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\B”j/ >l:PARATABDRUCK zur; der 1N'I‘ERNATIONALEN ZEITSCHRIF’I‘ FÜR PSYUHUANALYSE § 2Herausgegeben von Professor 8. Freud, redigiert von Dr. D. Rank,
|x.aanrgm.g im. Internuilnnzle'.‘ Psychaunalytisrlzcr Ver-ing, G.m.b. H.. Leipzig,Wien, Zürich. § 3Originalarbeiten.
§ 4Bemerkungen zur Theorie und Praxis der Traumdeutung,
Von Slam. Freud. § 5Der zufällige Umstand, daß die letzten Auflagen der „'l"aum
deutung“ durch Plattendruck hergestellt wurden, veranlaßt michY nachs'lehende Bemerkungen selbständig zu machen, die sonst als Abänderunan oder Einschaltungen im Text unter-gekommen wären. § 61. Bei der Deutung eines Traumes in (ler Analyse hat
man die Wahl zwischen verschiedenen technisulien Verfahren. § 7Man kann 11) chronologisch vorgehen und den 'l‘riluruer seine
Einl“älle zu den Traunielementen in der Reihenfolge verbringen lassen, welche diese Elemente in der Erzählung des Träumen einhalten. Dies ist das ursprüngliche, klassische Verfahren, welches ich noch immer für das beste halte, wenn man seine eigenen Träume analysiert. § 8Oder man kann b) die Deutungsarheil. an einem einzelnen
ausgezeichneten Element des Trnumes ansetzen lassen, das man mitten aus dem Traum herausgreift, z. B. an dem au ' gsten Stück desselben oder an dem, welches die größte Deutlichkeit oder sinnliche Intensität besitzt, oder etwa an eine im Traum enthaltene Rede anknüpfen, von der man erwartet, daß sie zur Erinnerung an eine Rede aus dem Wachlehen fiihren wird. § 9Man kann 0) überhaupt zunächst vom manifesten Inhalt
absehen und dafür an den 'l‘räumer die Frage stellen, welche Ereignisse des letzten Tages sich in seiner Assoziation zum erzählten Traum gesellen, § 10Endlich kann man rl), wenn (ler 'l‘räumer bereits mit der
Technik der Deutung vertraut ist, auf jede Vorschrift verzichten und es ihm anheimstellen, mit welchen Einfällen zum Traum er beginnen will Ich kann nicht behaupten, daß die eine oder die § 11intern-L z.mu„. (. Plychoanzlyse, nur. !
§ 12§ 13
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§ 14andere dieser Techniken die vorzüglichere ist und allgemein
bessere Ergebnisse liefert. § 152. Ungleioh bedeutsamer ist der Umstand, ob die Deutunge
arbeit unter hohem oder niedrigem Widerstandsdruck vor sich geht, worüber der Analytiker ja niemals lange im Zweifel bleibt. Bei hohem Druck bringt man es vielleicht dazu, zu erfahren, von welchen Dingen der Traum handelt, aber man kann nicht erraten, was er über diese Dinge aussagt. Es ist, wie wenn man einem entfernten oder leise geführten Gespräch zuhören würde Man sagt sich dann, daß von einem Zusammenarbeiten mit. dem Trüumer nicht gut die Rede sein kann, beschließt, sich nicht viel zu gingen und ihm nicht viel zu helfen, und begniigt sich damit, ihm einige Symbolübersetzungen, die man für wahrscheinlich halt, vorzuschlagen. § 16Die Mehrzahl der Träume in schwierigen Analysen ist von
solcher Art, so daß man aus ihnen nicht viel über Natur und Mechmismus der Traumbiidung lernen kann, am wenigsten aber Auskünfte zu der beliebten Frage erhalten wird, wo denn die Wunscherfiillung des Traumes steckt. § 17Bei ganz extrem hohem Widerstandsdruck ereignet sich das
Phänomen, daß die Assoziation des Träumers in die Breite, anstatt in die Tiefe geht, An Stelle der gewünschten Assoziationen zu dem erzählten Traum kommen immer neue Traumstilcke zum Vorschein, die selbst assoziationslos bleiben. Nur wenn sich der Widerstand in mäßigen Grenzen hält, kommt das bekannte Bild der Deutungsarbeit zustande, daß die Assoziationen des Träumcrs von den manifesten Elementen aus: zunächst weit. divergiercn. so daß eine p0ße Anzahl von Themen und Vorstellungskreisen nngerilhrt werden, his dann eine zweite Reihe von Assoziationen von hier aus rasch zu den gesuchten Traumgedanken kon— v e r gie r t„ § 18Dann wird auch das Zusammenarbeiten des Analytikers mit
dem Träumer möglich; bei hohem Widerstandsdruck wäre es nicht einmal zweckmäßig, § 19Eine Anzahl von Träumen, die während der Analysen vor
fallen, sind unübersetzbar, wenngleich sie nicht gerade den Wider— stand zur Schau tragen. Sie stellen freie Bearbeitungen der zu grunde liegenden latenten Treumgedanken vor und sind wohl gelungenen, künstlerisch überarbeiteten Dichtwerken vergleich bar, in denen man die Grundmotive zwar noch kenntlich, aber in beliebiger Durchrilttlung und Umwandlung verwendet findet. Solche Träume dienen in der Kur als Einleitung zu Gedanken § 20§ 21
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§ 22und Erinnerungen des Träumers, ohne daß ihr Inhalt selbst in
Betracht käme. § 233. Man kann Träume von oben und Träume von unten
unterscheiden, wenn man diesen Unterschied nicht zu scharf fassen will. Träume von unten sind solche, die «hu-ch die Stärke eines unbewußten (verdrängten) Wunsches angeregt werden der sich eine Vertretung in irgendwelchen 'l‘agesresten verschafft hat. Sie entsprechen Einbrüchen des Verdräugten in das Wach leben. Träume von oben sind Tagesgedankeu oder Tagesahsichteu gleichzustellen, denen es gelungen ist, sich nächtlicherweile eine Verstärkung aus dem vom Ich abgesprengten Verdränan zu holen Die Analyse sieht dann in der Regel von diesem unbe wußten Helfer ab und vollzieht die Einreihung der latenten Traumgedanken in das Gefüge des Wachdenkens. Eine Al) ändemng der Theorie des ’l‘raumes wird rhu‘ch diese Unterscheidung nicht erioi-derlich. ‘ § 244. In manchen Analysen ode‘ während gewisser Strecken
einer Analyse zeigt sich eine S derung des Treumlebens vom Wachleben, ähnlich wie die Ahsonderung der Phantasiettitigkeit, die eine continued story (einen Tagtraumromau) unterhält, vom Wachdenken. Es knüpft dann ein Traum un den anderen an. nimmt ein Element zum Mittelpunkt, welches im vorhergehenden heiläufig gestreift wurde, 11. dergl, Viel häufiger trifft aber der andere Fall zu, daß die Träume nicht uneinanderhängen, sondern sich in aufeimmderfolgende Stücke des Wachdenkeus einschalten. § 255. Die Deutung eines Traumes zerfällt in zwei Phasen, die
Übersetzung und die Beurteilung oder Verwertung desselben, Während der ersten soll man sich durch keinerlei Rücksicht auf die zweite beeinflussen lassen. Es ist, wie wenn man ein Kapitel eines fremdsprachigen Autors vor sich hat, z. B. des Livius. Zuerst will man wissen, was Livius in diesem Kapitel erzählt. erst dann tritt die Diskussion ein, ob des Gelesene ein Geschichts bericht ist oder eine Sage oder eine Ahscliwoil'uug des Autors. § 26Welche Schlüsse darf man aber aus einem richtig iiberse u
Traum ziehen? Ich habe den Eindruck, daß die analytische Praxis hierin Irrtümer und Überschätzungen nicht immer vermieden hot, und zwar zum Teil aus übergroßem Respekt vor dem „geheimnis vollen Unbew'ußten“. § 27Man vergißt zu leicht daran, daß ein Traum zumeist nur ein
Gedanke ist wie ein anderer, ermöglicht durch den Na.chlaß der Zensur und die unbewußte Verstärkung und entstth durch die Einwirkung der Zensur und die unbewußte Bearbeitung, § 28§ 29
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§ 30Greifen wir das Beispiel der sogenannten Genesungstriiuzne
heraus. Wenn ein Patient einen solchen Traum gehabt hat, in dem er sich den Einschränkungen seiner Neurose zu entziehen scheint., z. B. eine Phobie überwindet oder eine Gefühlsbindung aufgibt, so sind wir geneigt zu glauben, er habe einen großen Fortschritt gemacht, sei bereit, sich in eine neue Lebenslage zu fügen, beginne mit seiner Gesundheit zu rechnen usw. Das mag oftmals richtig sein. aber ebenso oft haben solche Genesungsträume nur den Wert von Bequemlichkeitstraumen, sie bedeuten den Wunsch, endlich gesund zu sein, um sich ein weiteres Stück der analytischen Arbeit, das sie als bevorstehend fühlen, zu ersparen, In solchem Sinn ereignen sich Genesungstrüume z. B. recht häufig, wenn der Patient in eine neue, ihm peinliche Phase der Über trngung eintreten soll. Er benimmt sich denn ganz ähnlich wie § 31_ manche Neurotiker, die sich nach wenigen Stunden Analyse für
geheilt erklären, weil sie allem Unangenehmen entgehen wollen, das in der Analer noch zur Sprache kommen soll. Auch die Krieg-sneurotiker, die auf ihre Symptome verzichteten, weil ihnen die Therapie der Militärärzte das Kranksein noch unbehagliober zu machen verstand, als sie den Dienst an der Front gefunden hatten, sind denselben ökonomischen Bedingungen gefolgt, und die Heilungen haben sich in beiden Fällen nicht haltbar erwiesen. § 326. Es ist gar nicht so leicht, allgemeine Entscheidungen über
den Wert richtig übersetzter Träume zu fällen. Wenn beim Patienten ein Ambivalenzkonflikt besteht, so bedeutet ein feind seliger Gedanke, der in ihm auftaucht, gewiß nicht eine dauernde Überwindung der zärtlicben Regung, also eine Entscheidung des Konflikts, und ebensowenig hat ein Traum vom gleichen feind seligen Inhalt diese Bedeutung. Während eines solchen Ambivalenz konflikts bringt oft jede Nacht zwei Träume, von denen jeder eine andere Stellung nimmt. Der Fortschritt besteht dann darin. daß eine gründliche Isolierung der beiden kontrastierenden Regungen gelungen ist und jede von ihnen mit Hilfe der unbe— wußten Verstärkungcn bis zu ihrem Extrem verfolgt und einge sehen werden kann. Mitunter ist der eine der beiden ambivalenten Träume vergessen werden, man darf sich dann nicht täuschen lassen und annehmen, daß nun die Entscheidung zugunsten der einen Seite gefallen ist. Das Vergessen des einen Traumes zeigt allerdings, daß fiirgden Augenblick die eine Richtung die Oberhand hat, aber das gilt nur fiir den einen Tag und kann sich ändern Die nächste Nacht bringt vielleicht die entgegengesetzte Äußerung in den Vordergrund. Wie der Konflikt wirklich steht, kann nur § 33§ 34
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§ 35durch die Berücksichtigung aller anderen Kundgebungen auch des
Wachlebens erraten werden. § 367. Mit der Frage nach der Wertung der Träume hängt die
andere nach ihrer Beeinflußbarkeit durch ärztliche „Suggestion“ innig zusammen. Der Analytiker wird vielleicht zuerst erschrecken. wenn er an diese Möglichkeit gemahnt wird; bei näherer Über legung wird dieser Schreck gewiß der Einsicht weichen, die Beein— flussung der Träume des Patienten sei fiir den Analytiker nicht mehr Mißgeschiek nder Schande als die Lenkung-seiner bewußten Gedanken, § 37Daß der manifeste Inhalt der Träume durch die analytische
Kur beeinflußt wird, braucht uichfi'st bewiesen zu werden. Das folgt ja schon aus der Einsicht, daß der Traum aus \Vaehleben nnknüpft; und Anregungen desselben verarbeitet. Was in der analytischen Kur vergeht, gehört natürlich auch zu den Eindrücken des Wachlebens und bald zu den stärksten desselben. Es ist also kein Wunder. daß der Patient von Dingen träumt, die der Arzt mit ihm besprochen und deren Erwartung er in ihm geweckt hat. Nicht mehr Wunder jedenfalls, als in der bekannten Tat sache der „experimentellen“ Träume enthalten ist. § 38Das Interesse setzt sich nun dahin fort, ob auch die durch
Deutung zu eruierenden latenten Traumgedanken vom Ana lytiker beeinflußt, suggeriert, werden können. Die Antwort darauf muß wiederum lauten: Selbstverstäudlichja, denn ein Anteil dieser latenten ’I‘raumgedanken entspricht vorbewußten, durchaus bewußt seinsfähigen Gedankenbildungen, mit denen der Träumer eventuell auch im Wachen auf die Anregungen des Arztes hätte reagieren können, mögen die Erwiderungen des Ausdysierten nun diesen Anregungen gleichgerichtet sein oder ihnen widerstrehen Ersetzt man den Traum durch die in ihm enthaltenen Traumgedanken, so iällt eben die Frage, wieweit man Träume suggerieren kann, mit der allgemeineren, inwieweit der Patient in der Analyse der Suggestion zugänglich ist, zusammen. § 39Auf den Mechanismus der Traumhildung selbst, auf die eig-ent
liche Trauma.rbeit gewinnt man nie Einfluß; daran dariman festhalten. § 40Außer dem besprochenen Anteil der vorbewn.ßten Traum
gedanken enthält jeder richtige Traum Hinweise auf die ver. drängten Wunschregungen, denen er seine Bildungsmöglichkeit verdankt. Der Zweifler wird zu diesen sagen, sie erscheinen im Trauma, weil der Träumer weiß, daß er sie bringen soll, daß sie vom Analytlker erwartet werden. Der Analytiker selbst wird mit gutem Recht anders denken. § 41§ 42
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§ 43Wenn der Traum Situationen bringt, die auf Szenen aus der
Vergangenheit des 'l‘räumers gedeutet werden können, scheint die Frage besonders bedeutsam, ob auch an diesen Treuminhalten der ärztliche Einfluß beteiligt sein kann. Am dringendsten wird diese Frage beiden sogenannten bestätigenrlen, der Analyse nachhinkenden Träumen. Bei manchen Patienten bekommt man keine anderen. Sie reproduzieren die vergessenen Erlebnisse ihrer Kindheit erst, nachdem man dieselben aus Symptomen, Einfällen und Andeutungen konstruiert und ihnen dies mitgeteilt hat. Das gibt dann die bestätigenden Träume, gegen welche aber der Zweifel sagt, sie seien ganz ohne Beweiskraft, da sie auf die Anregung des Arztes hin phantasiert sein mögen, anstatt aus dem Unbe Wußten des Träumers ans Licht gefördert zu sein. Ausweichen kann man in der Analyse dieser melirdeutigen Situation nicht, denn wenn manbei diesen Patienten nicht deutet, konstruiert und mitteilt, findet man nie den Zugang zu dem bei ihnen Verdrängten. § 44Die Sachlage gestaltet sich günstig, wenn sich an die Ana
lyse eines solchen nachhinkenden bestätigenden Traumes unmittel— bar Erinnerungsgefiihle fiir das bisher Vergessene knüpfen. § 45Der Skeptiker hat dann den Ausweg zu sagen, es seien
Erinnerungstäuschungen, Meist sind auch solche Erinnerunge gefi1hle nicht vorhanden. Das Verdrängte wird nur stückweise durchgelesen und jede Unvollständigkeit hemmt oder verzögert die Bildung einer Überzeugung. Auch kann es sich um dieRepro duktion nicht einer wirklichen, vergessenen Begebenheit, sondern um die Förderung einer unbewußten Phantasie handeln, für welche ein Erinnerungsgel'ühl niemals zu erwarten ist, aber irgend ein— mal ein Gefühl subjektiver Überzeugung möglich bleibt § 46Können also die Bestätigungsträume wirklich Erfolge der
Suggestien, also Geihüigkeitsträume sein? Die Patienten, welche nur Bestätigungsträume bringen, sind dieselben, bei denen der Zweifel die Rolle des hanptsäcblichen Widerstandes spielt. Man macht nicht den Versuch, diesen Zweifel durch Autorith zu über schreien oder ihn mit Argumenten zu erschlagen Er muß bestehen bleiben, bis er im weiteren Fortgang der Analyse zur Erledigung kommt. Auch der Analytiher darf im einzelnen Falle einen solchen Zweifel festhalten. Was ihn endlich sicher macht, ist gerade die Komplikation der ihm gestellten Aufgabe, die der Lösung eines der „Puzzles“ genannten Kinderspiele vergleichbar ist Dort ist eine farbige Zeichnung, die auf ein Holzbrettcben geklebt ist und genau in einen Holzrahmen paßt, in viele Stücke zerschnitten werden, die von den unregelmäßigsten krummen Linien begrenzt § 47§ 48
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§ 49werden. Gelingt es, den uncrdentlichen Haufen von Helzplättchen.
deren jedes ein unverständliches Stück Zeichnung trägt, so zu ordnen, daß die Zeichnung sinnvoll wird, daß nirgends eine Lücke zwischen den Fugen bleibt, und daß das Ganze den Rahmen aus füllt, sind alle diese Bedingungen erfüllt, so weiß man, daß man die Lösung des Puzzle gefunden hat und daß es keine andere gibt § 50Ein solcher Vergleich kann natürlich dem Analysierten
während der unvollendeten analy;i)s£en Arbeit nichts bedeuten. Ich erinnere mich hier an eine ussion, die ich mit einem Patienten zu fiihren hatte, dessen außerordentliche Ambivalenz einstellung sich im stärksten zwanghaften Zweifel äußerte. Er bestritt die Deutungen seiner Träume nicht und war von deren Übereinstimmung mit den von mir geäußerten Mutruaßungen sehr ergriffen. Aber er fragte, ob diese bestätigenden Träume nicht Ausdruck seiner Gefügigkeit gegen mich sein könnten. Als ich geltend machte, daß diese Träume auch eine Summe von Einzel heiten gebracht hätten, die ich nicht ahnen konnte, und daß sein sonstiges Benehmen in der Kur gerade nicht. von Gefügigkeit zeugte, wandte er sich zu einer anderen Theorie und fragte, ob nicht sein narzißtischer Wunsch, gesund zu werden, ihn verenlaßt haben könne, solche Träume zu produzieren, da ich ihm doch die Genesung in Aussicht gestellt habe, wenn er meine Konstruktionen annehmen könne. Ich mußte antworten, mir sei von einem solchen Mechanismus der Traumbildung noch nichts bekannt werden, aber die Entscheidung kam auf anderem Wege. Er erinnerte sich an Träume, die er gehabt, ehe er in die Analyse eintrat, ja ehe er etwas von ihr erfahren hatte, und die Analyse dieser vom Suggestionsverdacht freien Träume ergab dieselben Deutungen wie der späteren. Sein Zwang zum Widerspruch fand zwar noch den Ausweg, die früheren Träume seien minder deutlich gewesen als die während (ler Kur vor-gefallenen, aber mir genügte die Übereinstimmung. Ich meine, es ist überhaupt gut, gelegentlich daran zu denken, daß die Menschen auch schon zu träumen pflegten, ehe es eine Psychoanalyse gab. § 518. Es könnte wohl sein, daß es den Träumen in einer Psycho—
analyse in ausgiebigerem Maße gelingt, das Verdrängte zum Vor schein zu bringen, als den Träumen außerhalb dieser Situation. Aber es ist nicht zu erweisen, denn die beiden Situationen sind nicht vergleichbar; die Verwertung in der Analyse ist eine Absicht, die dem Traume ursprünglich ganz ferne liegt. Dagegen kann es nicht zweifelhaft sein, daß innerhalb einer Analyse weit mehr des Verdrängten im Anschluß an Träume zutage gefördert wird als § 52§ 53
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§ 54mit Hilfe der anderen Methoden; für solche Mehrleistung muß es
einen Motor geben, eine unbewußte Macht, welche während des Schief— zustnndes besser als sonst imstande ist, die Absichten der Ana— lyse zu unterstützen. Nun kann man hiefür kaum einen anderen Faktor in Anspruch nehmen als die aus dem ltliernkomplex stammende Gefügigkeit des Anelysierten gegen den Analytiker, also den positiven Anteil der von uns so genannten Übertragung. und in der 'l‘et läßt sich an vielen Träumen, die Vergessenes und Verdrängtes wiederhringen, kein anderer unbewußter Wunsch entdecken, dem man die Triebkreft fiir die Treumbildung zuschreiben könnte. Will also jemand behaupten, daß die meisten der in der Analyse verwertbaren Träume Gefälligkeitstränme sind und der Suggestion ihre Entstehung verdanken, so ist vom Standpunkt der analytischen Theorie nichts dagegen einzuwendsn. Ich brauche dann nur noch auf die Erörterungen in meinen „Vorlesungen zur Einführung“ zu verweisen,in denen das Verhältnis der Übertragung zur Suggestion behandelt und dergetan wird, wie wenig die Anerkennung der Suggestionswirkung in unserem Sinne die Zuverlässigkeit unserer Resultate schädigt. § 55Ich habe mich in der Schrift „Jenseits des Lustprinzips“
mit dern ökonomischen Problem beschäftigt, wie es den in jeder Hinsicht peinlichen Erlebnissen der {ruhinfuntilen Sexualperiode gelingen kann, sich zu irgend einer Art von Reproduktion durch zuringen. Ich mußte ihnen im „Wiederholungszwnng“ einen außer ordentlich starken Auftrieb zugestehen, der die im Dienst des Lustprinzips auf ihnen lasiende Verdrängung bewältigt, aber doch nicht eher, „als bis die entgegenkommende Arbeit der Kur die Verdrängung gelockert hat.“ (S. 17). Hier wäre einzuschalten, daß es die positive Übertragung ist, welche dem Wicderholungs zwang diese Hilfe leistet. Es ist dabei zu einem Bündnis der Kur mit dem Wiederholungszwang gekommen, welches sich zunächst gegen das Lustprinzip richtet, aber in letzter Absicht die Herr schaft des Realitätsprinzips aufrichten will. Wie ich dort ausge führt habe, ereignet es sich nur allzu häufig, daß sich der Wieder holungszwang von den Verpflichtungen dieses Bundes frei macht und sich nicht mit der Wiederkehr des Verdrängten in der Form von Traumbiidern begnügt, § 569. So weit ich bis jetzt sehe, ergeben die Träume bei trau
matischer Neurose die einzige wirkliche, die Straiträume die einzige scheinbare Ausnahme von der wunscherfiillenden Tendenz des Traumes. Bei diesen letzteren stellt sich der merkwürdige Tatbestand her, daß eigentlich nichts von den latenten Traum § 57§ 58
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§ 59gedanken in den manifesten Traumiuhalt aufgenommen wird,
sondern (laß an deren Stelle etwas ganz anderes tritt, was als eine Reaktionsbildung gegen die Trnu‘gedanken, als Ablehnung und voller Widerspruch gegen sie beschrieben werden muß. Ein solches Einschreiten gegen den Traum kann man nur der kritischen lchinstanz zutrauen und muß daher annehmen, daß diese, durch die unbewnßte Wunseherfüllung gereizt, sich zeitweilig auch während des Sehlai‘zustandes wiederhergestellt hat. Sie hätte aul' diesen unerwünschten Trauminhalt auch mit Erwachen reagieren können, fand aber in der Bildung des Stral'tranmes einen Weg, die Suhlsfstörung zu vermeiden. § 60So ist else z. B. für die bekannten Träume des Dichters
Rnsegger, die ich in der Traumdeutung (S. 321 der 7. Aufl.) erwähne, ein unterdrückter Text von heclimiitigem, prahlerisehem Inhalt zu vermuten, der wirkliche Traum aber hielt ihm vor: „Du bist ein unfähiger Schneidergeselle“. Es wäre natürlich unsinnig, nach einer verdrängten Wunsclu'egung als ’l‘riebkraft dieses manifesten Traumes zu suchen; man muß sich mit der Wunscherl'üllung der Selbstkl‘itik hegnilgen. § 61Das Befremden über einen derartigen Aufbau des Traumes
ermäßigt sich, wenn man bedenkt, wie geliiufig es der Traum— entstellung im Dienste der Zensur ist, für ein einzelnes Element etwas einzusetzen, was in irgend einem Sinne sein Gegenteil oder Gegensatz ist. Von (la ab ist es nur ein kurzer Weg bis zur Ersetzung eines charakteristischen Stückes ’l‘rauminhalt durch einen abwehrenden Widerspruch, und ein Schritt weiter fiihrt zur Ersetzung des ganzen ansiößigen 'l‘rnuminhalts durch den Straftrnum. Von dieser mittleren Phase der Verfälschung des manifesten Inhalts möchte ich ein oder zwei charakteristische Beispiele mitteilen. § 62Aus dem Traum eines Mädchens mit starker Vaterfixierung,
welches sich in der Analyse schwer ausspricht: Sie sitzt im Zimmer mit einer Freundin, nur mit einem Kimono bekleidet. Ein Herr kommt herein, vor dem sie sieh geniert. Der Herr sagt aber; „Das ist ja das Mädchen, das wir sehen einmal so sch' bekleidet gesehen haben.“ , Der Herr bin ich, in weiterer Zurück führung der Vater. Mit dem Traum ist aber nichts zu machen, so lange wir uns nicht entschließen, in der Rede des Herrn das wichtigste Element durch seinen Gegensatz zu ersetzen: „Das ist das Mädchen, das ich schon einmal unbekleidet und dann so schön gesehen habe.“ Sie hat als Kind von drei bis vier.Jabren eine Zeitlang im selben Zimmer mit dem Vater geschlafen und § 63§ 64
„„,
§ 65_'\'«Wth.
§ 6610 Sigm. Freud
§ 67alle Anzeichen deuten darauf hin, daß sie sich damals im Schlaf
aufzudecken pflegte, um dem Vater zu gefallen. Die seitherige Verdrängung ihrer Exhibitionslust motiviert heute ihre Ver schlossenheit in der Kur, ihr Unlust, sich nnverhiillt zu zeigen, § 68Aus einer anderen Szene desselben Trnumes: Sie liest ihre
eigene, im Druck vorliegende Krankengeschichte. Darin steht, daß ein junger Mann seine Geliebte ermordet. — Kakao » das gehört zur Analerotik. Das letztere ist ein Gedanke, den sie im Traum bei der Erwähnung des Kakao hat. -. Die Deutung dieses ’i‘raun1stiickcs ist noch schwieriger als die des vorigen. Man erfährt endlich, daß sie vor dem Einschiaien die „Geschichte einer infantilen Neurose“ (fünfte Folge der Sammlung kleiner Schriften) gelesen hat, in welcher eine reale oder phantasierte Koitusbeobachtnng der Eltern den Mittelpunkt bildet. Diese Krankengoschichto hat sie schon friiher einmai auf die eigene Person bezogen, nicht das einzige Anzeichen, daß auch bei ihr eine soiche Beobachtrmg in Betracht kommt. Der junge Mann, der seine Geliebte ermordet, ist nun eine deutliche Anspielung auf die sadistisuhe Auflassrmg der Koitusszene, aber das nächste Element, der Kakao, geht weit davon ab. Zum Kakao weiß sie nur zu assoziieren. daß ihre Mutter zu sagen pflegt, vom Kakao bekomme man Kopfweh, auch von anderen Frauen will sie das gleiche gehört haben. Übrigens hat sie sich eine Zeitlang durch ebensclche Kopfschmerzen mit der Mutter identifiziert Ich kann nun keine andere Verknüpfung der beiden 'I‘raumelemente finden als durch die Annahme, daß sie von den Folgerungen aus der Koituslyeobachtung ablenken will. Nein, das hat nichts mit der iiiuderzeugung zu tun. Die Kinder kommen von etwas, das man ißt (wie im Märchen). und die Erwähnung der Aneierotik, die wie ein Deutungsversuch im Traum aussieht, vervollständigt die zu Hilfe gerufenc infantile Theorie durch die Hinzufügung der axialen Geburt. § 6910. Man hört gelegentlich Verminderung darüber äußern,
daß das Ich des '1‘I'linmsrs zwei- oder mehrmals im manifesten Traum erscheint, einmal in eigener Person und die anderen Male hinter anderen Personen versteckt. Die sekundäre Bearbeitung hat während der Traumhildung offenbar das Bestreben gehabt, diese Vielheit des ichs, welche in keine szenische Situation paßt, auszumerzen, durch die Deutungsarbeit wird sie aber wieder hergestellt Sie ist an sich nicht merkwürdiger als das mehrfache Vorkommen des lchs in einem wachen Gedanken, zumal wenn sich dabei das ich in Subjekt und Objekt zerlegt, sich als hoch achtende und kritische instanz dem anderen Anteil gegenüber § 70§ 71
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§ 72stellt oder sein gegenwärtiges Wesen mit. einem erinnerten,
vergangenen, das auch einmal Ich war, vergleicht. So ze B. in den Sätzen: „Wenn ich deren denke,wa,s ich diesem Menschen getan habe“ und „Wenn ich daran denke, daß ich auch einmal ein Kind war.“ Daß aber alle rennen, die im 'l‘x'anme vorkommen, als Abspaltungen und Vertretungen des eigenen lchs zu gelten haben, möchte ich als eine inhaltslose nnd unbemchhigte Speku— lation zurückweisen. Es genügt uns daran festzuhalten, daß die Sonderung des lchs von einer beobachtendon, l;riiisierenden, si.rafenden Insianz (lehideul) auch für die 'l‘mmndeuiaung in Betracht kommt § 73