hervorgeben konnten, Er zwang sie sozusagen in die Minenpeyehologie. Seine sexuelle Eifersucht und Intolermz iind in letzter Linie die Ursache der Massenp!y€hologie geworden“.

§ 443

Für den, der sein Nachfolger wurde, war auch die Mög— lichkeit der sexuellen Befriedigung gegeben und damit der Antritt zu! den Bedingungen der Mascupsyclwlugie eröffnet. Die Fixierung der Libido an da Weib, die Möglichkeit der Befriedigung ohne Aufechuh und Aufspeiehcrung machte der Bedeutung zielgelzemrneer Sexuelserehmg:n ein Ende und ließ den Nerzißmun immer zur gleichen Höhe answeigen. Auf diese Beziehung der Liebe zur Charakterbildung werden wir in einem Nechtreg zurückkorrirnen.

§ 444

Heben wir noch all besonders lehneieh hervor, in welcher Beziehung zur Konstitution der U;horde die Veranstaltung steht, mittels derer — zhguehen von Zwangsmizteln — eine künstliche Masse zuremmengehalven wird. Bei Heer und Kirche haben wir gucken, es ist die Vm'spicgelung, daß der Führer elle Einzelnen in gleicher und gerechter Weise liebt. Dies ist eher geradezu die idealistiiehc Umarbeituug der Verhältnim der Urhnrde, in der sich alle Söhne in gleicher Weise vom [Inner verfolgt wußren und ihn in gleicher Weise iürchteten. Schon die nächste Form der menschlichen Sozietät, der wmniseirehe Chu, hat diese Umfermung, auf die alle sozialen Pflichten aufgebaut iind, zur Vorzusetznng. Die unverwiistliche Stärke der Familie nie einer natürlichen

§ 445

41) F; 11.13: sich etw: auch meinen, dnß die vertriebenen Söhne. vom Vater getrennt. den Femellritt von der Idenrifizierung mioeinnnder zur homosexuellen Objektliebe machen und in die Freiheit gewinnen, den Vlter zu töten

§ 446

§ 447

und ltb-Anllyxe m

§ 448

Massenbildung beruht darauf, daß diese notwendige Voraussetzung der gleichen Liebe des Vaters für sie wirklich zutreffen kann.

§ 449

Aber wir erwarten noch mehr von der Zurückführung der Masse auf die Urhorde. Sie soll uns auch das noch Unver— standene, Geheimnisvolle an der Massenhildung näher bringen, das sich hinter den Räurlworten Hypnose und Suggestion verbirgt, Und ich meine, sie kann es auch leisten. Erinnern wir uns daran, daß die Hypnose etwas direkt Unheimliches an sich hat; der Charakter des Unheimlichen deutet auf etwas der Verdrängung verfallenes Altes und Wohlvem-autes hin“. Denken wi. daran, wie die Hypnose eingeleitet wird. Der Hypnotiseur behauptet, im Besitz einer geheimnisvollen Macht zu sein, die dem Subjekt den dgeuen Willen raubt, oder, was dasselbe ist, das Subjekt glaubt es von ihm. Din: geheimnisvolle Macht — populär noch oft als tierischer Magnetismus bezeichnet — muß dieselbe sein, welche den Primitiven als Quelle des Tabu gilt, dieselbe, die von Königcn und Häuptlingen ausgeht und die es gefährlich macht, sich ihnen zu nähern (Mana). Im Besitz dieser Macht will nun der Hypnctiseur sein, und wie bringt er sie zur Erscheinung? Indem er die Person auffordert, ihm in die Augen zu sehen; er hypnotisiert in typischer Weise durch reinen Blick. Gerade der Anblick des Häuptlings ist aber für den Primivdven ge— fährlich und m1ernräglich1 wie lpäter der der Gottheit fiir den Srerblichen. Noch Moses muß den Mittelsmann zwischen seinem Volke und Jehova machen, da das Volk den Anblick Gottes nicht ertriige, und wenn er von der Gegenwart Gotta zurückkehrt, strahlt sein Anth, ein Teil den „Mana“ hat sich wie beim Mittler“ der Primitiven auf ihn übertragen.

§ 450

„) Das Unheimliehe. Image», V (r919). [Ges. Schriften, Bd. X.] „) 5. „Tom und Tabu" und die dort zitierten Quellen.

§ 451

§ 452

„s Mmmplycbalogie

§ 453

Mm km die Hypnoce =:llei'diug1 auch auf anderen Wegen hervorrufen, was irrefiihrentl in und zu nnzulinglichen phy:iologizchen Theorien Anlaß gegeben hat, zum Beispiel durch das Fixieren eine: glänzenden Gegenstande: oder durch das Bomben auf ein monoton: Geräusch. In Wirklichkeit dienen diene Verfth nur der Ablenkung und Fesselung der bewußzen Aufmerlnamkeit. Die Situation in die n'a'mliche, al: ob der Hyuarineur der Ferm gaagt him: Nun beschäftigen Sie sich aussd1Mirh mit meiner Pen-ann. die übrige Welt ixt ganz unintemuant. Gewiß wäre = wchnisch un» zweckmäßig, wenn der Hypnotiaenx eine solche Rede hielu; das Subjekt wiirde durch ein aus seiner unbewußten Einstellung gerissen und zum bewußeen Widmprneh aufgereizr werden. Aber wihrend der Hypnnn'xur el vermeidet, das bewußte Denken deu Subjelns auf seine Absichten zu richten, und die Versuchspenon sich in eine Tätigkeit versenkt, bei der ihr die Welt uninzeressant vorkommen muß, $uchir.llt es, daß sie unbewuß: wirklich ihre ganze Au£merksamkeit auf den Hypnotieeur konzentriert, sich in die Einnellung des Rappm, der Übertragung, zum Hypnotiseu: begibt. Die indirekten Methoden dee Hypnotisierens heben also, ähnh'eh wie manche Techniken du Wizzß, den Erfolg, gewisse Verteiluugen der seelischen Euerg'e, welche den Ablauf des unbewußzen Vorgangcs stören würden, hinunzuhaltm, und sie führen schließlich zum gleidien Ziel wie die direkten Beeinflustnugen durch Anmrren oder Streichen".

§ 454

45) Die Sin-zum. daß die Penon mihewußr auf den Hynotiseur eingenellr' ist, währmd lie sieh bewußt mit gleichbleibendm, uninureaanm Wahrnehmungen baehiftige, finde! ein Gegemück in den Vorkmnmm'ssen der psychnana.lytiuhen Behendlung, du hier erwähnt zu werden verdient. In inder Analyse ereignet „ sich mindemau einm-l, daß der Patient hlmicklg beluupnrt. i=tzz fin-le ihm uber .;an benützen: nicht: ein, Seine fra'en Anoziau'uncn stecken und die gewöhnliehen Anu-iebe, n'e‘in Gang zu bringen,

§ 455

§ 456

und ltb-Mylt 117

§ 457

Ferenczi lm richrig herausgefunden, daß wir]! der Hyynoriscur mit dem Sehldgebot, welches oft zur Einleitung der Hypnose gegeben wird, an die Stelle der Eltern reizt. Er meinte zwei Arten der Hypnose unterscheiden zu rollen. eine schmcherixch begünigende, die er dem Mumorbild. und eine drohende, die er dem Vner Zuldn'ieb“. Nun bcdeurer das Gebot zu schlifen in der Hymne auch nichm anderes, als die Aufl'orderung, alles Iner von der Welt abzuziehen und auf die Person des Hypnode zu immunv.rieren; er wird auch vom Subjekt so vermnden, denn in dieser Abziel-rung des Inneresei von der Außenwelt liegt die psychologische Charakteristik des Schlafee und auf ihr be—

§ 458

ruht die Vervanduclxa.ft du Schh.fu mit den hypnmiechen Zunand.

§ 459

Durch seine Maßnahmen weckt Also der Hypuntiseur beim Subjekt ein Stück ven (lesen irdiniscller Erbschaft, die auch den Eltern entgegenkzm und im Verhältnis zum VM eine individuell: Wiederbelebung erfuln', die Vornellnng van einer übennichtigen und gefährlichen Persönlichkeit, gegen die man sich nur pesiv-mnsocllistisch einstellen konnec, in die man seinen Willen verlieren mußte, und mit der allein zu sein, „ihr unter die Augen zu tre “ ein bedenkliche

§ 460

schlagen fehl. Durch Drängen erreicht mu endlich eh: Einge— sräindnis. der Patient dmke un die Ansicht nur dem Pannen du Behandlungarzurnec, an die Tupac der Wand. die er w: ich dein, oder an die Gcshmpe, die von der Emmerdecke herabhängt. Man weiß dznn union, daß er nid; in die Übertragung begeben hat, von nnch unbcvnßmn Gedanken in mm ge— nommen wird. die sich auf den Arzt bemühen, und sieh: die Smkung in den Einfa'llen det Puienun ichwinrkn. sobald man ihm diese Aufklärung gegeben hat.

§ 461

45) Ferenczi, Intrujekzion und Übertngung. Jahrbunb fiir

§ 462

psychmnnlyu'mhe u pqchnpnhnl. Fmehun.m,u ;, 1909. Abge— dnu:kr mb m „m.-„m der Pq=homJy„“,M

§ 463

§ 464

J 13 Almenpaycbolagie

§ 465

Wagnis schien. Nur » etwa können wir uns den Verhältnis eine; Einzelnen der Urhsorde zum Urvmr verstehen. Wie wir aus anderen Raktianen WM, hat der Einzelne ein variable: Maß von persönlicher Eignung zur Wiederbelebung solch alter Situationen bewahrt. Ein Wisen, daß die Hypnose doch nur ein Spiel, eine lügenhafte Erneuerung jener alten Eindrücke ist, kann aber erhalten bleiben und fiir den Widerstand gegen allzu ernsthafte Konsequenzen der hypnotischcn Willensaufhebung sorgen.

§ 466

Der unheimliche, zwanghnfte Charakter der Massenhildung, der sich in ihren Suggestinnserseheinungen zeigt, kann also wohl mit: Recht auf ihre Abklian von der Urhorde zuriißk— geführt werden. Der Führer der Masse in nach immer der gefürchtete Urvater, die Masse will immer nach von unbe» schränkeer Gewalt beherrscht werden, sie ist im höchsten Grade auwriänm‘ichtig. hat nach Le Boni Ausdruck den Durst uch Unterwerfung. Der Urvater ist das Massenideal, der an Stelle dee Ichideals das Ich behernrhe. Die Hypnose hl: ein gutes Anrecht auf die Bezeichnung: eine Mann zu zweit; für die Suggesu'on erübrigt die Definition einer Überzeugung, die nicht auf Wahrnehmung und Denkarheit, mindern auf erotische Bindung gegründez in".

§ 467

47) E; erscheint mir der Hervorhebung went, daß „in durch die Erörterungm diese! Abachnirra veranlnflt werden, von der Bernhelmsehen Auffasmmg der Hypnose auf die naive ältere dmelhen zurückzugreifm. Naeh Bernheim sind nll,e hypnoti.schen Phänomene vun dem weiter nicht aufzuklärenden Moment der Suggertion nbzulel'ten. Wir rchließen, daß die Suggenden eine Teilenchrtmlng der hypnmz'tchen Zustande! in. der in einer unhequt erhxltenen Dirposieion m der Urgeschichte der menschlißhen leilie Wine gm Begründung hat.

§ 468

§ 469

und Irb-Analyn 319

§ 470

& Eine Stufe im Hi

§ 471

Wenn man, eingedenk der einander ergänzenden Beschreibungen der Autoren über Muwnpsychologie, das Leben der heutigen Einzelrnenschen überblickt, rung min vor den Kom— plikaücnen, die sich hier zeigen, den Mut zu einer zusammenfassenden Darstellung verlieren. Jeder Einzelne ist ein Bestandteil von vielen Massen, durch Identifizierung vielseitig gebunden, und hat sein Ichideal nach den verschiedensten Vorbildern aufgebaut. Jeder Einzelne hat so Anteil an vielen Massenseelen, an der seiner RISSC, des Stauden, der Glaubensgerneinschaft, der Sundidxkcit usw. und kann sich darüber hinaus zu einem Stückchen Selbständigkeit und Originalität erheben. Diese ständigen und denen-haften Massenbildungen fallen in ihren gleichmäßig anhaltenden Wirkungen der Beobaebzung weniger auf als die rasch gebildeten, vetgänglichen Massen, nach denen Le Bon die glänzende psychologische Charakteristik der Massenseele entworfen hat, und in diesen lärrnenden, ephemeren, den anderen gleichsam superponierten Massen begibt eich eben das Wunder, daß dasjenige, was wir eben als die individuelle Aushildung erkannt haben, epnrlos, wenn auch nur zeitweilig, untergeht.

§ 472

Wir haben dies Wunder so veretanden, daß der Einzelne sein Ichidenl aufgibt und 5 gegen des im Führer verkörperte Massenidenl vertanscht. Das Wunder, dürfen wir herichtigend hinzufügen, ist nicht in allen Fällen gleich groß. Die Sonderung von Ich und Ichidenl ist bei vielen Individuen nicht weit vorgeschritten, die beiden fallen noch leicht zusammen, das Ich hat sich oft die frühere narzißtisehe Selbstgefälligkeit bewahrt. Die Wahl des Führers wird durch dies

§ 473

§ 474

m Ilulmpycbalogiz

§ 475

Verhältnil sehr erleiéerz. Er braucht eh nur die typischen Eigenschaften dieuer Individuen in hewnden rcharfer und reiner Ausprägung zu heißen und den Eindruck größerer Kraft und libidinöler Freiheit zu rauhen. so kommt ihm das Bedürfni: nach einem uuken Oberhaupt entgegen und hekleicler, ihn mit der Uhamadn, auf die er was: vielleicht keinen Aurprwuh hin:. Die anderen, deren Ichideal sich in seiner Perlen nennt nicht ohne Korrektur verkörpert hätte, werden denn „ouggn'tiv“, das hn'ßt durch Identifizierung mitgerluen.

§ 476

Wir erkennm, wu wir zur Aufklärung der lihidinösen Serulrtur einer Mare beiqu konnten. führt sich auf die Unterscheidung der Ichs from Icliideul und auf die dadurch ermöglichte doppelte Ar: deriindung — Identifizierung und Einsetzung dei 0hjekuart’die Stelle des Iehideele —- zurück. Die Amnz.hme aber solchen Stufe im Ich xl; erwer Schritt einer Ichznnlyle muß ihre Rechtfertigung allmählich auf den

§ 477

' verschiedensten Gebieten der Plycholngie erweisen. In meiner Sdn'ift „Zur Einführung du Narzißmus‘““ habe ich zusammengetragen. wu Lirh zunächst von patholngüchem Material zur Stütze dieser Sonderung verwerten ließ. Aber man darf erwurten, daß sich ihre Bedeutung bei weiterer Vertiefung in die Psychologie der Psychoren als eine viel größere enthüllen wird. Denken wir dm daß da Ich mm in die Beziehung eines Objekts zu dem aus ihm entwickelten Ichidul tritt. und daß möglicherweise alle Wechselwirkungen, die wir zwischen äußeren Objekt und Gesamt-Ich in der Numenlehre kennm gelernt haben, auf diuem neuen Schau» platz innerhalb des Ich: zur Wiederholung kommen.

§ 478

Ich will hier nur einer der von diesem Standpunkt aus möglichen Folgerungen nachgehen und damit die Erörterung

§ 479

,s) juhrbnch fiir Peychoenelyte, vr, „„. Summlung kleine: Schriften m‘Neummkhn. 4. Folge. [sm „& um. ß.nd„.j

§ 480

§ 481

und (eb-Ander 311

§ 482

eines Problems fortsetzen, das ich an anderer Stelle ungean verlassen mußte". Jede der seelischen Difiaenzierungen, die uns bekannt geworden sind, stellt eine neue Erschwerung der seelischen Funktion dar, steigert deren Labilität und kann der Ausgangspunkt eines Versagen der Funktion. einer Erkrankung werden. So haben wir mit dem Geburenverden den Schritt vom absolut etlhstgeniigsarnen Nanißmus zur Wahrnehmung einer verinderlichen Außenwelt und zum Beginn der Objekr.findung gemacht, und damit ist verknüpft, daß wir den neuen Zustand nicht dauernd ertragen, daß wir ihn periodisch rückgängig machen und im Schlaf zum frü— heren Zustand der Reizlosigkeit und 0hjektverrneidung zurückkehren. Wir folgen dabei allerdings einem Wink der Außenwelt, die uns durch den periodischen Wechsel von Tag und Naeht zeitweilig den größten Anteil der auf uns wirkenden Reize entzieht Keiner ähnlichen Einschränkung ist das zweite, fiir die Pathologie bedeutsamen Beispiel unterworfen. Im Laufe unserer Entwicklung haben wir eine Sondernng unseres seelischen Bestandes in ein kohärentes Ich und ein außerhalb dessen gelassenes, unbewußtes Verdrängtes vorgenommen, und wir wissen' daß die Stabilität dieser Neu— erwerbung hdtändigm Erechiitterungen auegeeetzt ist. Im Traum und in der Neurote pocht (lim Ausgachlmsem um Einlaß an den von Widerständen hewnchten Pforten, und in wacher Gesundheit bedienen wir uns besonderer Knnstgrifie, um das Verdrängte mit Umgehung der Widerstände und unter Lustgewinn zeitweilig in unser Ich aufzunehmen. Witz und Humor, zum Teil auch das Komische iiberhaupt1 dürfen in diesem Licht hetrachtet werdm. Jedem Kenner der Neumsenpsychologie werden ähnliche Bu'spl'ele von geringerer

§ 483

„) Trauer und Melancholie Innernationale Zeitschrift in: Psychoanalyse, tv,- „mm. Sammlung kleiner Schriften zur Neumsenlehre, 4. Folge. [Seite „75 diese! Banden]

§ 484

Freud. Tllßßlel'lllflll! Sabrina; 21

§ 485

§ 486

EI Wii; M daß". 425 ng; $dwdung da Ich» iduhvomlnhninhzdwml,mmmdflfih„iz'ü”üfiflhnflß?u.flthnmphncnund Eu:uhühnmßdndm «lub aufetkß werden in du periodildrs Mmh»,du nm: M=L vis ip_die Inuu'mtion kM-"üßümfiüfiäuudeumm vorm mm-wm dkuerßefgefun; auch ihm. luün‘tm Mwmdanhn". Die S_lgurnalien d:r Römer und um hau-inenKunuml Mn_-iu,diann mtliclm. Zug mit den Bann den?rimilimmmen; die in Ausnchwnifmen jed;r. An mis Dham=mnz br— umn hciligstcn Gabote,amzuyha M MM umfaßt aber die Summe aller Mm dm .dß.,1dl fir-h fügen 5°“, und duunaüflue‘ .äe:a8ifliéulhg det Ida]; ein großartiges Funilirdalündu.dß.dnmypedadnmzlmir sich ulbu ufnfldflu m “M

§ 487

B; hmm: imma-‘ _m ein:: Empfindung von Triumph, «um. um in lub mit ,dem Ichideal zmmmmfillt. Als Audxupkdqräpaugnmazvucbmlchundldnnlhnnauh du Schüduefülnl (und mammaama.m> md... werden

§ 488

E;g'bcbeknnnnlirlnMßnschgn.bei-lmendasflgemeim gefühldcr$timmunginpeiodjldxcrlhüeuchvankn von einer übermäßigen Gedriichbn't durch dmguu'nm Mittelzuund zu einem erhi$hnen M,!»hlbéfindm. und zwar traten diese Sehmhmgm' m adu- mxhiedm großm Ampliriiden

§ 489

.W‘ “l.:fä ...... ......

§ 490

’ ! toner : en. s_.’..’. a...... m.... .. ...? m.. am?“...

§ 491

du VH-npmdu wenn ich in «„Ein de- Nnnißmus“ alle! hihi fie !declbildm wir: von ginn lfla die Bedin

§ 492

nuqu

§ 493

§ 494

„mi Ich—Armlyre ,„

§ 495

auf, vom eben Merklichen bis zu jenen Extremen, die als Melancholie und Mani: höchst qualvol.l oder störend in das Leben der Betroflenen eingreifen. In typischen Fällen dieser zyklischen Verstimmung scheint.-n äußere Veranlassungen keine entscheidende Rolle zu spielen; von inneren Motiven findet man bei diesen Kranken nicht mehr oder nichts anderes als bei allen anderen. Mann hat sich deshalb gewöhnt, diese Fälle als nicht psychogene zu beurteilen. Von anderen, ganz ähnlichen Fällen zyklischer Verstimmung, die sich aber leicht auf seelische Traumen zurückfiihren, soll späuer die Rede sein.

§ 496

Die Begründung dieser spontanen Stimmung-ehwankungen ist also unbekannt; in den Mechanismus der Ablösung einer Melancholie durch eine Manie fehlt uns die Einsicht. Somit wären dies die Kranken, für welche unsere Vermutung Geltung haben könnte, daß ihr Iehideal zeitweilig in; Ich aufgelöst wird, nachdem es vorher besonders strenge regiert han

§ 497

Halten wir zur Vermeidung von Unklarheiten fest: Auf dem Boden unserer Ichanalyse ist es nichz'zweifeihaft, daß beim Manisehm Ich und chideal zusnmmengeflosmen sind, so daß die Person sich in einer durch keine Selbstkritik gestörten Stimmung von Triumph und Selbstbegliiektheit des Wegfalles V°n Hemmungen, Rücksichten und Selbstverwür— fen erfreuen kann. Es ist minder evident, aber doeh recht wahrscheinlich, daß das Elend des Melanchoiikers der Ausdruck eines scharfen Zwiespalts zwischen bdden Instanzen des lehs ist, in dem das übermäßig empfindliche Ideal seine Verurteilung des Ichs im Kleinheitswa.hn und in der Selbst« erniedrigung sehonungslus zum Vorschein bringt. In Frage steht nur, ob man die Ursache dieser veränderten Beziehungen zwischen Ich und Ichideal in den eben postulierten periodischen Auflehnungen gegen die neue Institution tauchen1 ader andere Verhältnisse dafiir verantwortlich machen soll.

§ 498

er ,

§ 499

§ 500

114 Murmpiyrbolngie

§ 501

Der Ummhlug in Mani: ist kein notwendiger Zug im Krankheit.!th der melnnchulischen Depression. Es gibt einfache, einmalige und auch periodisch wiederholte Melancholien, welche niemals dm Schicksal hflben. Anderseits gibt er Melnncholien, bei denen—die Veranlassung ofl’enber eine idologische Rolle spielt. Er rind die nach dem Verlust eines geliebten Objekt:, sei es durch den Tod desselben oder infolge von Umständen. die zum Rückzug der Libido vom Objekt genön'gt haben. Eine wlche psychogene Melancholie kann ebenmwohl in Manie ausgehen und dieser Zyklus mehr— mals wiederholt werden wie bei einer anscheinend spon— tanen. Die Verhältnisse sind also ziemlich undurchsichtig zumal da bisher nur wenige Formen und Fälle von Melancholie der psychoannlyn'schen Untersuchung unterzogen werden sind". Wir verstehen bis jetzt nur jene Fälle, in denen das Objekt nufgegeben wurde, weil es sich der Liebe unwüxdig gezeigt hatte. Es wird dann durch Identifizierung im Ich wieder nufgerichuet und vom Ichidenl streng gerichtet. Die Vorwürfe und Aggressionen gegen das Objekt kommen als mellncholische Selbnvorwürfe zum Vorschein".

§ 502

Auch an eine solche Mel1ncholie kann sich der Umschlag in Mani: nnmhließen, in daß diese Möglichkeit einen von den fibrigen Charakteren des Knnkheißl'vildes unabhängigen Zug darstellt.

§ 503

Ich sehe indes keine Schwierigkeit, des Moment der perio— dischen Auflehnung des Ich: gegen das Ichideal für beide Arten deu- Melzncholien, die psychogenen wie die spontanen,

§ 504

„) Vgl. Abrahnm. Amine zur piychonnalyeixchen Erformhung und Behindlung dr, mnnisdz-depmrivm ln'eseins usw., „„, in „Klinische Beiträge zur Psychonnnlyse" mr.

§ 505

„) Genauer gesagt: lie verbergen sich himr dm Vorwürfen sagen du eigene Ich, verleihen ihm die Fmigkeit, zahi;k=n und Unnhweilhltkeir, durch welche lich die Selbnvorwürfe der Melaneholiker auszeichnen.

§ 506

§ 507

und [tb-Analyse Pi

§ 508

in Betracht kommen zu lassen. Bei den spontanen kann man annehmen, daß das Ichideal zur Enlfnlmng einer besonderen Strenge neigt, die dann automatisch seine zeitweilig: Aufhebung zur Folge hat. Bei den psychogenen würde das Ich zur Auflelmung gereizt durch die Mißlnndlung von sehen seines Idenls, die es im Fall der Identifizierung mit einem verworfenen Objekt erfährt.

§ 509

XII Nadlira'g:

§ 510

Im Laufe der Untersuchung, die jetzt zu einem vorläufigen Abschluß gekommen ist, haben n'ch uns verschiedene Nebenwege eröflnet, die wir zuerst vermieden haben, auf denen uns aber manche nahe Einsicht winhte. Einiges ven dem so Zurückgescellten wollen wir nun nachhulen.

§ 511

A) Die Unterscheidung von Ichidentifizierung und Ich— idealerserzung durch das Objekt findet eine interessante Erläuterung an den zwei großen künstlichen Massen, die wir eingangs studiert haben, dem Heer und der christlichen Kirche ’

§ 512

Es ist evident, daß der Soldat seinm Vorgesetzten, also eigentlich den Armeeii‘xhrer, zum Ideal nimmt, während er sich mit seinesgleichen identifiziert und aus dieser Ichgemein» samkeit die Verpflichtungen der Kameradschaft zur gegenitigen Hilfeleistung und Güterteilung ableitet. Aber er wird lächerlich, wenn er sich rnit dem Feldherrn identifizieren will. Der Jäger in „Wallensteins Lager“ verspottev: durch den Wachtmeimr:

§ 513

Wir: er räuspert und wie er spuckt, Das hab: ihr ihm glücklich abgeguclttl...

§ 514

Anders in der katholischen Kirche. Jeder Christ liebt

§ 515

§ 516

und [tb-Analyse Pi

§ 517

in Betracht kommen zu lassen. Bei den spontanen kann man annehmen, daß das Ichideal zur Enlfnlmng einer besonderen Strenge neigt, die dann automatisch seine zeitweilig: Aufhebung zur Folge hat. Bei den psychogenen würde das Ich zur Auflelmung gereizt durch die Mißlnndlung von sehen seines Idenls, die es im Fall der Identifizierung mit einem verworfenen Objekt erfährt.

§ 518

XII Nadlira'g:

§ 519

Im Laufe der Untersuchung, die jetzt zu einem vorläufigen Abschluß gekommen ist, haben n'ch uns verschiedene Nebenwege eröflnet, die wir zuerst vermieden haben, auf denen uns aber manche nahe Einsicht winhte. Einiges ven dem so Zurückgescellten wollen wir nun nachhulen.

§ 520

A) Die Unterscheidung von Ichidentifizierung und Ich— idealerserzung durch das Objekt findet eine interessante Erläuterung an den zwei großen künstlichen Massen, die wir eingangs studiert haben, dem Heer und der christlichen Kirche ’

§ 521

Es ist evident, daß der Soldat seinm Vorgesetzten, also eigentlich den Armeeii‘xhrer, zum Ideal nimmt, während er sich mit seinesgleichen identifiziert und aus dieser Ichgemein» samkeit die Verpflichtungen der Kameradschaft zur gegenitigen Hilfeleistung und Güterteilung ableitet. Aber er wird lächerlich, wenn er sich rnit dem Feldherrn identifizieren will. Der Jäger in „Wallensteins Lager“ verspottev: durch den Wachtmeimr:

§ 522

Wir: er räuspert und wie er spuckt, Das hab: ihr ihm glücklich abgeguclttl...

§ 523

Anders in der katholischen Kirche. Jeder Christ liebt

§ 524

§ 525

326 ' Mulenpxyebnlagie

§ 526

Chrisms lls sein Ideal und fühlt sieh den anderen Christen durch Identifizierung verbunden. Äber die Kirche fordert von ihm mehr. Er soll übertfiee sich mit Christus identifizieren und die anderen Chrisren lieben, wie Christus n'e geliebt hat. Die Kirche fordert also an beiden Stellen die Ergänzung der durch die Mmenbildung gegebenen Libideposition. Die Identifizierung soll dort hinzukommen, vn die 0hjektwahl stattgefunden hat, und die Objektliehe dort, wo die Identifizierung bmeht. Dieses Melilt geht offenbar über die Konfitution der Masse hinaus. Man kann ein guter Christ sein und doch könnte einem die Idee, sich an Christi Stelle zu setzen, wie er alle Menschen liebe-ml zu umfassen, ferne liegen. Man braucht sich ja nicht als schwacher Mensch die Seelengröße und Liehemj'.rke des Heilandes zuzutrauen. Aber diese Weiterentwieklung der Libidaverteilung in‘der Masse ist wahrscheinlich das Moment, auf welches das Christentum den Anspruch gründet. eine höhere Sittlicl1ktit gewonnen zu haben.

§ 527

8) Wir sagten, es wäre möglich, die Stelle in der seelischen Entwicklung der Menschheit anzugeben, an der sich auch für den Einzelnen der Fortschritt von der Massen- zur Individualpsychologie vollzog“.

§ 528

Dazu müssen wir wieder kurz auf den wissenschaftlichen Mythus vom Vater der Urhorde zurückgreifen. Er wurde später zum Weltschöpfer erhöht, mit Recht, denn er hatte alle die Söhne erzeugt, welche die erste Masse zusammensetzten. Er wer das Ideal jedes einzelnen von ihnen, gleichzeitig gefiirchtet und verehrt, was für später den Beng des Tabu ergab. Diese Mehrheit [alle; sich einmal zusammen, tötete und zermickelte ihn. Keiner der Massensiegee konnte

§ 529

„) Das hier Folgende „4.- unter dem Einflusxe eine: Gedankenausmuseha mit Om Rnnk. (Siehe „Die Don Juin-Gestalt". Imngo, VIII, rgn); „ich:: auch in Buchform. „„.

§ 530

§ 531

und [eb-Andyre 3:7

§ 532

sich an seine Seelle setzen, oder wenn es einer lat. ermmen sich die Kämpfe, bis lie einsehen, daß sie alle auf die Efl> sehaft des Vaters verzichten mußten. Sie bildeten dann die totemixtische Brüdergerneinschaft, alle mit gleichem Reehue und durch die Totanverhote gebunden, die das Andenken der Mordtat erhalten und sühnen tollem. Aber die Unzufriedenheit mit dem Erreichen blieb und wurde die Quelle neuer Entwicklungen. Allmählich näherten sich die zur Brudflmam Verhundenen einer Herstellung des einen Zu— standes auf neuem Nivuu, der Mann wurde wiederum Oberhaupt einer Familie und brach die Vorrechne der Frauenhetflehzft, die sich in der van-,riesen Zeit festgeeetzt hatte. Zur Enuch'n'digung mag er damals die Muttergmtheiten anerkannt haben, deren Primer kam-im wurden zur Sicherung der Mutter nach dem Beispiel, den der Vaflet der Uthorcle gegeben hatte; dach wer die neue Familie nur ein Schatten der =.llen, der Väeer waren viele und jeder durch die Rechte des anderen hachrinkr.

§ 533

Damals lung die sehnsüchtige Entbehrung einen Einzelnen bewegen haben, sich van der Muse lnmlösen und ich in die Rolle des Venen zu versetzen. Wer die; ut, wir der erste epische Dieimer, da- Famehritt wurde in seiner Phantm'e vollzogen. Der Dichter ing die Wirkl'mhkeie um’im Sinne seiner Sehnsucht. Er erfand den heroischen Mythue. Heros wir, wer nl.lein den Vam- enchlagen ham, der im Mythus noch als ween-istisches Ungeheuer emhien. Wie der Vltcr das erste Ideal des Knaben gewmn war, 10 schuf jetzt der Dichter im Heron, der den Veteeenetzen will, das erste Ichidea.l. Die Ankniipfung n den Herrn bot wahrscheinlich der jüngste Sohn, der Liebling der Mum:r, den sie vor der väterlichen Eifersucht hesr.hüm bitte, und der in Urhordenzeieen der Nachfolger,dea Vaters geworden wer. In der lügenhuften Umdichtnmg der Uneit wurde das Weib;

§ 534

§ 535

318 Murrnpiyehalagie

§ 536

das der Kampfpreis und die Verloclrung des Mordes gewesen war, wahrscheinlich zur Verführerin und Anstifrerin der Unter.

§ 537

Der Heros will die Tat allein vollhrachr haben, deren sich gewiß nur die Horde als Ganzes getraut hatte. Doch hat nach einer Bemerkung van Rank das Märchen deut— liche Spuren des verleugneren Sachverhalres bewahm Denn dort knmme es häufig vor, daß der Held, der eine schwierige Aufgabe zu lösen hat — meist ein jüngster Sohn, nicht selten einer, der sich war dem Varersurrogal: dumm, das heißt uugeflihrlich gestellt hat — diese Aufgabe doch nur mir Hilfe einer Schar von kleinen Tieren (Bienen, Ameisen) lösen kann. Dies wären die Brüder der Urhorde, wie ja auch in der Tmumrymholik Insekten, Ungeziefer die Geschwister (verächtlich: als kleine Kinder) bedeuten. Jede der Aufgaben in Mythus und Märchen in überdies ldeht als Ersam der hernischen Tat zu erkennen.

§ 538

Der Mythus ist also der Schritt, mit dem der Einzelne aus der Massenpsychologie austrirt. Der erste Mythus war sicherlich der paycholcgische, der Hemenmythus; der erklärcncle Narurmythus muß weit später aufgeknmmen sein. Der Dichter, der diesen Schritt getan und s'ch so in der Phantasie von der Masse gelöst hatte, weil! nach einer weiteren Bemerkung von Rank doch in der Wirklichkeit die. Rückkehr zu ihr zu finden. Denn er geht hin und erzählt dieser Masse die Taten seines Helden, die er erfunden. Dieser Held ist im Grunde kein anderer als er selbst. Er S=nk[ sich somit zur Realität herab und hebt seine Hörer zur Phantasie empor. Die Hörer aber verstehen den Dichter, sie können sich auf Grund der nämlichcn sehnsüehtigen Beziehung zum Urvarer mit dem Heros identifizieren”.

§ 539

„) Vgl. Hans Sachs, Gemeinsame Tagnäume, Autoreferat eines Vertrages auf dem VI. Piychnnnalytisehen Kvngreß im

§ 540

§ 541

und Irb-Analyu 319

§ 542

Die Lüge des heroischen Mythnr gipfelt in der Vergomlng des Heros. Vielleicht war der vergotteie Herne, früher 111 der Vamgott, der Vorläufer der Wiederkehr des Urvalru als Gottheit. Die Görrerreihe lie(e dann chronnlogiseh so: Mutrergörtin—Heror—Vnzergott. Aber mt mit der Erhöhung des nie vergessenen Urvaters erhielt die Gottheit die Züge, die wir noch heute an ihr kennen“.

§ 543

C) Wir haben in dieser Abhandlung viel von direkten und von zielgehemmten Sexualtriehen gesprochen und dürfen halfen, daß diese Untr.rschtidllng nicht auf großen Widerstand stoßen wird. Doch wird eine eingehende Erörterung darüber nicht unwillkommen sein, 5ellm wenn sie nur wiedahnlr, was zum großen Teil bereits an früheren Stella: gesagt werden ist.

§ 544

Das erste, aber auch hesee Beispiel 1ielgehemmrer Sequu'iebe hat uns die Lihidoenrwicklung des Kindes kennen ge— lehrt. Alle die Gefühle, welche das Kind für seine Eltern und Pflegepersnnerr empfindet, setzen sich ohne Schranke in die Wünsche fort, welche dem Scxualstrehen den Kindes Ausdruck geben. Das Kind verlangt von diesen geliebten Personen alle Zärtlichkeiten. die ihm bekannt sind, will sie küsren, berühren, huchauen, ist neugierig, ihre Geniulien zu sehen und bei ihren intimen Exkretiomverrichtungen anwesend zu rein. u versyricht. die Mutter oder Pflegerin zu heiraten, war immer es sich darunter vornellen mag. rem sich vor, dem Vater ein Kind zu gehären usw. Direkse Be obachtung sowie die nachträgliche analytische Durchleuchrung der Kindheicsrcste lassen über das unmittelbare Zu

§ 545

Haag, 1910. internationale Zeiuchrifr fa. Psychmdyu, vr. (rpm); seither auch in Buchform erschienm (Image-Bücher, Bd. 5).

§ 546

;5) In dieser abgekünten Dantellllng ist auf alle: Material aus Sage. Myehus, Märchen, Sinmgeaehichte nrw. zur Stfiae der Konstruktion verzichtet worden.

§ 547

§ 548

no Marenpxychologie

§ 549

sammenflielien 13rtlichn' und eifmildniger Gefühle und sexueller Ahn'chten keinen Zweifel und legen uns der, in wie gru"ndlieher Weise das Kind die geliebte Person zum Objekt aller meiner noch nicht richtig zentrierten Sexualbertrcbungen macht. (Vgl. Sexueltheorie.)

§ 550

Diese em: Liebeegemlmng da Kindes, die typisch dem Udipuekamplex zugeordnet ist, «liegt dann, wie bekannt, vom Beginn der Latenzzeit an einem Verdrängungsschnb. War von ihr erübrigt, zdgt sich um als rein zänliehe Gefühlsbindung, die demelben Personen gilt, aber nicht mehr als .,sexuell“ bezdltlmzt werden soll. Die Psychoanalyse, welehe die Tiefen des Seelenlebens dnrehlenchter, har es nicht schwer, aufmweieen, daß auch die sexuellen Bindungen der ersten Kinderjahre noch £orthenehen, aber verdrängt und unbewußr. Sie gibtgnni den Mut zu behaupten, daß überall, wo wir einem zinliehen Gefühl begegnen1 dies der Nachfolger einer voll.,sinnlichen" Obielrthindung an die be— trefiende Person oder ihr Vorbild (ihre Image) ist. Sie kann um fru'lich nicht ohne bemder_e Untersuchung verraten, ob cliere vorg‘a'ngige rexuelle Vollmü'mmg in einem gegebenen Fall und] als verdrängt beruht oder ob sie herein aufgezchrt ist. Um er noch schärfer zu festen: es mehr fest. daß sie als Form und Möglichkeit noch vorhanden ist und jederzeit wieder durch Regression besetzt, ekrivien: werden kann; es fragt sich nur und ist nicht immer zu mesdxeiden, welche Besetzung und Wirksamkeit sie gegenwärtig noch hat. Man muß sich hiebei gleichmäßig vor zwei Fehlerquellen in acht

§ 551

' nehmen, vor der Scylln der Unwersehätzung des verdrängen Unbewußren, wie vor der Charybdis der Neigung, das Nur male durchaus mit dem Maß der Pathologith zu messen.

§ 552

Der Psychologie, welehe die Tiefe des Ver-drängten nicht durchdringen will oder kann, stellen sich die zärtlichen Gefühlsbindungen jedenfalls als Ausdruck von Suebungen

§ 553

§ 554

„mi [tb—Analer m

§ 555

der, die nicht nach dem Sexuellen zielen, wenngleich lie aus solchen, die danach gestreht haben, hervorgegangen sind"

§ 556

Wir sind berechtigt zu sagen, sie sind von diesen sexuellen Zielen abgelenkt worden, wenngleich es seine Schwierig— keiten hat, in der Demellnng einer solchen Zielehlenkung den Anforderungen der Metapsychologie zu entsprechen. Übrigens halten diese zielgehemmeen Triebe immer noch einige der ursprünglichen Sexualu'ele feet; euch der zärtlich Anhängliehe, euch der Freund, der Vetehrer mehr die kör— perliche Nähe und den Anblick der nur mehr im „paulinischen“ Sinne geliebten Person. Wenn wir et vollem können wir in dieser Zielablenkung einen Beginn von Sublimierung der Sexualtriebe anerkennen oder aber die Grenze für letztere noch ferner stecken. Die zielgehemmten Sexualtriebe heben vor den ungehemmeen einen großen funktionellen Vorteil. Du sie einer eigentlich vollen Befriedigung nicht fähig sind, eignen sie sich haonders dazu, dauernde Bindungen zu schafim, wärend die direkt sexuellen iedermnl durch die Befriedigung ihrer Energie verlustig werden und auf Erneuerung durch Wiederznhäniung der xexuellen Libido warten müßten, wobei inzwischen du Objekt gewechselt werden kann. Die gehemmten Triebe tind jedes Maßes von Vermengung mit den ungehemrnten fähig, können sich in rie rückvcrwandeln, wie sie aus ihnen hervor— gegangen sind. & in bekennt, wie leicht sich aus Gefüth beziehungen freundscheftliclrer Art, enf Anerkennung und Bewunderung gegründet, erotische Wünzcbe entwickeln (das Moliéresehe: Embrenez-moi pour ananr du Cm), zwischen Meister und Schülerin, Künstler und entzückter Zuhörerin, zumal bei Frauen. Ja, die Entstehung solcher

§ 557

„) Die fe„a,eligm Gefühle sind gewiß um ein Süiek kompli< zierter aufgebaut.

§ 558

§ 559

”‘ Mmmp:yrbalagie

§ 560

zuerst absichuloser Gefühkbiudungen gibt direkt einen viel begangeuen Weg zur sexuellen Objekrwahl. In der „Frömmigkeit des Grafen von Zinzendori“ lm Pfister ein über deutliches, gewiß nicht vereinzelten Beispiel dafür aufgezeigt. wie nahe es liegt, daß auch intensive religiöse Bindung in briinstige ,sexuelle Erregung zurückschligr. Anderseies im: auch die Uuivnndlung direkter, an sich kurzlebiger, sexueller Strebungcn in dauernde, bloß zirl:liche Bindung etwas sehr Gewöhnliches und die Konsolidierung einer aus verliebter Ieidemchaft geschlomenen Ehe beruht zu einem großen Teil nuf dimrn Vorgang.

§ 561

Es wird uns natürlich nicht verwundern zu hören, daß die zielgehemmten Sexualstrehungen sich aus den direkt sexuellen dann ergeben, »Wenn sich der Erreichung der Sexualzicle innere oder äußere Hindernisse entgegenetellen. Die Ver— drängung der Latenzzeir ist ein solches inneres — oder besser: innerlich gewardenes — Hindernis. Vom Vater der Urhorde heben wir angenommen, daß er durch seine sexuelle Intoleranz alle Söhne zur Abstineuz nötigt und sie so in zielgehernmte Bindungen dringt, wärend er sich selbst freien Sexuzlgenuß vorbehilt und somit ungehunden bleibt. Alle Bindungen, auf denen die Masse beruht, sind von der Art der zielgehernmüen Triebe. Damit aber hzben wir uns der Erörterung einer neuen Themas geräherc, welches die Be— ziehung der direkten Sexualtr'iehl: zur Masseandung behandelt. V

§ 562

D) Wir sind bereits durch die beiden letzten ßeinerkungen darauf vorbereitet zu finden, daß die direkten Smalsrrebungen der Masenbildung ungünstig sind, Es hat zwar auch in der Enrwicklungsgeschicbre der Familie Massen» beziehungen der sexuellen Liebe gegeben (die Gruppench:), aber je bedeutungsvoller die Geschlechrsliebe für da.! Ich wurde, je mehr Verliebtheir sie entwickelte, desto eindring<

§ 563

§ 564

„„d [ab-Ander m

§ 565

licher forderte sie die Einschränkung auf zwei Pannen — um zum una, — die durch die Natur den Geninlzieleu vorgezeichnet in. Die polyga.men Neigungen wurden darauf angewiesen. sich im Nuheinander des Objelnwechseis zu befriedigen.

§ 566

Die beiden zum Zweck der Sexualbeiriedigung aufeinander angewiesencn Personen demonstrieren gegen den Herdentrieb, das Mmgefiihl, indem sie die Einsamkeit aufweisen. Je ver-Heiner sie sind, dem vollkommener genügen sie einander. Die Ablehnung des Einflusses der Muse äußert nich als Schamgefiihl. Die äußerst heftigen Gefühlsregungen der Eifer— sucht werden nnfgehoten, um die muelle Objektwahl gegen die Beeinträchtigung durch eine Massenhindung zu schützen. Nur wenn der zärtliche, alrn persönliche Faktor der Liebes— beziehung völlig hinun- dem sinnlichen zurücktritt, wird der Liebesverkehr eines Paares in Gegenwart anderer oder gleichzeitige Sexualakze innerhalb einer Gruppe wie bei der Orgie möglich. Damit in aber eine Regression zu einem frühen Zustand der Geschlechtsbeziehungen gegeben. in dem die Verliehtheit nad; keine Rolle spielte, die Sexualobjclstc einander gleichwertig eruhret wurden, etwa im Sinne van dem bösen Ware Bernard Shawn Verliebmein heiße, den Unterschied zwischen einem Weib mad einem anderen ungehührlich überschänen. '

§ 567

Es sind reichlich Anzeichen dafür vorhanden, daß die Verliebtheir erst spät in die Sexualbeziehungen zwischen Mann und Weib Eingang fand, so daß euch die Gegnerschnft zwischen Geschlechtsliebe und Massenhindnng eine spät enewickelre ist. Nun kann es den Amehein haben, als ab diese Annahme unverträglich mit unserem Mythus von der Urfamilie wäre. Die Brüderschar soll doch durch die Liebe zu den Mürrern und Schwestern zum Vaterde getrieben worden sein, und es ist schwer, sich diese Liebe anders denn als

§ 568

§ 569

334 Mauenpsycbnlogie

§ 570

eine ungehrochene, primitive. das heißt als iunige Vereinigung von zärtlicher und sinnliche: vmustellen. Allein bei weiterer Überlegung löst sich dient Einwand in eine Bestätigung auf. Eine der Reaktionen auf den Vatermord wer doch die Einrichtung der tabemim‘schen Exoganu'e, das Verbot jeder sexuellen Beziehung mit den von der Kindheit an zärtlich geliebten Freuen der Familie. Dunir war der Keil zwischen die zärtlichen und n'nnlichen Regungen die! Mannes eingerrieben. der heute noch in seinem Liebesleben festsitzt”. Infolge dieser Exognmie mußten sich die Sinnlicl'ien Bedürfnisse der Männer mit fremden und ungeüebmu Frauen begniigen.

§ 571

In den großen. künstlichen Massen, Kirche und Heer, ist fiir das Weib als Sexualobjeke kein Platz. Die Liebesbeziehung zwischen Mann und Weib bleibt außerhalb dieser Organisationen. Auch wo sich Maßen bilden, die aus Männern und Weibern gemixcht sind, 1pielt der Geechieehtsunterrchied keine Rolle. Es hat kaum einen Sinn zu fingen, ob die Libido, welche die Massen zusammenhält, homoseneller oder heterosexueller Natur ist, denn sie ist nicht nach den Geschlechtern diflerenziert und sieht insbesondere von den Zielen der Genitalorganisation der Libido völlig ab.

§ 572

Die direkten Sexualstrebungen erhalten auch fiir das sonst in der Masse aufgehende Einzelwesen ein Stück individueller Betätigung. Wo sie übermrk werden. zerseezen sie jede Mussenbildung. Die katholirche Kirche hatte die hellen Mo« tive, ihren Gläubigen die Ehelosigkeit zu empfehlen und ihren Priestern du Zölibn: aufzuexlegen, aber die Verliebtheit hat oft euch Geistliche zum Austritt aus der Kirche getrieben. In gleicher Weise durchbricht die Liebe zum Weib: die M::senhindnngen der Rasse, der nationalen Absouderung und der sozialen Klassenordnung und vollbringt damit kul

§ 573

38) & Uber die Allgemein!“ Erniedrigung der Liebe-leben!. 1911. [Sex. Schrime Bd. V.]

§ 574

§ 575

.„d lub-Analyxe m turell wichtige Leistungen. Es scheint gericbert. daß sich die homosexuelle Liebe mit den Museubindrmgm weit besser verträgt. auch wo sie als ungehemmte Semalstrebuug anfrriu; eine merkwürdige Tatsache, deren Aufklärung weit führen dürfte.

§ 576

Die psychoznalycische Untersuchung der Psycboneuroseu hat uns gelehrt, da!! deren Symptome von verdrängten, aber aktiv gebliebenen direkten Sexunlstrebungen abzuleiten sind. Man kann diese Formel vervollständigen, wenn man hinzufügt: oder von solchen zielgehemniten, bei denen die Hemmung nicht durchgehde gelungen ist oder einer Rückkehr zum verdrängten Sexuelziel den Platz geräumt hat. Die-em Verhältnis entspricht, daß die Neurone mzial macht, den von ihr Betroflcnen zu! den habituellen Mßsenbildun„gm herausbebt. Man kann sagen, die Neurose wirkt in ähnlicher Weine zeuetzend auf die Masse wie die Verliebtbeix. Dafür kann man sehen, daß dort, wo ein kräftiger Anstoß zur Massenhildung erfolgt ist, die Neurmen zurücktreten und wenigstens für eine Zeitlang schwinden können. Mm hat auch mit Recht vertuclu, diesen Widerstreit von Neurose und Mmenhildung Lbuapeuli!cb zu verwerten. Auch wer das Schwinden der religiösen Illusionen in der heutigen Kulturwtlt nicht bedauert, wird zuguueben, daß sie den durch sie Gebundenen den rtärlt.tten Schutz gegen die Gefahr der Neurose boten, so lange sie selbst und: iu Kraft waren. Es in auch nicht scbwer, in 111 den Bindungen an mystiscb-religiöie oder philosophisch-rnystiscbe Sektor. und Gemeinlcbaften den Ausdruck von Schieflieilungen mannigfaltiger Neurosen zu erkennen. Das alles hängt mit dem Gegensatz der direkten und zielgehemmten Sexualstrehungen zusammen.

§ 577

Sich relhst überlassen. ist der Neuron‘ker gtnötigt, sich die großen Massenbildungen, von denen er amgescbloseen ist, durch seine Symptombildungen zu ersetzen. Er ochafit sich

§ 578

§ 579

335 ' Mntenpqebologit

§ 580

seine eigene Phanusiewelt, seine Religion, sein Wahnsystem und wiederholt so die Inrdmdonen der Menschheit in einer Verzetrung, welche deutlich den übemichtigen Beitrag der direkten Semlstrebungen bmg—t".

§ 581

£} Fügen wir zum Schluß eine vergleichende Würdigung der Zustände, die uns beschäftigt haben, vom Standpunkt der Libithheurie an, der Verliebtheit, Hypnose, Misenbildung und der Neumse.

§ 582

Die Verliebtheit beruht auf dem gleichzeitigen Vorhandensein von direkten und von zielgehernmten Sexual— strebungen, wobei das Objekt einen Teil der narzißtiachen Ichlibido auf sich zieht. Sie hat nur Raum für das Ich und da: Objekt.

§ 583

Die Hypnose milt mit der Verliebtheit die Einschränkung auf diae beiden Personen, aber sie beruht durchaus auf zielgehemmren Sexuaiserebungen und setzt das Objekt an die Stelle des Icl'lidfill.

§ 584

Die Messe vervielfältigt diesen Vorgang, sie stimmt mit der Hypnme in der Natur der sie zummenhaltenden Triebe und in der Ersetzung der Ichidnls durch das Objekt überein. aber vie fügt die Identifizierung mit anderen Individuen hinzu, die vielleicht uuprünglieh durch die gleiche Beziehung zum Objekt ermöglicht wurde.

§ 585

Beide Zunände. Hypnose wie Mssenbildung, sind Erlr niederschläge zu: der Phylogense der menschlichen Libido, die Hypnose als Disposition, die Maße überdies als direktes ÜberbleibseL Die Erretzung der direkten Sexuzlmebungen durch die zielgehemmten befördert bei beiden die Sonderung von Ich und Inhideal, zu der bei der Verliebllieil: schon ein

§ 586

Anfang gemacht ist. Die Neuroee tritt aus dieser Reihe heraus. Auch sie

§ 587

„) 3. Tom und Tabu. zu Ende da Abschnitt:; II; Das Tabu und die Ambivalenz. [Ges. Schriften, na X.]

§ 588

§ 589

und Ich-Andy" 337

§ 590

beruht auf einer Eigentümliehkeit der menschlichen Libidnentwicklung, auf‘dem durch die htmzzeit unterbmchenen. doppelten Ansatz der direkten Sexualfunktion.“ Imaferne teilt sie mit Hypnose und Mamnbüdung den Cherakter einer Regreuion, welcher der Verliebtheit abgeht. Sie tritt überall dort auf, wo der Fortschritt von direkten zu zielgehemmben Sexualtrieben nicht voll gegliickt ist, und enupeicht einem Konflikt zwischen den ins lch aufgenommenen Trieben. welche eine solche Entwicklung durchgemaeht haben, und den Anteilen derselben Triebe, welche vom verdrängten Unv bewußten her — ebenso wie andere völlig verdrängte Trieb— regungen — nach ihrer direkten Befriedigung meben. Sie ist inhaltlich ungemein reichhaltig, da sie alle möglichen Beziehungen zwisehen ich und Objekt umfaßt, sowohl die, in denen das Objekt beibehalten, als auch andere, in denen es aufgegeben oder im Ich selbst lufgericl'ltet ist, aber eben» die Konfliktbeziebungen zwischen dem Ich und seinem Ichideal.

§ 591

6°) S. Sex\ultheorie. ;. Auflige. 1912. S. 96. (Ge. Sehriftu, Bd. V. 5. 109.1

§ 592

Freud. Thomtllehl ecnmim 92 ’

§ 593