Traum und Telepathie (1922-001/1931)

Über das Werk

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  • Diercks, Christine
  • Rohrwasser, Michael
  • Konzept für die Edition und die Datenbank, Richtlinien, Quellenforschung, Signaturen, Referenzsystem
  • Diercks, Christine
  • Quellenforschung, Digitalisierung der Datenquellen, Bildbearbeitung, Faksimile-Ausgabe, Bibliografie
  • Blatow, Arkadi
  • Diplomatische Umschrift, Lektorat
  • Diercks, Christine
  • Huber, Christian
  • Kaufmann, Kira
  • Liepold, Sophie
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  • Roedelius, Julian
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  • Andorfer, Peter
  • Stoxreiter, Daniel

Freud, Sigmund: Traum und Telepathie (1922-001/1931). In: Andorfer, Peter; Blatow, Arkadi; Diercks, Christine; Huber, Christian; Kaufmann, Kira; Liepold, Sophie; Roedelius, Julian; Rohrwasser, Michael; Stoxreiter, Daniel (2022): Sigmund Freud Edition: Digitale Historisch-Kritische Gesamtausgabe, Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage, Wien. [3.4.2023], file:/home/runner/work/frd-static/frd-static/data/editions/plain/sfe-1922-001__1931.xml
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midi gesehen?“ mit dem Nacht.mahl ins Zimmer trat. Aber es scheint, daß sie überhaupt die Stelle der feindlichen Kon— kurrentin zu übernehmen bestimmt ist. Sie wird als Pflege— person herabgesetzt, indem sie sich fiir das verlorene Kind gar nicht interessiert, sondern von ihren eigenen Angelegenheiten Antwort gibt. Auf sie wird also die Gleichgültigkeit gegen das Pflegekind verschoben, zu der sich die Träumerin gewendet hat. Ihr wird die unglüdtlidie Ehe und Scheidung angedichtet, welche die Träumerin in ihren geheimsten Wünsdien selbst fürchten müßte. Wir wissen aber, daß es die Tante ist, welche die Träumen-in von ihrem Verlobten geschieden hat. So mag die „Verkäuferin von Eßwaren“ (was einer infantilen symbolischen Bedeutung nicht zu entbehren braucht) zur Repräsentantin der, übrigens nicht viel älteren, Tante-Oberin werden, welche bei unserer Träumerin die hergcbrachte Rolle der Mutter—Konkurrentin eingenommen hat. Eine gute Bestätigung dieser Deutung liegt in dem Umstand, daß der im Traume „bekannte“ Ort, an dem sie die in Rede stehende Person vor ihrer Tür findet? der Ort ist, wo eben diese Tante als Oberin lebt.

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Infolge der Distanz, weldie den Analysierenden vorn Objekt der Analyse trennt, muß es ratsam werden, nicht weiter in das Gewebe dieses Traumes einzudringen. Man darf vielleidit sagen, audi soweit er der Deutung zugänglich wurde, zeigte er sich reidl an Bestätigungen wie an neuen Problemen.

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TBAUM UND TELEPATHIE (1911)

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Eine Ankündigung wie die meinige muß in diesen Zeiten, die so voll sind von Interesse für die sogenanut ok k u lt e n Phänomene, ganz bestimmte Erwartungen erwecken. Ich be—

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eile mich also, diesen zu widerspred'ren. Sie werden aus meinem Vortrag nichts über das Rätsel der Telepathie erfahren, nicht einmal Aufschluß darüber erhalten, ob im an die Existenz einer „Telepathie“ glaube oder nicht. Ich habe mir hier die sehr bescheidene Aufgabe gestellt, das Verhältnis der telepathisahen Vorkommnisse, welcher Herkunfl: immer sie sein mögen, zum Traum, genauer: zu unserer Theorie des Traumes, zu untersuchen. Es ist Ihnen bekannt, daß man die Beziehung zwischen Traum und Telepathie gemeinhin fiir eine sehr innige hält; im werde vor Ihnen die Ansicht vertreten, daß die beiden wenig miteinander zu tun haben, und daß. wenn die Existenz telepathiscber Träume sichergestellt würde, dies an unserer Auffassung des Traumes nichts zu ändern brauchte.

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Das Material, das dieser Mitteilung zugrunde liegt, ist sehr klein. Id1 muß vor allem meinem Bedauern Ausdruck geben, daß ich nicht wie damals, als ich die „Traumdcutung“ (1900) schrieb, an eigenen Träumen arbeiten konnte. Aber ich habe nie einen „telepathischen" Traum gehabt. Nicht etwa, daß es mir an Träumen gefehlt hätte, welche die Mitteilung enthielten, an einem gewissen entfernten Ort spiele sich ein bestimmtes Ereignis ab, wobei es der Auffassung des Träumers überlassen ist, zu entscheiden, ob das Ereignis eben jetzt eintrete oder zu irgendeiner späteren Zeit; auch Ahnungen entfernter Vorgänge mitten im Waduleben habe ich 0&‘ verspürt, aber alle diese Anzeigen, Vorhersagen und Ahnungen sind, wie wir uns ausdrücken: nicht eingetrofien; es zeigte sich, daß ihnen keine äußere Realität entsprach, und sie mußten darum als rein subjektive Erwartungen aufgefaßt werden.

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Ich habe zum Beispiel einmal während des Krieges geträumt, daß einer meiner an der Front befindlichen Söhne gefallen sei. Der Traum sagte dies nicht direkt, aber doch unverkennbar, er drückte es mit den Mitteln der bekannten, zuerst von W. Stekel angegebenen Todessymbolik aus. (Versäumen

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wir nicht, hier die ofl; unbequeme Pflid'it literarischer Gewissenhaftigkeit zu erfüllen!) Id; sah den jungen Krieger an einem Landungssteg stehen, an der Grenze von Land und Wasser; er kam mir sehr hleich vor, idi sprad1 ihn an, er aber ant— wortete nicht. Dazu kamen andere nicht mißverständliche Anspielungen. Er trug nicht militärische Uniform, sondern ein Skifahrerkostüm, wie er es bei seinem schWeren Skiunfall mehrere Jahre vor dem Kriege getragen hatte. Er stand auf einer sd1emelartigen Erhöhung vor einem Kasten, welche Situation mir die Deutung des „Fallens" mit Hinsid'it auf eine eigene Kindheitserinnerung nahelegen mußte, denn id: selbst war als Kind von wenig mehr als zwei Jahren auf einen solchen Sehemel gestiegen, um etwas von einem Kasten herunterzuholen, — wahrsd1einlieh etwas Gutes, — bin dabei umgefallen und habe mir eine Wunde geschlagen, deren Spur ich noch heute zeigen kann. Mein Sohn aber, den jener Traum totsagte, ist heil aus den Gefahren des Krieges zurüdrgekehrt.

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Vor kurzem erst habe idtei.nen anderen Unheil verkündenden Traum gehabt, im glaube, es war unmittelbar ehe ich mich zur Abfassung dieser kleinen Mitteilung entsd1loß; diesmal war nicht viel Verhüllung aufgewendet worden; ich sah meine beiden in England lebenden Nid1ten, sie waren schwarz gekleidet und sagten mir: am Donnerstag haben wir sie begraben. Id: wußte, daß es sich um den Tod ihrer jetzt siebenundadltzigjährigen Mutter, der Frau meines verstorbenen ältesten Bruders, handle.

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Es gab natürlich eine Zeit peinlicher Erwartung bei mit; das plötzlid'xe Ableben einer so alten Frau wäre ja nid1ts Uberraschendes und es wäre doch so unerwünscht, wenn mein Traum gerade mit diesem Ereignis zusammenträfe. Aber der näd1ste Brief aus England zerstreute diese Befürchtung. Für alle diejenigen, welche um die Wunschtheorie des Traumes besorgt sind, will ich die beruhigende Versicherung einschalten,

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daß es der Analyse nicht schwer geworden ist, aud1 für diese Todesträume die zu vermutenden unbewußten Motiire aufzudecken.

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Unterbredien Sie midi jetzt nicht mit dem Einwand, daß solche Mitteilungen wertlos sind, weil negative Erfahrungen hier so wenig wie auf anderen minder okkulten Gebieten irgend etwas beweisen können. Ich weiß das auch selbst und. habe diese Beispiele auch gar nicht in der Absicht angeführt, um einen Beweis zu geben oder eine bestimmte Einstellung bei Ihnen zu «schleichen. Ich wollte nur die Einschränkung meines Materials reditfertigen.

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Bedeutsamer erscheint mir allerdings eine andere Tatsad1e, daß ich nämlich während meiner ungefähr siebenundzwanzigjährigen Tätigkeit als Analytiker niemals in die Lage gekommen bin, bei einem meiner Patienten einen rid'nzigen telepathischen Traum mitzuerleben. Die Menschen, an denen ich arbeitete, waren dodx eine gute Sammlung von schwer neuropathisd1en und. „lindisensidven“ Naturen; viele unter ihnen haben mit die merkwürdigsten Vorkommnisse aus ihrem früheren Leben erzählt, auf die sie ihren Glauben an geheimnisvolle okkulte Einflüsse stützten. Ereignisse, wie Unfälle, Erkrankungen naher Angehöriger, insbesondere Todesfälle eines Elternteiles, haben sich während der Kur oft genug zugetragen und dieselbe unterbrod1en, aber nicht ein einziges Mal versd1afften mir diese ihrem Wesen nadi so geeigneten Zufälle die Gelegenheit, eines telepathiseben Traumes babha& zu werden, obwohl die Kur sich über halbe, ganze Jahre und eine Mehrzahl von Jahren ausdehnte. Um die Erklärung dieser Tatsache, die wiederum eine Einschränkung meines Materials mit sich bringt, möge sich bemühen, wer immer will. Sie werden sehen, daß ,sie selbst für den Inhalt meiner Mitteilung nicht in Betracht kommt.

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Ebensowenig kann mich die Frage in Verlegenheit bringen,

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warum ich nicht aus der reichen Fülle der in der Literatur niedergelegten telepathischen Träume gesduöpfl habe. Id'1 hätte nicht lange zu suchen gehabt, da mir die Veröffentlid1ungen der englisd1en wie der amerikanischen Society for Psyd1ical Research als deren Mitglied zu Gebote stehen. In all diesen Mitteilungen wird eine analytisd1e Würdigung der Träume, wie sie uns in erster Linie interessieren muß, niemals versud'1t.1 Andrerseits werden Sie bald einsehen, daß den Absichten dieser Mitteilung auch durch ein einziges Traumbeispiel Geniige geleistet wird.

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Mein Material besteht also einzig und allein aus zwei Berichten, die ich von Korrespondenten aus Deutschland er— halten habe. Die Betrefienden sind mir persönlich nicht bekannt, sie geben aber Namen und Wohnort an; ich habe nicht den mindesten Grund, an eine irreführende Absicht der Schreiber zu glauben.

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I) Mit dem einen der beiden stand id) schon früher in Brief— verkehr; er war so liebenswiirdig, mir, wie es audi viele andere Leser tun, Beobachtungen aus dem Alltagsleben und ähnliches mitzuteilen. Diesmal stellt der oflenbar gebildete und intelligente Mann mir sein Material ausdrücklich zur Verfügung, wenn id1 es „literarisdu verwerten“ wollte.

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Sein Brief lautet:

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„Nadzstehenden Traum halte id; für interessant genug, um ihn Ihnen als Material für Ihre Studien zu liefern.

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Voraussdzidren muß ich: Meine Tod1ter, die in Berlin ver—

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heiratet ist, erwartet Mitte Dezember d. ]. ihre erste Niederkunft. Id; beabsichtige, mit meiner (zweiten) Frau, der Stiefmutter meiner

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x) In zwei Schriften des obengenannten Autors W. Stekel („Der telepathisd1e Traum“, Berlin, ohne Jahreszahl, und „Die Sprache des Traumes", ;. Auflage, 1922) finden sich wenigstens Ansätze zur Anwendung der analytischen Technik auf angeblich telepathisd1e Träume. Der Autor bekennt sich zum Glauben an die Realität der Telepathie.

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Todner, um diese Zeit nach Berlin zu fahren. In der Nadat vom 16. auf den 17. November träume ich, und zwar so lebhaft und anschaulich wie sonst nie, daß meine Frau Zwillinge geboren hat. Id: rein die beiden prächtig aancbauenden Kinder mit ihren raten Peusbacken deutlich nebeneinander in ihrem Bettdren liegen. das Geschlecht stelle ich nicht fen, da.; eine mit semmelblondem Haar trägt deutlich meine Züge, gemischt mit Zügen meiner Frau, das andere mit leastanienbraunem Hear trägt deutlich die Züge meiner Frau, gemischt mit Zügen von mir. Ida sage zu meiner Frau, die rotblnnde: Haar bat, wahrscheinlid: wird das kaytanienbralme Haar ,deines‘ Kinder rpäter nude rot werden. Meine Frau gibt den Kindern die Brust. Sie hatte in einer Wa;cbsdriinel Marmelade gekocht (auch Traum) und beide Kinder klettern auf allen vier-en in der Sdn'isrel herum und lecken sie nur.

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Dies ist der Traum. Vier— oder fünfmal bin id1 dabei halb erwacht, frage mich, ob es wahr ist, daß wir Zwillinge bekommen haben, komme aber doch nieht mit voller Sicherheit zu dem Ergebnis, daß id1 nur geträumt habe. Der Traum dauert bis zum Erwachen und and: danach dauert es eine Weile, bis id1 mir über die Wahrheit klar geworden bin. Beim Ka.fl'ee erzähle id] meiner Frau den Traum, der sie sehr belnstigt. Sie meint: Ilse (meine Tochter) wird dod1 nicht etwa Zwillinge bekommen? Ida erwidere: Das kann ich mir kaum denken, denn weder in meiner noch in Gs. (ihres Mannes) Familie sind Zwillinge heimisch. Am 18. November früh zehn Uhr erhalte id: ein nachmittags vorher aufgegebenes Telegramm meines Sehwiegersnhnes, in dem er mir die Geburt von Zwillingen, eines Knaben und eines Mäddsens, anzeigt. Die Geburt ist also in der Zeit vor sich gegangen, wo id; träumte, daß meine Frau Zwillinge bekommen habe. Die Niederkunfl ist vier Wochen früher erfolgt, als wir alle auf Grund der Vermutungen meiner Todnter und ihres Mannes annahmen.

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Und nun weiter: In der näd1$ten Nacht träume ich, meine verstorbene Frau, die Mutter meiner Tochter, babe acbtundvierzig neugeborene Kinder in Pflege genommen. Als dar erste Dutzend eingeliefert wird, proteniere ich. Damit endet der Traum.

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Meine verstorbene Frau war sehr kinderlieh. Oil: sprach sie davon, daß sie eine ganze Schar um sich haben möchte, je mehr, desto lieber, daß sie sid-1 als Kindergärtnerin ganz besonders eignen und wohlfühlen würde. Kirderlärm und Geschrei waren ihr Musik. Gelegentlidx lud sie auch einmal eine ganze Sd1,ar Kinder aus der

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Straße und trainierte sie auf dem Hof unserer Villa mit Schokolade und Kuchen. Meine Tochter hat nach der Entbindung und besonders nach der Überraschung durch das vorzeitige Eintreten, durch die Zwillinge und die Verschiedenheit des Geschlechts gewiß gleid1 an die Mutter gedacht, von der sie wußte, daß sie das Ereignis mit lebhafter Freude und Anteilnahme aufnehmen werde. ,Was Würde erst Mutti sagen, wenn sie jetzt an meinem Worhenbett Stände? Dieser Gedanke ist ihr zweifellos durch den Kopf gegangen. Und id1 träume nun diesen Traum von meiner verstorbenen ersten Frau, von der ich sehr selten träume, nach dem ersten Traum aber auch nidn: gesprodxen und mit keinem Gedanken an sie gedad1t habe.

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Halten Sie das Zusammentreflen von Traum und Ereignis in beiden Fällen für Zufall? Meine Tud1ter, die sehr an mir hängt, hat in ihrer schweren Stunde sicher besonders an mid-1 gedacht, wohl nude, weil ich oft mit ihr über Verhalten in der Schwangerschaft korrespondiert und ihr immer wieder Ratschläge gegeben habe.“

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Es ist leicht zu erraten, was ich auf diesen Brief antwortete. Es tat mir leid, daß audJ bei meinem Korrespondenten das analytische Interesse vom telepathischen so völlig erschlagen werden war; ich lenkte also von seiner direkten Frage ab, bemerkte, daß der Traum auch sonst nodi allerlei enthielt, außer seiner Beziehung zur Zwillingsgeburt, und bat, mir jene Auskünfte und Einfälle mitzuteilen, die mir eine Deutung des Traumes ermöglichen könnten.

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Daraufhin erhielt ich den nachstehenden zweiten Brief, der meine Wünsdue freilid'i nicht ganz befriedigte:

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„Erst heute komme id1 dazu, Ihren freundlichen Brief vom 14. d. M. zu beantworten. Ich will Ihnen gern ,lückenlos und rüd(haltlos‘ alle Assoziationen, auf die ich komme, mitteilen. Leider ist es nicht viel geworden, bei einer mündlichen Aussprache käme mehr heraus.

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Also! Meine Frau und im wünschen uns keine Kinder mehr. Wir verkehren and] so gut wie gar nid1t g85d116d1tlidl miteinander, wenigstens lag zur Zeit des Traumes keinerlei ,Gefal'u" vor. Die! Niederkunfl meiner Tod1ter, die Mitte Dezember erwartet wurde, war natürlid1 öfter Gegenstand unserer Unterhaltung. Meine Tochter

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war im Sommer untersucht und geröntgt werden, dabei stellte der Untersuehende fest, daß es ein Junge werde. Meine Frau äußerte gelegentlich: ,Ich würde lachen, wenn es nun doch ein Mäddien würde.‘ Sie meinte audi gelegentlid1, es wäre besser, wenn es ein H. als ein G. (Name meines Sd1wiegersohnes) würde, meine Tod1ter ist hübscher und stattliduet in der Figur als mein Sdzwiegersohn, obgleich er Marineoffizier war. Ida beschäftigte mich mit Vererbungsfragen und habe die Gewohnheit, mir kleine Kinder darauf anzusehen, wem sie gleichen. Noch eins! Wir haben ein kleines Händchen, das abends mit am Tisch sitzt, sein Futter laekommt und Teller und Schüsseln ausledst. All dieses Material kehrt im Traum wieder. »

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Ich habe kleine Kinder gern und sehen oft gesagt, ich möchte noth einmal so ein Wesen aufziehen, jetzt, wo man es mit sehr viel mehr Verständnis, Interesse und Ruhe vermag, aber mit meiner Frau, die nicht die Fähigkeiten zur vernünftigen Erziehung eines Kindes besitzt, möd1te ich keins zusammen haben. Nun besdiert mir der Traum zwei — das Geschlecht habe ich nicht festgestellt. Ich sehe sie noch heute im Bett liegen und erkenne sd)arf die Züge, das eine mehr ,Ich‘, das andere mehr meine Frau, jedes aber. kleine Züge vom anderen Teil. Meine Frau hat rotblondes Haar, eines der Kinder aber kananien(rotcs)hraunes. Id: age: ,Na, das wird später auch noch rot werden.‘ Die beiden Kinder kried1eu in einer großen Wasd15chiissel, in der meine Frau Marmelade ,geriihrt hat, herum und ledsen den Boden und die Ränder als (Traum). Die Herkunft dieses Details ist leicht erklärlich, wie der Traum überhaupt nicht schwer verständlidn und deutbar ist, wenn er nicht mit dem wider Erwarten frühen Eintreten der Geburt meiner Enkel (drei Wod18n zu früh) zeitlich fast auf die Stunde (genau kann ich nicht sagen, wenn der Traum begann, um neun und viertel zehn wurden meine Enkel geboren, um elf etwa ging id) zu Bett und nad1ts träumte id1} zusamengetroifen wäre und wir nieht schon vorher gewußt hätten, daß es ein Junge werden wiirde. Freilich kann wohl der Zweifel, ob die Feststellung richtig gewesen sei, —— Junge oder Mädchen — im Traume Zwillinge auftreten lassen, es bleibt aber immer noch das zeitliche Zusammentreffen des Traumes von den wallingen mit dem unerwarteten und drei Wochen zu frühen Eintreffen von Zwillingen bei meiner Tochter.

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Es ist nicht das erstemal, daß Ereignisse in der Ferne sich mir bewußt machen, ehe ich die Nachricht erhalte. Eines unter zahl—

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334 Traum und reid1enl Im Oktober besuchten midi meine drei Brüder. Wir haben uns seit dreißig Jahren nicht wieder zusammen (der eine den anderen natürlid: öfter) gesehen, nur einmal ganz kurz heim Begräbnis meines Vaters und dem meiner Mutter. Beider Tod war zu erwarten, in keinem Falle habe ich ,vorgefühlt‘. Aber als vor zirka fünfundzwanzig Jahren mein jüngster Bruder im zehnten Lebensjahr plötzlich und unerwartet starb, kam mir, als mir der Briefbote die Postkarte mit der Nachricht von sainem Tode übergab, ohne daß id: einen Blick darauf geworfen hatte, sofort der Gedanke: Da steht darauf, daß dein Bruder gestorben ist. Er war doch allein im Elternhaus, ein kräftiger gesunder Bub, während wir vier älteren Brüder alle vom Elternhaus schon flügge geworden und abwesend waren. Zufällig kam das Gesprärh beim Besuch meiner Brüder jetzt auf dieses mein Erlebnis damals, und alle drei Brüder kamen nun wie auf Kommando mit der Erklärung heraus, daß ihnen damals genau dasselbe passiert sei wie mir. Ob auf dieselbe Weise, kann id: nicht mehr sagen, jedenfalls erklärte jeder, den Tod vorher als Gewißheit im Gefühl gehabt zu haben, ehe die bald darauf eintrefl'ende und gar nicht zu erwartende Nachricht ihn angezeigt hatte. Wir sind alle vier von Mutter! Seite her sensible Naturen, große, kräftige Menschen dabei, aber keiner etwa spiritistiseh oder okkultistisdi angehaudnt, im Gegenteil, wir lehnen beides entsd1ieden ab. Meine Brüder sind alle drei Akademiker, zwei Gymnasiallehrer, einer Oberlandmesser, eher Pedanten als Phantasten. —— Das ist alles, was ich Ihnen zum Traum zu sagen weiß. Wenn Sie ihn etwa lieerarisd1 verwerten wollen, stelle id: ihn gern zur Verfügung.“

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Ich muß befürchten, daß Sie sich ähnlidx verhalten werden wie der Sd1reiber der beiden Briefe. Auch Sie werden sich vor allem dafiir interessieren, ob man diesen Traum wirklich als eine telepath.isdie Anzeige der unerwarteten Zwillingsgeburt auffassen darf, und gar nid1t dazu geneigt sein, ihn wie einen anderen der Analyse zu unterziehen, Ich sehe voraus, daß es immer so sein wird, wenn Psychoanalyse und Okkultismus zusammenstellen. Die erstere hat sozusagen alle seelischen Instinkte gegen Sidi, dem letzteren kommen starke, dunkle Sympathieu entgegen. Id; werde aber nicht den Standpunkt

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einnehmen, ich sei nichts als ein Psydmanalytiker, die Fragen des Okkultismus gehen mich nichts an; das würden Sie doch nur als Problemflüditigkeit beurteilen. Sondern idi behaupte, daß es mit ein großes Vergnügen wäre, wenn ich mich und andere durd'r untadelige Beobadrtungen von der Existenz telepathiseher Vorgänge überzeugen könnte, daß aber die Mitteilungen zu diesem Traum viel zu unzulänglich sind, um eine soldze Entscheidung zu redrtfertigen.’5ehen Sie, dieser intelligente und an den Problemen seines Trauma interessierte Mann denkt nicht einmal daran, uns anzugeben, wenn er die ein Kind erwartende Tochter zuletzt gesehen oder welche Nachrichten er kürzlich von ihr erhalten; er schreibt im ersten Brief, daß die Geburt um einen Monat verfrüht kam, im zweiten sind es aber nur drei Wochen und in keinem erhalten wir Auskunft darüber, ob die Geburt wirklich vorzeitig erfolgte, oder ob sich die Beteiligten, wie es so häufig vorkommt, verrechnet hatten. Von diesen und anderen Details der Begebenheit würden wir aber abhängen, wenn wir die Wahrscheinlidikeit eines dem Träumer unbewußten Absdxätzens und Erratens zu erwägen hätten. Id1 sagte mir auch, es würde nichts nützen, wenn id'x auf einige SOldlel' Anfragen Antwort bekäme. Im Laufe des angestrebten Beweisverfahrens würden doch immer neue Zweifel auftauchen, die nur beseitigt werden könnten, wenn man den Mann vor sich hätte und alle die dazugehörigen Erinnerungen bei ihm auffrisdnen würde, die er vielleicht als unwesentlich beiseitegesdwben hat. Er hat: gewiß recht, wenn er zu Anfang seines zweiten Briefes sagt, bei einer mündlichen Aussprache wäre mehr berausgekommen.

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Denken Sie an einen anderen, ähnlichen Fall, an dem das störende okkultistische Interesse gar keinen Anteil hat. Wie oft sind Sie in die Lage gekommen, die Anamnese und den Krankheitsbericht, den Ihnen ein beliebiger Neurotiker in der ersten Bespredxung gab, mit dem zu vergleichen, was Sie nach

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einigen Monaten Psydmanalyse von ihm erfahren haben. Von der begreiflid1en Verkürzung abgesehen, wieviel wesentlid1e Mitteilungen hat er ausgelassen oder unterdriidrt, wieviel Beziehungen verschoben, im Grunde: wieviel Unrid1tiges und Unwahree hat er Ihnen das erstemal enählt! Ich glaube, Sie werden mid: nicht für überbedenklid'i erklären, wenn ich unter den uns vorliegenden Verhältnissen es ablehne, darüber zu urteilen, ob der uns mitgeteilte Traum einer telcpatl'lisd’1en Tatsache entsprith oder einer besonders feinen unbewußten Leistung des Träumen oder einfach als ein zufälliges Zusammentreffen hingenommen werden muß. Unsere Wißbegierde werden wir auf eine spätere Gelegenheit vertrösten, in der uns eine eingehende, mündliche Ausforsd1ung des Träumers vergönnt sein mag. Sie können aber nicht sagen, daß dieser Ausgang unserer Untersuchung Sie enttäuscht hat, denn ich hatte Sie darauf vorbereitet, Sie—würden nichts erfahren, was auf das Problem der Telepathie Lith wird.

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Wenn wir jetzt zur analytide Behandlung dieses Traumcs übergeben° so müssen wir von neuem unser Mißvergniigen bekennen. Das Material von Gedanken, die der Träume: an den manifesten Tmuminhalt anknüpfl, ist wiederum ungenügend; damit können wir keine Traumana.lyse mad1en. Der Traum verweilt zum Beispiel ausführlich bei der Ähnlichkeit der Kinder mit den Eltern, erörtert deren Haarfarbe und die voraussididid'1e Wandlung derselben in späteren Zeiten, und zur Aufkläning dieser breit ausgespnnnenen Details haben wir nur die diirftige Auskunft des Träumen, er habe sich immer für Fragen der Ähnlichkeit und Vererbung interessiert; da sind wir dodz gewohnt, weitergehende Ansprüche zu stellen! Aber an ein e r Stelle gestattet der Traum eine analytisdie Deutung, gerade hier kommt die Analyse, die sonst nichts mit dem Okkultismus zu tun hat, der Telepathie in merkwürdiger Weise zur Hilfe. Dieser einen Stelle wegen nehme ich über

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haupt Ihre Aufmerksamkeit für diesen Traum in Anspruch.

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Wenn Sie es red1t ansehen, so hat ja dieser Traum auf den Namen eines „telepathischen" gar kein Anred1t. Er teilt dem Träumer nichts mit, was sich — seinem sonstigen Wissen entzogen — gleidueitig an einem anderen Orte vollzieht, sondern was der Traum erzählt, ist etwas ganz anderes als das Ereignis, von dem ein Telegramm am Zweiten Tag nad! der Traumath berid'ltet. Traum und Ereignis weichen in einem ganz besonders wichtigen Punkt voneinander ab, nur stimmen sie, von*der Gleidizeitigkeit abgesehen, in einem anderen, sehr interessanten Element zusammen. Im Traum hat die Fr an des Träumen Zwillinge bekommen. Das Ergebnis besteht aber darin, daß seine entfernt lebende Tochter Zwillinge geboren hat. Der Träumer übersieht diesen Unterschied nicht, er sdleiul: keinen Weg zu kennen, über ihn hinwegzukommen, und da er nach seiner eigenen Angabe keine Okkultistisdn: Vorliebe hat, fragt er nur ganz schüditern an, ob das Zusammentrefien von Traum und. Ereignis im Punkte der Zwillingsgeburt mehr als ein Zufall sein kann. Die psydmanalytische Traumdeutung hebt aber diesen Unterschied zwisehen Traum und Ereignis auf und gibt beiden den nämlichen Inhalt. Ziehen wir das Assoziationsmaterial zu diesem Traum zu Rate, so zeigt es uns trotz seiner Spärlichkeit, daß hier eine innige Gefühlsbindung zwischen Vater und Tochter besteht, eine *Gefiihlsbindung, die so gewöhnlich und natürlich ist, daß man aufhören sollte, sich ihrer zu sdiämen, die im Leben gewiß nur als zärtliches Interesse zum Ausdruck kommt und ihre letzten Konsequenzen erst im Traume zieht. Der Vater weiß, daß die Tochter sehr an ihm hängt, er ist überzeugt, daß sie in ihrer‘sdlweren Stunde viel an ihn gedad'it hat; ich meine, im Grunde gönnt er sie dem Schwiegersohn nicht, den er im Briefe mit einigen absdiätzigen Bemerkungen streifl. Beim Anlaß ihrer (erwarteten oder telepathisch ver

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Freud. Kleine Schriften zur Suunlrheurie an

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nommenen) Niederkunfi wird im Verdrängten der unbewußte Wunsch rege: Sie sollte lieber meine (zweite) Frau sein, und dieser Wunsch ist es, der den Traumgedanken entstellt und den Unterschied zwischen dem manifesten Trauminhalt und dem Ereignis verschuldet. Wir haben das Recht, für die zweite Frau im Traume die Tod-mer einzusetzen. Besäßen wir mehr Material zum Traum, so würden wir diese Deutung gewiß versichern und vertiefen können.

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Und nun bin id'l bei dem, was id1 Ihnen zeigen wollte. Wir haben uns der strengsten Unparteiliehkeit bemüht und zwei Auffassungen des Trauma als gleich möglich und gleid: unbewiesen gelten gelassen. Nach der ersten ist der Traum die Reaktion auf eine telepathisdte Botsdaafl:z Deine Tod-ner bringt eben jetzt Zwillinge zur Welt. Ned-r der zweiten liegt ihm eine unbewußte Gedankenarbeit zugrunde, die Sidi etwa. derart übersetzen ließe: Heute ist ja der Tag, an dem die Entbindung eintreten müßte, wenn sid: die jungen Leute in Berlin wirklich um einen Monat verrechnet haben, wie ich eigentlich glaube. Und wenn meine (erste) Frau nodi leben würde, die wäre doch mit einem Enkelkind nicht zufrieden! Fiir sie müßten es mindestens Zwillinge sein. Hat diese zweite Auffassung redet, so entstehen keine neuen Probleme für uns. Es ist eben ein Traum wie ein anderer. Zu den erwähnten (vorbewußten) Traumgedanken ist der (unbewußte) Wunsch binzugetreten, daß keine andere als die Tochter die zweite Frau des Träumen hätte werden sollen, und so ist der uns mitgeteilte manifeste Traum entstanden.

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Wollen Sie aber lieber annehmen, daß die telepathisdie Botscl1afl von der Entbindung .der Tochter an den Schlafenden herangetreten ist, so erheben sid: neue Fragen nach der Beziehung einer sold1en Botsdiafl zum Traum und nach ihrem Einfluß auf die Traumbildung. Die Antwort liegt dann sehr nahe und ist ganz eindeutig zu geben. Die telepathische Bot

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schaft wird behandelt wie ein Stück des Materials zur Traumbildung, wie ein anderer Reiz von außen oder innen, wie ein störendes Geräusch von der Straße, wie eine aufdringliehe Sensation von einem Organ des Schlafenden. In unserem Beispiel ist es ersiditlidx, wie sie mit Hilfe eines lauernden, verdrängren Wunsdies zur Wunsdrerfüllung umgeerbeitet wird, und leider weniger deutlich zu zeigen, daß sie mit anderem gleichzeitig rege gewordenen: Material zu einem Traum versdimilzt. Die telepathische Botsdmi’c — wenn eine solche wirklich anzuerkennen ist — kann also an der Traumbildung nichts ändern, die Telepathie hat mit. dem Wesen des Traun-nes nichts zu tun. Und um den Eindruck zu vermeiden, daß ich hinter einem abstrakten und vornehm klingenden Wort eine Unklarheit verbergen möd'ite, bin id1 bereit zu wiederholen: Das Wesen des Traumes besteht in dem eigentümlid1en Prozeß der Traumarbeit, welcher vorbewußte Gedanken (Tagesreste) mit Hilfe einer unbewußten Wunschregung in den mmifeeten Traminl'lalt überführt. Das Problem der Telepathie geht aber den Traum so wenig an wie das Problem der Angst.

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Ich hoffe, Sie werden das zugeben, mir aber bald einv'venden, es gibt doch auch andere telepathisehe Träume, in denen kein Unterschied zwischen Ereignis und Traum besteht, und in denen nichts anderes zu finden ist als die unentstellte Wiedergabe des Ereignisses. Id: kenne solche telepathisdie Träume wieder nicht aus eigener Erfahrung, weiß aber, daß sie häufig beriditet werden sind. Nehmen wir an, wir hätten es mit einem solchen unentstellten und unvermisd1ten telepathisd1en Traum zu tun, dann erhebt sich eine andere Frage: Soll man ein derartiges telepatbisches Erlebnis überhaupt einen „Traum" nennen? Sie werden es ja gewiß tun, solange Sie mit dem populären Sprachgebrauch gehen, für den alles Träumen heißt, was sich während der Schlafzeit in Ihrem Seelenleben ereignet.

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Sie sagen vielleidn auch: Ich habe mid: im Traum herumgewälzt, und finden erst recht keine Inkorrektheir darin, zu sagen: Ich habe im Traum geweint oder mich im Traum geängstigt. Aber Sie merken doch wohl, daß Sie in all diesen Fällen „Traum“ und „Scblaf“ oder „Scz’cnlafzustand“ untersd1eidungslos miteinander vermuschen. Id1 meine, es wäre im Interesse wissensebafllidler Genauigkeit, wenn wir „Traum“ und „Sd'dafzustand“ besser auseinanderhielcen. Warum sollten wir ein Seitenstiidr zu der von Maeder beraufbeschworcnen Konfusion sdzaflen, der fiir den Traum eine neue Funktion entdeckte, indem er die Traumarbeit durchaus nicht von den latenten Traumgedanken sondern wollte? Wenn wir also einen wld1en reinen telepathisd1en „Traum“ antrefien sollten, so wollen wir ihn doch lieber ein telepathisrhes Erlebnis im Sdilafzustand heißen. Ein Traum ohne Verdichtung, Entstellung, Dramatisierung, vor allem ohne Wunscberfüllung verdient ja doch nicht diesen Namen. Sie werden mich daran mahnen, daß es nodn andere seelische Produktionen im Schlaf gibt, denen man dann das Redn: auf den Namen „Traum“ abspred1en müßte. Es kommt vor, daß reale Erlebnisse des Tages im Sdl.laf einfach wiederholt werden, die Reproduktionen traumatischer Szenen im „Traurne“ haben uns erst kürzlich zu einer Revision der Traumtheorie herausgefordert; es gibt Träume, die sich durch ganz besondere Eigenschaften von der gewohnten Art unterscheiden, die eigentIich nichts anderes sind als unversehrte und unvermengte nächtliche Phantasien, den bekannten Tagesphantasien sonst durrhaus ähnlidl. Es wäre gewiß mißlidl, diese Bildungen von der Bezeichnung „Träume“ auszuschließen. Aber sie alle kommen dod1 von innen, sind Produkte unseres Seelenlebens, während der reine „telepathisrhe Traum“ seinem Begriff nad1 eine Wahrnehmung von außen wäre, gegen welche sich das Seelen— leben rezeptiv und passiv verhielte.

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Telepazln'e !“

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II) Der zweite Fall, von dem idi Ihnen berichten will, liegt eigentlich auf einer anderen Linie. Er bringt uns keinen telepathisc’nen Traum, sondern einen seit Kindheitsjahren rekurrierenden Traum bei einer Person, die viel telepathische Erlehnisse gehabt hat. Ihr Brief, den ich nachstehend wiedergebe. enthält manches Merkwürdige, worüber uns zu urteilen versagt ist. Einiges davon kann für das Verhältnis der Telcpatllie zum Traum verwertet werden.

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1

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„ Mein Arzt, Herr Doktor N., riet mir, Ihnen einen Tr1um zu erzählen, der mich seit ungefähr dreißig his zweiunddreißig Jahren verfolgt. Ich folgte seinem Rate, vielleicht hat der Traum in wissensd1afhlidaer Beziehung für Sie Interesse. Da. nach Ihrer Meinung solche Träume auf ein Erlebnis in sexueller Beziehung während der ersten Kinderjahre zurückzuführen sind, gebe ich Kindheitserinnerungen wieder, es sind Erlebnisse, die heute noch ihren Eindruck auf mich machen und so nad1clriicklich gewesen sind, daß sie mir meine Religiun bestimmt haben.

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Darf ich Sie bitten, mir nach Kenntnisnahme “vielleicht mitzu— teilen, in welcher Weise Sie Sidi diesen Traum erklären, und oh es nicht möglidi ist, ihn aus meinem Leben verschwinden zu lassen, da er mid; wie ein Gespenst verfolgt und durd1 die Umstände, von denen er begleitet ist, — ich falle stets aus dem Bene und habe mir sdion nicht unerheblich: Verletzungen zugezogen — sehr un— angenehm und peinlich für mich ist.

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Ich bin siebenunddreißig Jahre alt, sehr kräftig und körperlidt gesund, habe außer Masern und Scharlach in der Kindheit eine Nierenentzündung durdigernari1t. Im fünften jahre hatte ich eine sehr schwere Augenentziindung, nadi der ein Doppeltsehen zurückblieh. Die Bilder stehen schräg zueinander, die Umrisse des Bildes sind verwisdzt, weil Narben von Gesdiwüren die Klarh2it beeinträchtigen. Nach fad3ärztlid1em Urteil ist am Auge aber nichts mehr zu ändern nder,zu bessern. Durdi das Zukneifen des linken Auges, um klarer zu sehen, hat sid: die linke Gesichtshälfte nad: oben verzerrt. Ich vermag diirdi Übung und Wille die feinsten

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341 Traum und

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Handarbeiten zu mad1en; ebenso habe ich mit als sed1siähriges Kind das schief: Sehen vor dem Spiegel weggelernt, so daß heute von dem Augenfehler äußerlidi nidm zu sehen ist.

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In den frühesten Kinderjahren schon bin id] immer einsam gewesen, habe midi von allen Kindern zurüdrgezogen und habe schon Gesidrte gehabt (hellhören und hellsehen), habe das aber von der Wirklichkeit nidit unterscheiden können und bin deshalb oft in Konflikte gm!en. die aus mit einen sehr zurüdihaltenden, sd1euen Mensd1en gemacht haben. Da ieh schon als kleinstes Kind viel mehr gewußt habe, als id] hatte lernen können, verstand id. einfadr die Kinder meines Alters nicht mehr. ld! selbst bin die älteste von zwölf Geschwistern.

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Von sechs bis zehn Jahren besuchte id: die Gemeindsd-nule und dann bis sechzehn Jahre die höhere Schule der Ursulinerinnen in B. Mit zehn Jahren habe ich innerhalb vier Wochen, es waren acht Nadihilfestunden, so viel Französisch nad;geholt, als andere Kinder in zwei Jahren lernen. Id1 hatte nur zu repetieren, es war, als ob id: es sdmn gelernt und nur vergessen hätte. Überhaupt habe im aud1 später Französisch nie zu lernen brauchen, im Gegensatz zu Englisdz, das mir zwar keine Mühe machte, das mir aber unbekannt war. Ähnlich wie mit Französisd: ging es mit mit Latein, das ich eigentlidn nie richtig gelernt habe, sondern nur vom Kirdienlatein her kenne, das mir aber vollkommen vertraut ist. Lese ich heute ein französisd'ies Werk, dann denke ich auch sofort in Französisch, während mir das bei Englisd-r nie passiert, trotzdem ich Englisda besser beberrsd1e. — Meine Eltern sind Bauersleute, die durch Generationen nie andere Sprachen als Deutsch und Polnisch gesprothen haben.

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Gesichte: Zuweilen versd1windet für Augenhlidre die Wirklichkeit und ich sehe etwas ganz anderes. In meiner Wohnung sehe im 2.3. sehr ofi: ein altes Ehepaar und ein Kind, die Wohnung hat dann andere Einrichtung. — Ned! in der Heilanstalt kam früh gegen vier Uhr meine Freundin in mein Zimmer, ich war wach, hatte die Lampe brennen und saß am Tische lesend, da ich sehr viel an Sdilaflosigkeit leide. Stets bedeutet diese Erscheinung für mich Ärger, aud1 dieses Mal.

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Im Jahre 1r9r4 war mein Bruder im Felde, id1 nid)! bei den Eltern in B., sondern in Ch. Es war vormittags 10 Uhr, 11. August, da hörte id: ,Mutter, Mutter!‘ von der Stimme meines Bruders rufen. Ned) zehn Minuten nochmals, habe aber nicht! gesehen.

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Am 34. August kam ich beim, fand Mutter bedriidtt, und auf Befragen erklärte sie, der Junge hätte sid: am 11. August angemeldet. Sie sei vormittags im Garten gewesen, da hätte sie den jungen ,Mutter, Mutter!‘ rufen hören. Id: tröstete sie und sagte ihr nichts von mit. Drei Wochen darauf kam eine Karte meines Bruders an, die er am 11. August zwisd1en 9 und ro Uhr vormittags geschrieben hatte, kurz danuf starb er.

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Am 17. September 1911 meldete sich mir etwas in der Heil— anstalt an. Es wurde zwei— bis dreimal in das Bett meiner Zimmer— kollegin heftig geklopl’t. Wir waren beide wad1, id| fragte, ob sie geklop& hätte, sie hatte nidxt einmal etwas gehört. Ned; acht Wodsen hörte ich, daß eine meiner Freundinnen in der Nadmt vom 26. auf 17. gestorben wäre.

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Nun etwas, was Sinnestäuschung sein soll, Ansidstssadsel Ich habe eine Freundin, die sich einen Witwer mit fünf Kindern geheiratet hat, den Mann lernte ich erst durch meine Freundin kennen. in deren Wohnung sehe id1 fast jedesmal, wenn im bei ihr bin, eine Dame aus- und eingehen. Die Annnhme lag nahe, daß das die erste Frau des Mannes sei. Ich fragte gelegentlich nach einem Bilde, konnte aber nach der Photographie die Ersd1einung nicht identifizieren. Nach sieben jahren sehe ich bei einem der Kinder ein Bild mit. den Zügen der Dame. Es war doch die erste Frau. Auf dem Bilde sah sie bedeutend besser aus, sie hatte gerade eine Mastkur durdsgemadst und daher das fiir eine Lungenkranke ver— änderte Aussehen. -— Das sind nur Beispiele von vielen.

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D er Tre \: In: [da sehe eine lnndzunge, von Wnrrer umgeben. Die Wellen werden von der Blandnng herangetriebm und wieder zurüekgerissen. Auf der Landzunge steht eine Palme, die "um; zum Wasser gebogen ist. Um den Stamm der Palme «hängt eine Frau ihren Arm und beugt sich ganz tief ins Wasser, um ein Mann ver— sucht, an Land zu kommen. Zuletzt legt sie sich auf die Erde, hält sich mit der Linken an der Pßlme fen und nid”, w weit wie möglich, ihre Rechte dem Mann: in: Walter, ohne ihn zu erreichen. Dabei falle ich aus dem Bett: und wacht auf. —- Ida war ungefähr fünfzehn bis sechzehn Jahre, als ich wahrnzlun, daß ich ja. selbst diese Frau sei, und nun erlebte id: nicht nur die Angst der Frau um den Mann, sondern sand manchmal auch als unbeteiligte Dritte dabei und sah zu. Auch in Etappen träumte id1 dieses Erlebnis. Wie das Interesse am Marine wad1 wurde (nd1tzehn bis zwanzig Jahre), versudite ich. das Guidnt des Mannes zu erkennen, es war

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344 . Traum und

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mir nie möglich. Die Gisd'it ließ nur Nelken und Hinterkopf frei. Id: bin zweimal verlobt gewesen, aber dem Kopf und Körperbau nach war es keiner dieser beiden Männer. — Als ich in der Heilanstalt einmal im Paraldehydrausdm lag, sah idi das Gesicht des Mannes, das ich nunmehr in jedem Traun-n: sehe. Es ist das des midi in der Anstalt behandelnden Arztes, der mir wohl als Arzt sympathisch ist, mit dem mich aber nichts verbindet.

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Erinnerungen: ’/s bis ”In Jahr alt. Id; im Kinderwagen, rechts mit zur Seite zwei Pferde. das eine, ein Brauner, sieht midi groß und eindrudtsvoll an. Das ist das stärkste Erlebnis, ich hatte das Gefühl, es sei ein Mensch.

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Ein Jahr alt. Vater und ich im Stadtpark, wo mir ein Parkwä'rter ein Vögeld1en in die Hand gibt. Seine Augen sehen midi wieder an, ich fühle, das ist ein Wesen wie du.

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Hausschlnchtungen. Beim Quieken der Schweine habe ich stets um Hilfe gesd1r'ien und immer gerufen: Ihr schlagt ja einen Meusdien tot (vier Jahre alt). Hi habe Fleisch als Nahrungs— mittel stets abgelehnt. Schweinefleisch hat mir stets Erbred1en ver. ursacht. Erst im Kriege habe ich Fleisdi essen gelernt, aber nur mit Widerwillen, jetzt entwöhne ich midi dessen wieder.

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Fünf Jahre alt. Mutter kam nieder und fiir hörte sie schreien. Ich hatte die Empfindung, dort ist ein Tier oder Mensch in hödaster Not, ebenso wie ich es bei den Schlachtungen hatte.

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In sexueller Beziehung bin ich als Kind ganz indifferent gewesen, mit zehn Jahren gingen Sünden wider die Keuschheit noch nicht in mein Begriffsvermögen. Mit zwölf Jahren wurde ich menstruicrt. Mit sedisundzwanzig Jahren, nachdem id; einem Kinde das Leben gegeben hatte, erwadlte erst das Weib in mir, bis dahin (ein halbes Jahr) hatte id; beim Koh-us stets heftiges Erbrechen. Auch später trat Erbrechen ein, wenn die kleinste Verstimmung mich bedrückte.

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1431 habe eine außerordentlidx sdiarfe Beobadrtungsgabe und ein ganz ausnahmsweise sdmrfes Gehör, Geruch ist ebenso ausgebildet. Bekannte Mensdren kann ich mit verbundenen Augen unter einem Haufen anderer herausriechen.

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Id1 führe mein Mehnehen und Hören nicht auf krankhaftes Wesen. sondern auf feinem; Empfinden und schnellem; Kombinaxionsvennögen zurück, habe aber darüber nur mit meinem Religionslehrer und Herrn Dr. ... gesprochen, zu letzterem auch nur sehr widerwillig, weil id: mid; davor scheute zu hören, daß id! Minuseigensduften habe, die ich persönlid: als Pluseigensdiaften

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Telepatbie 34;

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ansehe, und weil id] dureh Mißverständnis in meiner Jugend sehr sd1eu geworden bin."

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Der Traum, dessen Deutung uns die Sd1reiberin auferlegt, ist nicht schwer zu verstehen. Es ist ein Traum der Rettung aus dem Wasser, also ein typisdier Geburtstraum. Die Spradie der Symbolik kennt, wie Sie wissen, keine Grammatik, sie ist das Extrem einer Infinitivsprache, auch das Aktivum und das Passivum werden durch dasselbe Bild dargestellt. Wenn im Traum eine Frau einen Mann aus dem Wasser zieht (oder ziehen will), so kann das heißen, sie will seine Mutter sein (anerkennt ihn als Sohn wie die Pharaotoehter den Moses) oder auch: sie will durch ihn Mutter werden, einen Sohn von ihm haben, welcher als sein Ebenbild ihm gleidtgesetzt wird. Der Baumstamm, an den die Frau sich hält, ist leith als Phallussymbol zu erkennen, auch wenn er nid1t gerade steht, sondern gegen den —Wasserspiegel geneigt — im Traum heißt es: gebogen ——- ist. Das Andrängen und Zurüdsfluten der Brandung legte einmal einer anderen Träumeriu, die einen ganz ähnlidaen Traum produziert hatte, den Vergleidi mit: der intermittierenden Wehent'eitigkeit nahe, und als ich sie, die noch nie geboren hatte, fragte, woher sie diesen Charakter der Geburtsarbeit kenne, sagte sie, man stellt sich die Wehen wie eine Art Kolik vor, was physiologisch ganz untadelig ist. Sie assoziierte dazu: „Des Meeres und der Liebe Wellen.“ Woher unsere Träumerin die feinere Ausstattung des Symbols in so frühen Jahren genommen haben kann (Landzunge, Palme)7 weiß ich natürlich nicht zu sagen. Übrigens vergessen wir nicht daran: Wenn Personen behaupten, daß' sie seit Jahren von demselben Traum verfolgt werden, so stellt sich oft heraus, daß es manifesterweise nicht ganz derselbe ist. Nur der Kern des Traumes ist jedesmal wiedergekehrt, Einzel

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heiten des Inhalts sind abgeändert werden oder neu hinzugekommen.

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Am Ende dieses offenbar angstvollen Traumes fällt die Träumerin aus dem Bett. Das ist eine neuerliche Darstellung der Niederkunfi. Die analytische Erforschung der Höhen— phobien, der Angst vor dem Impuls, sich aus dem Fenster zu stürzen, hat Ihnen gewiß allen das nämlid1e Ergebnis geliefert.

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Wer ist nun der Mann, von dem sid1 die Träumerin ein Kind wünscht oder zu dessen Ebenhilcl sie Mutter sein möchte? Sie hat sich ofi bemüht, sein Gesicht zu sehen, aber der Traum ließ es nicht zu, der Mann sollte inkognito bleiben. Wir wissen aus ungezä.hltem Analysen, was diese Versdlleierung bedeutet, und unser Analogieschluß wird durch eine andere Angabe der Träumerin gesichert. In einem Paraldehydrausch erkannte sie einmal das Gesidn: des Mannes im Traum als das des Anstaltsarztes, der sie behandelte und der ihrem bewußten Gefühlsleben nid1ts weiter bedeutete. Das Original hatte sich also nie gezeigt, aber dessen Ahdrudi in der „Übertragung“ gestattet den Sdiluß, daß es immer früher der Vater hätte sein sollen. Wie red“: hatte doch Ferenczi, als er auf die „Träume der Ahnungslosen" als wertvolle Urkunden zur Beitätigung unserer analytischen Vermutungen hinwies! Unsere Träumerin war die älteste von zwölf Kindern; wie oft mußte sie die Qualen der Eifersucht und Enttäuschung durchgemacht haben, wenn nicht sie, sondern die Mutter das ersehnte Kind vom Vater empfing!

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Ganz ridltig hat unsere Träumerin verstanden, daß ihre ersten Kindheitserinnerungen für die Deutung ihres frühen und seither wiederkehrenden Traumes wertvoll sein würden. In der ersten Szene vor einem Jahr sitzt sie im Kinderwagen, neben ihr zwei Pferde, von denen eines sie groß und eindrucksvoll ansieht, Sie bezeichnet das als ihr stärkstes Erlebnis, sie hatte das Gefühl, es sei ein Mende Wir aber können uns in diese Wertung nur e'infiihlen, wenn wir annehmen, zwei Pferde Ständen hier, wie so oft, für ein Ehepaar, fiir Vater

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Telepntbie 347

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und Mutter, Es ist dann wie ein Aufblitzen des infantilen Tutemismus. Könnten wir die Schreiberin spre&ien, so würden wir die Frage an sie riehten, ob nicht der Vater seiner Farbe nach in dem braunen Pferd, das sie so mensdllirh ansieht, erkannt werden darf. Die zweite Erinnerung ist mit der ersten durdr das gleiche „verständnisvolle Ansehen“ assoziativ verknüpft. Aber das In-die—Hand-Nehmen des Vögelchens mahnt den Analytiker, der nun einmal seine Vorurteile hat, an einen Zug des Traumes, der die Hand der Frau in Beziehung zu einem anderen Phallussyrnbol bringt.

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Die nächsten beiden Erinnerungen gehören zusammen, sie bieten der Deutung noch geringere Sdiwierigkeiten. Das Scbreien der Mutter bei ihrer Niederkunfl erinnert sie direkt an das Quieken der Schweine bei einer Haussdzlachtung und versetzt sie in dieselbe mitleidige Raserei. Wir vermuten aber auch, hier liegt eine heftige Reaktion gegen einen bösen Todeswunsch vor, welcher der Mutter galt.

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Mit diesen Andeutungen der Zärtlichkeit für den Vater, der genitalen Berührungen mit ihm und der Todeswiinsche gegen die Mutter ist der Umriß des weiblichen Ödipuskomplexes gezogen. Die lang bewahrte sexuelle Unwissenheit und spätere Frigidität entspred1en diesen Voraussetzungen. Unsere Schreiberin ist virtuell — und zeitweise gewiß auch faktisch —- eine hysterische Neurotika geworden. Die Mächte des Lebens haben sie zu ihrem Glück mit sid] fortgerissen, ihr weibliches Sexualempfinden, Mutterglück und mannigfacbe Erwerbsleistung möglidi gemacht, aber ein Anteil ihrer Libido haftet noch immer an den Fixierungsstellen ihrer Kindheit, sie träumt noch immer jenen Traum, der sie aus dem Bene wirft und für die inzesmöse Objektwahl mit „nicht unerheblichen Verletzungen" bestrafl.

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Was die stärksten Einflüsse späteren Erlebens nicht zustande brachten, soll jetzt die. brieflidie Aufklärung eines

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fremden Arztes leisten. Wahrsdieinlidi würde es einer regel— rechten Analyse in längerer Zeit gelingen. Wie die Verhältnisse liegen, mußte ich mid; damit begnügen, ihr zu schreiben, id: sei überzeugt, daß sie an der Nachwirkung einer starken Gefühlsbindung an den Vater und der entspredienden Identifizierung mit der Mutter leide, hoffe aber selbst nicht, daß diese Aufklärung ihr nützen werde. Spontanheilungen von Neurosen hinterlassen in der Regel Narben und diese werden von Zeit zu Zeit wieder sdimerzhaflz. Wir sind sehr stolz auf unsere Kunst, wenn wir eine Heilung durch Psychoanalyse vollbrad1t haben, können aber einen solchen Ausgang in Bildung einer schmerzhaften Narbe auch nid1t immer abwenden.

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Die kleine Erinnerungsreihe soll unsere Aufmerksamkeit nnd: ein wenig festhalten. 1611 habe einmal behauptet, daß solche Kindheitsszenen „Dedserinnerungen“ sind, die zu einer späteren Zeit herausgesud1t, zusammengestellt und dabei nicht selten verfälscht werden. Mitunter läßt sidi erraten, welcher Tendenz diese späte Umarbeitung dient. In unserem Falle hört man geradezu das Ich der Sd1reiberin sich mittels dieser Erinnerungsreihe rühmen oder besdrwichtigen: Ida war von klein auf ein besonst edles und mitleidiges Menschenkind. Ieh habe frühzeitig erkannt, daß die Tiere ebenso eine Seele haben wie wir, und habe Grausamkeit gegen Tiere nicht vertragen. Die Sünden des Fleisches sind mir ferngeblieben und meine Keusdiheit habe ich bis in späte Jahre bewahrt. Mit solcher Erklärung widerspricht sie laut den Annahmen, die wir auf Grund unserer analytischen Erfahrung über ihre frühe Kindheit machen müssen, daß sie voll war von vorzeitigen Sexualregungen und heftigen Haßregungen gegen die Mutter und die jüngeren Gesd1wister. (Das kleine Vögeldien kann, außer der ihm zugewiesenen genitalen Bedeutung, auch die eines Symbols fiir ein kleines Kind habm,„wie alle kleinen

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Teleprnbie 549

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Tiere, und die Erinnerung betont so sehr aufdringlid; die Gleichberechtigung dieses kleinen Wesens mit ihr selbst.) Die kurze Erinnerungsreihe gibt so ein hübsches Beispiel für eine psychische Bildung mit zweifadiem Aspekt. Oberfläddich betradnet, gibt sie einem abstrakten Gedanken Ausdruck, der hier, wie meistens, Sidi auf Ethisches bezieht, sie hat nach V. Silben-ers Bezeidmung anagogischen Inhalt; bei tiefer eindringender Untersuehung erweist sie sich als eine Kette von Tatsa<hen aus dem Gebiet des verdrängten Trieblebens, sie oEenbart ihren psychoanalytischen Gehalt. Wie Sie wissen, hat Silberer, der als einer der ersten die Warnung an uns ergehen ließ, ja nidit an den edleren Anteil der mensc’nlidien Seele zu vergessen, die Behauptung aufgestellt, daß alle oder die meisten Träume eine sold1e doppelte Deutung, eine reinere, anagogisdme, über der gemeinen, psychoanaly‘tiseben, zulassen. Dies ist nun leider nicht der Fall; im Gegenteil, eine solche Uberdeutung gelingt recht selten; es ist auch meines Wissens bisher nid-rt ein brauchbares Beispiel einer soldmen doppeldeutigen Traumanalyse ver—öffentlicllt worden. Aber an den Assotiationsreihen, welche unsere Patienten in der analytischen Kur vorbringen, können Sie solche Beobaditungen relativ häufig machen. Die auf-, einanderfolgenden Einfä'lle verknüpfen sich einerseits durch eine klar zutage liegende, durd1laufende Assoziation, andrerseits werden Sie auf ein tieferliegendes, geheimgéhaltenes Thema aufmerksam, welches gleichzeitig an all diesen Ein— fällen beteiligt ist. Der Gegensatz zwischen beiden in derselben Einfallsreihe dominierenden Themen ist nicht immer der von honh—anagogisch und gemein-analytisd1, eher der von anstößig und anständig oder indifferent, was Sie dann das Motiv für die Entstehung einer solchen Assoziationskette mit doppelter Determinierung leicht verstehen läßt. In unserem Beispiel ist es natürlich kein Zufall, daß Ana.gugie und psycho

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„e Traum und

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analytische Deutung in so scharfen: Gegensatze stehen; beide beziehen sich auf das nämliclxe Material und die spätere Tendenz ist gerade die der Reaktionsbildungen, die sich gegen die verleugneten Triebregungen erhoben hatten.

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Warum wir aber überhaupt nach einer psydioanalytischen Deutung sud1en und uns nid1t mit der näherliegenden anagogisd1en begnügen? Das hängt mit vielerlei zusammen, mit der Existenz der Neurose überhaupt, mit den Erklärungen, die sie notwendig fordert, mit der Tatsadie, daß die Tugend die Menschen nicht so froh und lebensstark macht, wie man erwarten sollte, als ob sie noch zuviel von ihrer Herkunft an sich träge, -- auch unsere Träumerin ist fiir ihre Tugend nicht redxt belohnt werden — und mit manchem anderen, was id:: gerade vor Ihnen nidit zu erörtern brauche.

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Wir haben aber bisher die Telepathie, die andere Determinante unseres Interesses an diesem Fall, ganz beiseite gelassen. Es ist Zeit, zu ihr zurückzukehren. Wir haben es hier in gewissem Sinne leichter als im Falle des Herrn G. Bei einer Person, der so leicht und sd10n in früher Jugend die. Wirklid1keit entsehwindet, um einer Phantasiewelt Platz zu machen, wird die Versuchung überstark, ihre telepathisd1en Erlebnisse und „Gesichte“ mit ihrer Neurose zusammen— zubringen und aus dieser abzuleiten, wenngleich wir uns auch hier über die zwingende Kraft unserer Aufstellungen nicht täuschen'dürfen. Wir setzen nur verständliche Möglichkeiten an die Stelle des Unbekannten und Unverständlichen.

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Am 12. August 1914, vormittags zehn Uhr, unterliegt die Sd1reiberin der telepathisehen Wahrnehmung, daß ihr im Feld befindlid1er Bruder „Mutter, Mutter!“ ausrufi. Das Phänomen ist ein rein akustisches, wiederholt sich kurz nach— her, sie sieht aber nichts dabei. Zwei Tage später sieht sie ihre Mutter und findet sie schwer bedriickt, da Sld'l der Junge bei ihr mit dem wiederholten Ausruf „Mutter, Mutter!“ an

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Trlspnbie ! $ ‘

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gemeldet. Sie erinnert sich sofort an die nämlid'ie telepathisebe Botschafl, die ihr zur gleidien Zeit zuteil geworden, und wirklich läßt sid-1 nach Wodien feststellen, daß der junge Krieger an jenem Tage zur bezeidmeten Stunde gestorben ist.

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Es ist nicht zu beweisen, aber audi nith abzuweisen, daß der Vorgang vielmehr der folgende war: Die Mutter macht ihr eines Tages die Mitteilung, daß sid] der Sohn telepathisch bei ihr angezeigt. Sofort entsteht bei ihr die Überzeugung, sie habe um dieselbe Zeit das gleiche Erlebnis gehabt. Solche Erinnerungstäusdiungen treten mit zwanghafter Stärke auf, die sie aus realer Quelle beziehen; sie setzen aber psydrlsdie Realität in materielle um. Das Starke an der Erinnerungstäusd1ung ist, daß sie ein guter Ausdruck für die in der Schwester vorhandene Tendenz zur Identifizierung mit der Mutter werden kann. „Du sorgst dich um den Jungen, aber ich bin ja eigentlich seine Mutter. Also hat: sein Ausruf mich gemeint, idi habe jene telepathisdie Botsd13fi empfangen.“ Die Schwester würde natiirlidi unseren Erklärungsversueh ent— schieden ablehnen und ihren Glauben an das eigene Erlebnis festhalten. Allein sie kann gar nicht anders; sie muß an die Realität des pathologischen Erfolges glauben, solange ihr die Realität der unbewußten Voraussetzung unbekannt ist. Die Stärke und Unangreifbarkeit eines jeden Wahns fiihrt sich ja auf seine Abstammung von einer unbewußten psychischen Realität zurück Ich bemerke noch, das Erlebnis der Mutter haben wir hier nicht zu erklären und dessen Tatsädsl.idrkeit nicht zu untersuchen.

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Der verstorbene Bruder ist aber nicht nur das imaginäre Kind unserer Schreiberin, sondern er steht aud1 für einen schon bei der Geburt mit Haß empfangenen Rivalen. Weitaus die zahlreidrsten telepathisd1en Ahnungen beziehen sich auf Tod und Todesmöglid1keit; den, analytischen Patienten, die uns von der Häufigkeit und Untriiglidulceit ihrer düsteren

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351 Traum und Vorahnungen berichten, können wir mit ebensoldier Regelmäßigkeit nachweisen, daß sie besonders starke unbewußte Todeswünsche gegen ihre Nächsten im Unbewußten hegen und darum seit langem unterdrücken. Der Patient, dessen Ge— sd1id1u: ich 1909 in den „Bemerkungen über einen Fall von Zwangsneurose“ erzählt, war ein Beispiel hiefiir; er hieß bei seinen Angehörigen audi der „Leichenvogel“; aber als der liebenswürdige und geistreicbe Mann —— der seither selbst im Kriege untergegangen ist — auf den Weg der Besserung kam, verhalf er mir selbst dazu, seine psydiologisdien Taschenspielereien aufzuhellen. Audi die im Brief unseres ersten Korrespondenten enthaltene Mitteilung, wie er und seine drei Brüder die Nadiridit vom Tod ihres jüngsten Bruders als etwas innerlich längst Gewußtes aufgenommen, sd'ieint keiner anderen Aufklärung zu bedürfen. Die älteren Brüder werden alle die gleiche Überzeugung von der Uberfliissigkeit dieses jüngsten Ankörnmlings bei sich entwickelt haben.

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Ein anderes „Gesidnt“ unserer Träumerin, dessen Verständnis vielleicht durch analytisdne Einsicht erleichtert wird! Freundinnen haben oflenbar eine große Bedeutung für ihr Gefühlsleben. Der Tod einer derselben zeigte sich ihr kürzlich durch n'a'd1tliehes Klopfen an das Bett einer Zimmerkollegin in der Heilanstalt an. Eine andere Freundin hatte vor vielen Jahren einen Witwer mit vielen (fünf) Kindern geheiratet. In deren Wohnung sah sie regelmäßig bei ihren Besudien die Erscheinung einer Dame, in der sie die verstorbene erste Frau vermuten mußte, was sich zunächst nicht bestätigen ließ und ihr erst nach sieben Jahren durdi die Auffindung einer neuen Photographie der Verstorbenen zur Gewißheit wurde, Diese visionäre Leistung steht in der nämliäien innigen Abhängigkeit von den uns bekannten Familienlmmplexen der Schreiberin, wie ihre Ahnung vom Tode des Bruders. Wenn sie sich mit der Freundin identifizierte, konnte sie in deren Person ihre

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Telepalbie 3 S }

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Wunsdierfüllung finden, denn alle ältesten Töd1ter kinderreichcr Familien sdiaf'fen im Unbewußten die Phantasie, durch den Tod der Mutter die zweite Frau des Vaters zu werden Wenn die Mutter krank ist oder stirbt, rückt die älteste Tochter wie selbstverständlidr an ihre Stelle im Verhältnis zu den Gesd1wistern und darf auch beim Vater einen Teil der Funktionen der Frau übernehmen. Der unbewußte Wunsdn ergänzt hiezu den anderen Teil.

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Das ist nun bald alles, was ich Ihnen erzählen wollte. Ich könnte noch die Bemerkung hinzufügen, daß die Fälle von telepathisdier Botsdnafl‘ oder Leistung, die wir hier besprochen haben, deutlich an Erregungen geknüpfl sind, weld1e dem Bereich des Udipuskoniplexes angehören. Das mag frappant klingen, ich möchte es aber nicht für eine große Entdedrung ausgeben. Wir wollen lieber zu dem Ergebnis zurückkehren, welches wir aus der Untersuchung des Traumes in unserem ersten Fall gewonnen haben. Die Telepathie hat mit dem Wesen des Traumes nidits zu tun, sie kann auch unser analytisches Verständnis des Traumes nicht vertiefen. Im Gegenteil kann die Psychoanalyse das Studium der Telepathie fördern, indem sie mit Hilfe ihrer Deutungen mand1e Uri— begreiflidikeiten der telepathisd'ien Phänomene unserem Verständnis näherbringt, oder von anderen, nad-r zweifelhaften Phänomenen erst nadlweist, daß sie telepathisdrer Natur sind.

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Was von dem Ansd1ein einer innigen Beziehung zwischen Telepathie und Traum übrighleibt, ist die unbestrittene Be— günstigung der Telepathie durch den Schlafzustand. Dieser ist zwar keine unumgänglidie Bedingung für das Zustandekommen telepathisd1er Vorgänge, — beruhen sie nun auf Botschaften oder auf unbewußter Leistung. Wenn Sie dies noch nicht wissen sollten, so muß das Beispiel unseres zweiten Falles, in dem der Junge sid1 zwischen neun und zehn Uhr vormittags anmeldet, es Sie lehren. Aber wir müssen doch

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Freud, Kleine Schriften zur Sexualrheorie 25

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354 Zur Theorie und Praxir

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sagen, man hat kein Recht, telepathisebe Beobachtungen darum zu heanständen, weil Ereignis und Ahnung (oder Botsd1afl) nicht zur gleidmen astronomischen Zeit vorgefallen sind. Von der telepathisdren Botsd-mfl: ist es sehr wohl denkbar, daß sie gleichzeitig mit dem Ereignis eintriflt und doch erst Während des Schlafmstandes der nächsten Nacht —— oder selbst im Wacbleben erst um}: einer Weile, während einer Pause der aktiven Geistestätigkeit —— vom Bewußtsein wahr— genommen wird. Wir sind ja auch der Meinung, daß die Traumhildung nid1t notwendigerweise erst mit dem Einsetzen des Sdil.afzustandes beginnt. Die latenten Traumgedanken mögen ofl: den ganzen Tag über vorbereitet worden sein, bis sie zur Nad1tzeit den Ansd11uß an den unbewußten Wunsch finden, der sie zum Traum umbildet. Wenn das telepathische Phänomen aber nur eine Leistung des Unbewnßten ist, dann liegt ja kein neues Problem vor. Die Anwendung der Gesetze des nnbewußten Seelenlebens verstönde sich dann für die Telepatl1ie von selbst.

§ 157

Habe idi bei Ihnen den Eindruck erwedtt, daß ich für die Realität der Telepathie im okkulten Sinne versteth Partei nehmen will? Ich würde es sehr bedauern, daß es so schwer ist, solchen Eindruck zu vermeiden. Denn id1 wollte wirklich voll unparteiisch sein. Ich habe auch allen Grund dazu, denn ich habe kein Urteil, ich weiß nid'its darüber.

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BEMERKUNGEN ZUR THEORIE UND PRAXIS DER TRAUMDEUTUNG (ms)

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Der zufällige Umstand, daß die letzten Auflagen der „Traumdeutung“ durd:i Plattendruck hergestellt wurden, ver— anlaßt mich, nachstehende Bemerkungen selbständig zu mad-neu,

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